welches er zum Glücke auf die Erde fallen ließ. Sein Adjutant hob es auf und roch daran, bekam aber so gleich den Schwindel, so daß man ihm ein Gegengift geben mußte. Man band hierauf das Papier einem Hunde um den Hals, worauf er in vier und zwanzig Stunden starb, ob man ihm gleich ein Gegengift bey- gebracht hatte. Als die Officiers, welche um ihn waren, ihr Erstaunen über diesen Zufall an den Tag legten, versetzte er ganz kaltblütig: "wundern sie sich darüber nicht, meine Herren, ich habe bereits mehrere solche Briefe bekommen."
Da der Herzog von Bourgogne begierig war, zu1708. erfahren, in was für einem Zustande sich die Besa- tzung befände, so erboth sich ein gewisser Capitän du Bois, sich in die Festung zu wagen. Er kam unerkannt bis an die Außenwerke, zog sich aus, nahm seine Kleider auf den Kopf, schwamm über sieben Canäle und Gräben, kam sicher in die Stadt, und auf eben dieselbe Art wieder zurück, und brachte dem Herzoge noch dazu einen Brief von dem Marschall von Boufleurs mit, welchen er bey dem Schwimmen in den Mund nahm, so daß er ihn ganz trocken über- brachte.
Den 28ten September in der Nacht wurden wirTrauriger Zufall bey der feindli- chen Caval- lerie. von einem starken Knall beunruhiget, worauf in einer halben Stunde noch ein anderer folgte, und um Mit- ternacht hörten wir ein solches Gekrach, daß die Erde unter uns bebte. Die ganze Armee ward dadurch so beunruhiget, daß wir auch bis zu Tages Anbruch un- ter dem Gewehre zubrachten. Den folgenden Tag erfuhren wir, daß 1200 Mann feindlicher Reiterey, von welchen jeder 53 Pfund Pulver in Säcken hinter sich
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welches er zum Gluͤcke auf die Erde fallen ließ. Sein Adjutant hob es auf und roch daran, bekam aber ſo gleich den Schwindel, ſo daß man ihm ein Gegengift geben mußte. Man band hierauf das Papier einem Hunde um den Hals, worauf er in vier und zwanzig Stunden ſtarb, ob man ihm gleich ein Gegengift bey- gebracht hatte. Als die Officiers, welche um ihn waren, ihr Erſtaunen uͤber dieſen Zufall an den Tag legten, verſetzte er ganz kaltbluͤtig: „wundern ſie ſich daruͤber nicht, meine Herren, ich habe bereits mehrere ſolche Briefe bekommen.“
Da der Herzog von Bourgogne begierig war, zu1708. erfahren, in was fuͤr einem Zuſtande ſich die Beſa- tzung befaͤnde, ſo erboth ſich ein gewiſſer Capitaͤn du Bois, ſich in die Feſtung zu wagen. Er kam unerkannt bis an die Außenwerke, zog ſich aus, nahm ſeine Kleider auf den Kopf, ſchwamm uͤber ſieben Canaͤle und Graͤben, kam ſicher in die Stadt, und auf eben dieſelbe Art wieder zuruͤck, und brachte dem Herzoge noch dazu einen Brief von dem Marſchall von Boufleurs mit, welchen er bey dem Schwimmen in den Mund nahm, ſo daß er ihn ganz trocken uͤber- brachte.
Den 28ten September in der Nacht wurden wirTrauriger Zufall bey der feindli- chen Caval- lerie. von einem ſtarken Knall beunruhiget, worauf in einer halben Stunde noch ein anderer folgte, und um Mit- ternacht hoͤrten wir ein ſolches Gekrach, daß die Erde unter uns bebte. Die ganze Armee ward dadurch ſo beunruhiget, daß wir auch bis zu Tages Anbruch un- ter dem Gewehre zubrachten. Den folgenden Tag erfuhren wir, daß 1200 Mann feindlicher Reiterey, von welchen jeder 53 Pfund Pulver in Saͤcken hinter ſich
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[15/0025]
welches er zum Gluͤcke auf die Erde fallen ließ. Sein
Adjutant hob es auf und roch daran, bekam aber ſo
gleich den Schwindel, ſo daß man ihm ein Gegengift
geben mußte. Man band hierauf das Papier einem
Hunde um den Hals, worauf er in vier und zwanzig
Stunden ſtarb, ob man ihm gleich ein Gegengift bey-
gebracht hatte. Als die Officiers, welche um ihn
waren, ihr Erſtaunen uͤber dieſen Zufall an den Tag
legten, verſetzte er ganz kaltbluͤtig: „wundern ſie ſich
daruͤber nicht, meine Herren, ich habe bereits mehrere
ſolche Briefe bekommen.“
Da der Herzog von Bourgogne begierig war, zu
erfahren, in was fuͤr einem Zuſtande ſich die Beſa-
tzung befaͤnde, ſo erboth ſich ein gewiſſer Capitaͤn
du Bois, ſich in die Feſtung zu wagen. Er kam
unerkannt bis an die Außenwerke, zog ſich aus, nahm
ſeine Kleider auf den Kopf, ſchwamm uͤber ſieben
Canaͤle und Graͤben, kam ſicher in die Stadt, und
auf eben dieſelbe Art wieder zuruͤck, und brachte dem
Herzoge noch dazu einen Brief von dem Marſchall
von Boufleurs mit, welchen er bey dem Schwimmen
in den Mund nahm, ſo daß er ihn ganz trocken uͤber-
brachte.
1708.
Den 28ten September in der Nacht wurden wir
von einem ſtarken Knall beunruhiget, worauf in einer
halben Stunde noch ein anderer folgte, und um Mit-
ternacht hoͤrten wir ein ſolches Gekrach, daß die Erde
unter uns bebte. Die ganze Armee ward dadurch ſo
beunruhiget, daß wir auch bis zu Tages Anbruch un-
ter dem Gewehre zubrachten. Den folgenden Tag
erfuhren wir, daß 1200 Mann feindlicher Reiterey,
von welchen jeder 53 Pfund Pulver in Saͤcken hinter ſich
auf
Trauriger
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der feindli-
chen Caval-
lerie.
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/25>, abgerufen am 21.11.2024.
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