wieder weg, und brachte viere von seinen Weibern und acht Concubinen geführet, und stellte sie alle in eine Reihe, daß wir sie sehen konnten. Jn dieser Stellung ließ er sie stehen, gieng wieder zum Sofa zurück und setzte sich bey uns nieder. Die Frauen- zimmer waren wahrscheinlicher Weise damit unzufrie- den, daß sie nur von ferne gesehen werden sollten, und kamen also insgesammt und setzten sich auf einen Sofa uns gegenüber, womit unser Wirth eben nicht sonderlich zufrieden zu seyn schien. Sie sahen ihn aber nicht an, sondern untersuchten unsere Kleidung sehr genau, thaten auch durch unsern Dolmetscher ei- ne Menge Fragen an uns, besonders in Ansehung der Gewohnheiten und Kleidung unserer Weiber, und wie viel Weiber einem Manne in unserm Lande zu nehmen erlaubet wäre. Als wir ihnen sagten, daß keinem Manne mehr als eine Frau zu nehmen erlaubt sey, und daß ihnen wie den Männern frey stünde, auszugehen, und ihre Nachbarinnen zu besuchen, so klopften sie in die Hände, und riefen mit Begeiste- rung aus: O glückliches, glückliches Land! Unser Wirth, der mit ihrem Bezeigen gar nicht zufrieden war, befahl ihnen, wieder in ihr Zimmer zu gehen, und sie gehorchten mit vielem Widerwillen. Sie waren alle liebenswürdig, doch übertrafen die Concu- binen die Weiber an Schönheit. Die Ursache ist offenbar, denn sie werden durch Unterhändler verhei- rathet, die Concubinen aber gewählt. Wir nahmen nach einem kurzen Aufenthalte von unserm Wirthe Abschied, und ersuchten ihn, uns den folgenden Tag in unserm Lager zu besuchen. Wir bewirtheten ihn sehr höflich, und er schien große Freude an unserer Musik
zu
X
wieder weg, und brachte viere von ſeinen Weibern und acht Concubinen gefuͤhret, und ſtellte ſie alle in eine Reihe, daß wir ſie ſehen konnten. Jn dieſer Stellung ließ er ſie ſtehen, gieng wieder zum Sofa zuruͤck und ſetzte ſich bey uns nieder. Die Frauen- zimmer waren wahrſcheinlicher Weiſe damit unzufrie- den, daß ſie nur von ferne geſehen werden ſollten, und kamen alſo insgeſammt und ſetzten ſich auf einen Sofa uns gegenuͤber, womit unſer Wirth eben nicht ſonderlich zufrieden zu ſeyn ſchien. Sie ſahen ihn aber nicht an, ſondern unterſuchten unſere Kleidung ſehr genau, thaten auch durch unſern Dolmetſcher ei- ne Menge Fragen an uns, beſonders in Anſehung der Gewohnheiten und Kleidung unſerer Weiber, und wie viel Weiber einem Manne in unſerm Lande zu nehmen erlaubet waͤre. Als wir ihnen ſagten, daß keinem Manne mehr als eine Frau zu nehmen erlaubt ſey, und daß ihnen wie den Maͤnnern frey ſtuͤnde, auszugehen, und ihre Nachbarinnen zu beſuchen, ſo klopften ſie in die Haͤnde, und riefen mit Begeiſte- rung aus: O gluͤckliches, gluͤckliches Land! Unſer Wirth, der mit ihrem Bezeigen gar nicht zufrieden war, befahl ihnen, wieder in ihr Zimmer zu gehen, und ſie gehorchten mit vielem Widerwillen. Sie waren alle liebenswuͤrdig, doch uͤbertrafen die Concu- binen die Weiber an Schoͤnheit. Die Urſache iſt offenbar, denn ſie werden durch Unterhaͤndler verhei- rathet, die Concubinen aber gewaͤhlt. Wir nahmen nach einem kurzen Aufenthalte von unſerm Wirthe Abſchied, und erſuchten ihn, uns den folgenden Tag in unſerm Lager zu beſuchen. Wir bewirtheten ihn ſehr hoͤflich, und er ſchien große Freude an unſerer Muſik
zu
X
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0331"n="321"/>
wieder weg, und brachte viere von ſeinen Weibern<lb/>
und acht Concubinen gefuͤhret, und ſtellte ſie alle in<lb/>
eine Reihe, daß wir ſie ſehen konnten. Jn dieſer<lb/>
