wenig zu ihren Unterhalte hätten. Makarof, des Kaisers Secretair, der damals bey mir auf dem Schiffe war, wunderte sich sehr über die Antwort, und sagte, daß man einen kleinen Antheil von jeder Galeere nicht vermissen, dieser aber von so vielen für uns zureichend seyn würde. Der Secretair rieth mir sogleich, so geschwinde als möglich nach Astrakan zu segeln, ohne auf des Admirals Signale zu warten, und erbot sich, die Folgen davon zu verantworten, wenn ich zur Rechenschaft deswegen gefordert werden sollte. Jch war daher entschlossen, diesem Rathe zu folgen, sobald ich guten Wind haben würde.
Nachdem den 2ten des Nachmittags das Zeichen, die Anker zu lichten, gegeben worden und es Wind- stille war, ruderten wir längst dem Ufer, bis es finster ward, da denn das Zeichen zu ankern gegeben wurde. Weil den folgenden Tag noch Windstille war, so ru- derten wir bis in die Nacht; allein als wir vor Anker lagen, entstand ein wüthender Sturm, der die kur- zen Wellen so heftig an unsere Galeere warf, daß sie leck wurde. Ob wir nun gleich noch so sehr plump- ten, so nahm doch das Wasser so überhand, daß wir in kurzem zu Grunde zu gehen glaubten. Jch lief in die Cajüte herunter, um zu sehen, wie viel Wasser unter ihrem Boden sey, und als ich herein trat, hörte ich das Wasser unter des Secretairs Bette rauschen, und rief sogleich den Zimmermann, die Breter aufzu- heben, da wir denn das Loch entdeckten, das so groß war, daß ich den Kopf hätte hinein stecken können. Wir stopften es sogleich zu, und die Pumpen schöpf- ten das Wasser in kurzem zu unserm großen Vergnü-
gen
wenig zu ihren Unterhalte haͤtten. Makarof, des Kaiſers Secretair, der damals bey mir auf dem Schiffe war, wunderte ſich ſehr uͤber die Antwort, und ſagte, daß man einen kleinen Antheil von jeder Galeere nicht vermiſſen, dieſer aber von ſo vielen fuͤr uns zureichend ſeyn wuͤrde. Der Secretair rieth mir ſogleich, ſo geſchwinde als moͤglich nach Aſtrakan zu ſegeln, ohne auf des Admirals Signale zu warten, und erbot ſich, die Folgen davon zu verantworten, wenn ich zur Rechenſchaft deswegen gefordert werden ſollte. Jch war daher entſchloſſen, dieſem Rathe zu folgen, ſobald ich guten Wind haben wuͤrde.
Nachdem den 2ten des Nachmittags das Zeichen, die Anker zu lichten, gegeben worden und es Wind- ſtille war, ruderten wir laͤngſt dem Ufer, bis es finſter ward, da denn das Zeichen zu ankern gegeben wurde. Weil den folgenden Tag noch Windſtille war, ſo ru- derten wir bis in die Nacht; allein als wir vor Anker lagen, entſtand ein wuͤthender Sturm, der die kur- zen Wellen ſo heftig an unſere Galeere warf, daß ſie leck wurde. Ob wir nun gleich noch ſo ſehr plump- ten, ſo nahm doch das Waſſer ſo uͤberhand, daß wir in kurzem zu Grunde zu gehen glaubten. Jch lief in die Cajuͤte herunter, um zu ſehen, wie viel Waſſer unter ihrem Boden ſey, und als ich herein trat, hoͤrte ich das Waſſer unter des Secretairs Bette rauſchen, und rief ſogleich den Zimmermann, die Breter aufzu- heben, da wir denn das Loch entdeckten, das ſo groß war, daß ich den Kopf haͤtte hinein ſtecken koͤnnen. Wir ſtopften es ſogleich zu, und die Pumpen ſchoͤpf- ten das Waſſer in kurzem zu unſerm großen Vergnuͤ-
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wenig zu ihren Unterhalte haͤtten. Makarof, des
Kaiſers Secretair, der damals bey mir auf dem
Schiffe war, wunderte ſich ſehr uͤber die Antwort,
und ſagte, daß man einen kleinen Antheil von jeder
Galeere nicht vermiſſen, dieſer aber von ſo vielen fuͤr
uns zureichend ſeyn wuͤrde. Der Secretair rieth
mir ſogleich, ſo geſchwinde als moͤglich nach Aſtrakan
zu ſegeln, ohne auf des Admirals Signale zu warten,
und erbot ſich, die Folgen davon zu verantworten,
wenn ich zur Rechenſchaft deswegen gefordert werden
ſollte. Jch war daher entſchloſſen, dieſem Rathe zu
folgen, ſobald ich guten Wind haben wuͤrde.
Nachdem den 2ten des Nachmittags das Zeichen,
die Anker zu lichten, gegeben worden und es Wind-
ſtille war, ruderten wir laͤngſt dem Ufer, bis es finſter
ward, da denn das Zeichen zu ankern gegeben wurde.
Weil den folgenden Tag noch Windſtille war, ſo ru-
derten wir bis in die Nacht; allein als wir vor Anker
lagen, entſtand ein wuͤthender Sturm, der die kur-
zen Wellen ſo heftig an unſere Galeere warf, daß ſie
leck wurde. Ob wir nun gleich noch ſo ſehr plump-
ten, ſo nahm doch das Waſſer ſo uͤberhand, daß wir
in kurzem zu Grunde zu gehen glaubten. Jch lief in
die Cajuͤte herunter, um zu ſehen, wie viel Waſſer
unter ihrem Boden ſey, und als ich herein trat, hoͤrte
ich das Waſſer unter des Secretairs Bette rauſchen,
und rief ſogleich den Zimmermann, die Breter aufzu-
heben, da wir denn das Loch entdeckten, das ſo groß
war, daß ich den Kopf haͤtte hinein ſtecken koͤnnen.
Wir ſtopften es ſogleich zu, und die Pumpen ſchoͤpf-
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/359>, abgerufen am 24.11.2024.
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