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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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war, als wir uns in der größten Gefahr befanden,
erfahren hatten, daß wir alle ertrunken wären. Hier
kam mein angenehmer Gesellschafter, der Capuciner,
in ein Kloster von seinem Orden, weil durch den Tod
eines ihrer Brüder eine Stelle offen stand, welches
auch ein Glück für ihn war, weil es ihm bey den da-
maligen Verwirrungen in Persien unmöglich gewesen
seyn würde, dahin zu gehen. Er und seine Mitbrü-
der bezeugten mir den größten Dank und Höflichkeit.
Jch ließ, als ich auf unsere Expedition über das Cas-
pische Meer gieng, alles, was ich nicht nöthig hatte,
in ihrem Kloster zurück, und er schickte mir hernach
mit jedem Schiffe, welches ankam, Proviant von al-
len Arten, wodurch ich also besser versorget wurde,
als irgend ein anderer Officier von der Armee, und
also durch meine Höflichkeit gegen den Capuciner
nichts verlohr.

Die Stadt Astrakan liegt an den Grenzen zwi-Stadt Astra-
kan.

schen Europa und Asien, welche der Fluß Wolga von
einander scheidet. Sie stehet auf der Jnsel Dolgoi,
die von einem Arme der Wolga gemacht wird, wie
bereits erwähnet worden, im 46sten Grade, 22 Mi-
nuten nördlicher Breite, 2630 Werste von Moskau,
90 Werste auf einen Grad gerechnet. Die Stadt ist
ziemlich groß, und wird jetzt fast von lauter Russen be-
wohnet. Es ist den ehemaligen Einwohnern dieses Lan-
des, den Tartarn, nicht erlaubt, innerhalb der Ring-
mauern, sondern nur in den dabeyliegenden Vorstäd-
ten zu wohnen, die nur mit Pallisaden umgeben sind.
Die Festungswerke sind alle von Stein, sehr hoch,
und haben in der Ferne, wegen der vielen großen und
kleinen Thürme, ein vortreffliches Ansehen, besonders

gegen
T

war, als wir uns in der groͤßten Gefahr befanden,
erfahren hatten, daß wir alle ertrunken waͤren. Hier
kam mein angenehmer Geſellſchafter, der Capuciner,
in ein Kloſter von ſeinem Orden, weil durch den Tod
eines ihrer Bruͤder eine Stelle offen ſtand, welches
auch ein Gluͤck fuͤr ihn war, weil es ihm bey den da-
maligen Verwirrungen in Perſien unmoͤglich geweſen
ſeyn wuͤrde, dahin zu gehen. Er und ſeine Mitbruͤ-
der bezeugten mir den groͤßten Dank und Hoͤflichkeit.
Jch ließ, als ich auf unſere Expedition uͤber das Cas-
piſche Meer gieng, alles, was ich nicht noͤthig hatte,
in ihrem Kloſter zuruͤck, und er ſchickte mir hernach
mit jedem Schiffe, welches ankam, Proviant von al-
len Arten, wodurch ich alſo beſſer verſorget wurde,
als irgend ein anderer Officier von der Armee, und
alſo durch meine Hoͤflichkeit gegen den Capuciner
nichts verlohr.

Die Stadt Aſtrakan liegt an den Grenzen zwi-Stadt Aſtra-
kan.

ſchen Europa und Aſien, welche der Fluß Wolga von
einander ſcheidet. Sie ſtehet auf der Jnſel Dolgoi,
die von einem Arme der Wolga gemacht wird, wie
bereits erwaͤhnet worden, im 46ſten Grade, 22 Mi-
nuten noͤrdlicher Breite, 2630 Werſte von Moskau,
90 Werſte auf einen Grad gerechnet. Die Stadt iſt
ziemlich groß, und wird jetzt faſt von lauter Ruſſen be-
wohnet. Es iſt den ehemaligen Einwohnern dieſes Lan-
des, den Tartarn, nicht erlaubt, innerhalb der Ring-
mauern, ſondern nur in den dabeyliegenden Vorſtaͤd-
ten zu wohnen, die nur mit Palliſaden umgeben ſind.
Die Feſtungswerke ſind alle von Stein, ſehr hoch,
und haben in der Ferne, wegen der vielen großen und
kleinen Thuͤrme, ein vortreffliches Anſehen, beſonders

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[289/0299] war, als wir uns in der groͤßten Gefahr befanden, erfahren hatten, daß wir alle ertrunken waͤren. Hier kam mein angenehmer Geſellſchafter, der Capuciner, in ein Kloſter von ſeinem Orden, weil durch den Tod eines ihrer Bruͤder eine Stelle offen ſtand, welches auch ein Gluͤck fuͤr ihn war, weil es ihm bey den da- maligen Verwirrungen in Perſien unmoͤglich geweſen ſeyn wuͤrde, dahin zu gehen. Er und ſeine Mitbruͤ- der bezeugten mir den groͤßten Dank und Hoͤflichkeit. Jch ließ, als ich auf unſere Expedition uͤber das Cas- piſche Meer gieng, alles, was ich nicht noͤthig hatte, in ihrem Kloſter zuruͤck, und er ſchickte mir hernach mit jedem Schiffe, welches ankam, Proviant von al- len Arten, wodurch ich alſo beſſer verſorget wurde, als irgend ein anderer Officier von der Armee, und alſo durch meine Hoͤflichkeit gegen den Capuciner nichts verlohr. Die Stadt Aſtrakan liegt an den Grenzen zwi- ſchen Europa und Aſien, welche der Fluß Wolga von einander ſcheidet. Sie ſtehet auf der Jnſel Dolgoi, die von einem Arme der Wolga gemacht wird, wie bereits erwaͤhnet worden, im 46ſten Grade, 22 Mi- nuten noͤrdlicher Breite, 2630 Werſte von Moskau, 90 Werſte auf einen Grad gerechnet. Die Stadt iſt ziemlich groß, und wird jetzt faſt von lauter Ruſſen be- wohnet. Es iſt den ehemaligen Einwohnern dieſes Lan- des, den Tartarn, nicht erlaubt, innerhalb der Ring- mauern, ſondern nur in den dabeyliegenden Vorſtaͤd- ten zu wohnen, die nur mit Palliſaden umgeben ſind. Die Feſtungswerke ſind alle von Stein, ſehr hoch, und haben in der Ferne, wegen der vielen großen und kleinen Thuͤrme, ein vortreffliches Anſehen, beſonders gegen Stadt Aſtra- kan. T

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/299>, abgerufen am 17.06.2024.