Stellung ließ er ſie ſtehen, gieng wieder zum Sofa<lb/>
zuruͤck und ſetzte ſich bey uns nieder. Die Frauen-<lb/>
zimmer waren wahrſcheinlicher Weiſe damit unzufrie-<lb/>
den, daß ſie nur von ferne geſehen werden ſollten,<lb/>
und kamen alſo insgeſammt und ſetzten ſich auf einen<lb/>
Sofa uns gegenuͤber, womit unſer Wirth eben nicht<lb/>ſonderlich zufrieden zu ſeyn ſchien. Sie ſahen ihn<lb/>
aber nicht an, ſondern unterſuchten unſere Kleidung<lb/>ſehr genau, thaten auch durch unſern Dolmetſcher ei-<lb/>
ne Menge Fragen an uns, beſonders in Anſehung der<lb/>
Gewohnheiten und Kleidung unſerer Weiber, und<lb/>
wie viel Weiber einem Manne in unſerm Lande zu<lb/>
nehmen erlaubet waͤre. Als wir ihnen ſagten, daß<lb/>
keinem Manne mehr als eine Frau zu nehmen erlaubt<lb/>ſey, und daß ihnen wie den Maͤnnern frey ſtuͤnde,<lb/>
auszugehen, und ihre Nachbarinnen zu beſuchen, ſo<lb/>
klopften ſie in die Haͤnde, und riefen mit Begeiſte-<lb/>
rung aus: O gluͤckliches, gluͤckliches Land! Unſer<lb/>
Wirth, der mit ihrem Bezeigen gar nicht zufrieden<lb/>
war, befahl ihnen, wieder in ihr Zimmer zu gehen,<lb/>
und ſie gehorchten mit vielem Widerwillen. Sie<lb/>
waren alle liebenswuͤrdig, doch uͤbertrafen die Concu-<lb/>
binen die Weiber an Schoͤnheit. Die Urſache iſt<lb/>
offenbar, denn ſie werden durch Unterhaͤndler verhei-<lb/>
rathet, die Concubinen aber gewaͤhlt. Wir nahmen<lb/>
nach einem kurzen Aufenthalte von unſerm Wirthe<lb/>
Abſchied, und erſuchten ihn, uns den folgenden Tag in<lb/>
unſerm Lager zu beſuchen. Wir bewirtheten ihn ſehr<lb/>
hoͤflich, und er ſchien große Freude an unſerer Muſik<lb/><fwplace="bottom"type="sig">X</fw><fwplace="bottom"type="catch">zu</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[321/0331]
wieder weg, und brachte viere von ſeinen Weibern
und acht Concubinen gefuͤhret, und ſtellte ſie alle in
eine Reihe, daß wir ſie ſehen konnten. Jn dieſer
Stellung ließ er ſie ſtehen, gieng wieder zum Sofa
zuruͤck und ſetzte ſich bey uns nieder. Die Frauen-
zimmer waren wahrſcheinlicher Weiſe damit unzufrie-
den, daß ſie nur von ferne geſehen werden ſollten,
und kamen alſo insgeſammt und ſetzten ſich auf einen
Sofa uns gegenuͤber, womit unſer Wirth eben nicht
ſonderlich zufrieden zu ſeyn ſchien. Sie ſahen ihn
aber nicht an, ſondern unterſuchten unſere Kleidung
ſehr genau, thaten auch durch unſern Dolmetſcher ei-
ne Menge Fragen an uns, beſonders in Anſehung der
Gewohnheiten und Kleidung unſerer Weiber, und
wie viel Weiber einem Manne in unſerm Lande zu
nehmen erlaubet waͤre. Als wir ihnen ſagten, daß
keinem Manne mehr als eine Frau zu nehmen erlaubt
ſey, und daß ihnen wie den Maͤnnern frey ſtuͤnde,
auszugehen, und ihre Nachbarinnen zu beſuchen, ſo
klopften ſie in die Haͤnde, und riefen mit Begeiſte-
rung aus: O gluͤckliches, gluͤckliches Land! Unſer
Wirth, der mit ihrem Bezeigen gar nicht zufrieden
war, befahl ihnen, wieder in ihr Zimmer zu gehen,
und ſie gehorchten mit vielem Widerwillen. Sie
waren alle liebenswuͤrdig, doch uͤbertrafen die Concu-
binen die Weiber an Schoͤnheit. Die Urſache iſt
offenbar, denn ſie werden durch Unterhaͤndler verhei-
rathet, die Concubinen aber gewaͤhlt. Wir nahmen
nach einem kurzen Aufenthalte von unſerm Wirthe
Abſchied, und erſuchten ihn, uns den folgenden Tag in
unſerm Lager zu beſuchen. Wir bewirtheten ihn ſehr
hoͤflich, und er ſchien große Freude an unſerer Muſik
zu
X
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/331>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.