Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

baren Vertraulichkeit, daß sie sich für recht glücklich
hielten. Als der Fürst den Vorschlag that, daß sei-
ne Leute bey den Tartarn cantoniren sollten, so prote-
stirten alle seine Officiers, nicht einen einzigen ausge-
nommen, dawider, und sagten, daß man den Tar-
tarn nicht trauen müsse; denn so lange als sie beysam-
men blieben, hätten sie, ihrer großen Menge unge-
achtet, nichts von ihnen zu befürchten; so bald sie
sich aber trennten, würden sie in Gefahr seyn, ins-
gesammt von ihnen niedergemacht zu werden.

Als der Tartarcham merkte, daß sie einiges
Mißtrauen in ihn setzen wollten, so sagte er zu dem
Fürsten und seinen Officieren, daß sie keine Ur-
sache hätten, ein Mißtrauen auf seine Freundschaft
zu setzen, und daß er dieses bloß aus Hochachtung ge-
gen den Czar, ihren Herrn, thue, von dem er wisse,
daß er in große Kriege in Europa verwickelt sey, die
er nicht ohne Gold führen könne. Er gebe ihnen
daher auch freywillig die Freyheit, zu nehmen, so viel
als ihnen gefällig sey. Was ihn betreffe, so schätze
er weder Gold noch Silber, da es in ihrem Lande keinen
Nutzen habe, denn sie lebten ohne dasselbe, und könn-
ten sogar das Brot entbehren, folglich hätten sie bey-
des nicht nöthig, weil ihr ganzer Reichthum in Heer-
den von Viehe bestehe, mit denen sie sich nebst ihren
Zelten begeben könnten, wohin es ihnen beliebe. Da
sie auch weder Festungen, noch Städte oder Dörfer
hätten, so dürften sie auch nicht fürchten, daß sie ih-
nen würden genommen werden, weil sie einen Tag
hier und den andern an einem andern Orte wohnten.
Was das Anerbieten betreffe, ihre Leute bey seinen
Leuten einzuquartieren, so habe er es aus guter Mei-

nung

baren Vertraulichkeit, daß ſie ſich fuͤr recht gluͤcklich
hielten. Als der Fuͤrſt den Vorſchlag that, daß ſei-
ne Leute bey den Tartarn cantoniren ſollten, ſo prote-
ſtirten alle ſeine Officiers, nicht einen einzigen ausge-
nommen, dawider, und ſagten, daß man den Tar-
tarn nicht trauen muͤſſe; denn ſo lange als ſie beyſam-
men blieben, haͤtten ſie, ihrer großen Menge unge-
achtet, nichts von ihnen zu befuͤrchten; ſo bald ſie
ſich aber trennten, wuͤrden ſie in Gefahr ſeyn, ins-
geſammt von ihnen niedergemacht zu werden.

Als der Tartarcham merkte, daß ſie einiges
Mißtrauen in ihn ſetzen wollten, ſo ſagte er zu dem
Fuͤrſten und ſeinen Officieren, daß ſie keine Ur-
ſache haͤtten, ein Mißtrauen auf ſeine Freundſchaft
zu ſetzen, und daß er dieſes bloß aus Hochachtung ge-
gen den Czar, ihren Herrn, thue, von dem er wiſſe,
daß er in große Kriege in Europa verwickelt ſey, die
er nicht ohne Gold fuͤhren koͤnne. Er gebe ihnen
daher auch freywillig die Freyheit, zu nehmen, ſo viel
als ihnen gefaͤllig ſey. Was ihn betreffe, ſo ſchaͤtze
er weder Gold noch Silber, da es in ihrem Lande keinen
Nutzen habe, denn ſie lebten ohne daſſelbe, und koͤnn-
ten ſogar das Brot entbehren, folglich haͤtten ſie bey-
des nicht noͤthig, weil ihr ganzer Reichthum in Heer-
den von Viehe beſtehe, mit denen ſie ſich nebſt ihren
Zelten begeben koͤnnten, wohin es ihnen beliebe. Da
ſie auch weder Feſtungen, noch Staͤdte oder Doͤrfer
haͤtten, ſo duͤrften ſie auch nicht fuͤrchten, daß ſie ih-
nen wuͤrden genommen werden, weil ſie einen Tag
hier und den andern an einem andern Orte wohnten.
Was das Anerbieten betreffe, ihre Leute bey ſeinen
Leuten einzuquartieren, ſo habe er es aus guter Mei-

nung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0216" n="206"/>
baren Vertraulichkeit, daß &#x017F;ie &#x017F;ich fu&#x0364;r recht glu&#x0364;cklich<lb/>
hielten. Als der Fu&#x0364;r&#x017F;t den Vor&#x017F;chlag that, daß &#x017F;ei-<lb/>
ne Leute bey den Tartarn cantoniren &#x017F;ollten, &#x017F;o prote-<lb/>
&#x017F;tirten alle &#x017F;eine Officiers, nicht einen einzigen ausge-<lb/>
nommen, dawider, und &#x017F;agten, daß man den Tar-<lb/>
tarn nicht trauen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; denn &#x017F;o lange als &#x017F;ie bey&#x017F;am-<lb/>
men blieben, ha&#x0364;tten &#x017F;ie, ihrer großen Menge unge-<lb/>
achtet, nichts von ihnen zu befu&#x0364;rchten; &#x017F;o bald &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich aber trennten, wu&#x0364;rden &#x017F;ie in Gefahr &#x017F;eyn, ins-<lb/>
ge&#x017F;ammt von ihnen niedergemacht zu werden.</p><lb/>
        <p>Als der Tartarcham merkte, daß &#x017F;ie einiges<lb/>
Mißtrauen in ihn &#x017F;etzen wollten, &#x017F;o &#x017F;agte er zu dem<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten und &#x017F;einen Officieren, daß &#x017F;ie keine Ur-<lb/>
&#x017F;ache ha&#x0364;tten, ein Mißtrauen auf &#x017F;eine Freund&#x017F;chaft<lb/>
zu &#x017F;etzen, und daß er die&#x017F;es bloß aus Hochachtung ge-<lb/>
gen den Czar, ihren Herrn, thue, von dem er wi&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
daß er in große Kriege in Europa verwickelt &#x017F;ey, die<lb/>
er nicht ohne Gold fu&#x0364;hren ko&#x0364;nne. Er gebe ihnen<lb/>
daher auch freywillig die Freyheit, zu nehmen, &#x017F;o viel<lb/>
als ihnen gefa&#x0364;llig &#x017F;ey. Was ihn betreffe, &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;tze<lb/>
er weder Gold noch Silber, da es in ihrem Lande keinen<lb/>
Nutzen habe, denn &#x017F;ie lebten ohne da&#x017F;&#x017F;elbe, und ko&#x0364;nn-<lb/>
ten &#x017F;ogar das Brot entbehren, folglich ha&#x0364;tten &#x017F;ie bey-<lb/>
des nicht no&#x0364;thig, weil ihr ganzer Reichthum in Heer-<lb/>
den von Viehe be&#x017F;tehe, mit denen &#x017F;ie &#x017F;ich neb&#x017F;t ihren<lb/>
Zelten begeben ko&#x0364;nnten, wohin es ihnen beliebe. Da<lb/>
&#x017F;ie auch weder Fe&#x017F;tungen, noch Sta&#x0364;dte oder Do&#x0364;rfer<lb/>
ha&#x0364;tten, &#x017F;o du&#x0364;rften &#x017F;ie auch nicht fu&#x0364;rchten, daß &#x017F;ie ih-<lb/>
nen wu&#x0364;rden genommen werden, weil &#x017F;ie einen Tag<lb/>
hier und den andern an einem andern Orte wohnten.<lb/>
Was das Anerbieten betreffe, ihre Leute bey &#x017F;einen<lb/>
Leuten einzuquartieren, &#x017F;o habe er es aus guter Mei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nung</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0216] baren Vertraulichkeit, daß ſie ſich fuͤr recht gluͤcklich hielten. Als der Fuͤrſt den Vorſchlag that, daß ſei- ne Leute bey den Tartarn cantoniren ſollten, ſo prote- ſtirten alle ſeine Officiers, nicht einen einzigen ausge- nommen, dawider, und ſagten, daß man den Tar- tarn nicht trauen muͤſſe; denn ſo lange als ſie beyſam- men blieben, haͤtten ſie, ihrer großen Menge unge- achtet, nichts von ihnen zu befuͤrchten; ſo bald ſie ſich aber trennten, wuͤrden ſie in Gefahr ſeyn, ins- geſammt von ihnen niedergemacht zu werden. Als der Tartarcham merkte, daß ſie einiges Mißtrauen in ihn ſetzen wollten, ſo ſagte er zu dem Fuͤrſten und ſeinen Officieren, daß ſie keine Ur- ſache haͤtten, ein Mißtrauen auf ſeine Freundſchaft zu ſetzen, und daß er dieſes bloß aus Hochachtung ge- gen den Czar, ihren Herrn, thue, von dem er wiſſe, daß er in große Kriege in Europa verwickelt ſey, die er nicht ohne Gold fuͤhren koͤnne. Er gebe ihnen daher auch freywillig die Freyheit, zu nehmen, ſo viel als ihnen gefaͤllig ſey. Was ihn betreffe, ſo ſchaͤtze er weder Gold noch Silber, da es in ihrem Lande keinen Nutzen habe, denn ſie lebten ohne daſſelbe, und koͤnn- ten ſogar das Brot entbehren, folglich haͤtten ſie bey- des nicht noͤthig, weil ihr ganzer Reichthum in Heer- den von Viehe beſtehe, mit denen ſie ſich nebſt ihren Zelten begeben koͤnnten, wohin es ihnen beliebe. Da ſie auch weder Feſtungen, noch Staͤdte oder Doͤrfer haͤtten, ſo duͤrften ſie auch nicht fuͤrchten, daß ſie ih- nen wuͤrden genommen werden, weil ſie einen Tag hier und den andern an einem andern Orte wohnten. Was das Anerbieten betreffe, ihre Leute bey ſeinen Leuten einzuquartieren, ſo habe er es aus guter Mei- nung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/216
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/216>, abgerufen am 24.11.2024.