Die Dänen hatten uns nur für die 16000 Mann Proviant versprochen, die der Czar ihnen zu Hülfe zu bringen versprach, und nun weigerten sie sich, den von Stralsund herüber gebrachten 8000 Mann Un- terhalt zu geben, und sagten, daß sie ohne ihr Wissen und Einwilligung gekommen wären, so daß von nun an auf beyden Seiten nichts als Eifersucht und Mißtrauen herrschte. Doch unterbrach dieses die Ergötzlichkeiten, als Bälle, Assembleen und Masque- raden, bey Hofe im geringsten nicht. Der Czar be- suchte während der drey Monate, die er sich in Ko- penhagen aufhielt, ihre Collegia und Academien sehr fleißig, und besahe alles, was merkwürdiges an die- sem Orte war. Er fuhr auch täglich in einem Bo- the aus, erforschte die Tiefen und Küsten von Dän- nemark und Schweden so genau, daß ihm die klein- ste Sandbank nicht entwischte, und brachte alles zu- sammen auf eine Charte. Als er einmal bey Scho- nen vorbey fuhr, einen bequemen Platz zum Landen zu entdecken, hatte er bey seiner Rückkehr einen widri- gen Wind, und konnte also bey Tage Kopenhagen nicht erreichen. Die Czarinn schickte an den Gou- verneur, ihn zu ersuchen, das Thor bis zu des Czars Ankunft offen zu lassen, welches auch versprochen wur- de. Als ich aber von dem Marschall abgeschickt ward, zu sehen, ob es geschehen sey, fand ich es geschlossen, und bekam von dem Officier die Nachricht, daß die Schlüssel dem Könige wären übergeben worden. Jch meldete dieses dem Marschall, der sogleich selbst zum Gouverneur gieng, der nach einer kahlen Ent- schuldigung, daß die Schlüssel aus Jrrthum dem Kö- nige wären überschickt worden, zu ihm sagte, der
König
Sie verſagen den Ruſſen die Lebens- mittel.
Die Daͤnen hatten uns nur fuͤr die 16000 Mann Proviant verſprochen, die der Czar ihnen zu Huͤlfe zu bringen verſprach, und nun weigerten ſie ſich, den von Stralſund heruͤber gebrachten 8000 Mann Un- terhalt zu geben, und ſagten, daß ſie ohne ihr Wiſſen und Einwilligung gekommen waͤren, ſo daß von nun an auf beyden Seiten nichts als Eiferſucht und Mißtrauen herrſchte. Doch unterbrach dieſes die Ergoͤtzlichkeiten, als Baͤlle, Aſſembleen und Masque- raden, bey Hofe im geringſten nicht. Der Czar be- ſuchte waͤhrend der drey Monate, die er ſich in Ko- penhagen aufhielt, ihre Collegia und Academien ſehr fleißig, und beſahe alles, was merkwuͤrdiges an die- ſem Orte war. Er fuhr auch taͤglich in einem Bo- the aus, erforſchte die Tiefen und Kuͤſten von Daͤn- nemark und Schweden ſo genau, daß ihm die klein- ſte Sandbank nicht entwiſchte, und brachte alles zu- ſammen auf eine Charte. Als er einmal bey Scho- nen vorbey fuhr, einen bequemen Platz zum Landen zu entdecken, hatte er bey ſeiner Ruͤckkehr einen widri- gen Wind, und konnte alſo bey Tage Kopenhagen nicht erreichen. Die Czarinn ſchickte an den Gou- verneur, ihn zu erſuchen, das Thor bis zu des Czars Ankunft offen zu laſſen, welches auch verſprochen wur- de. Als ich aber von dem Marſchall abgeſchickt ward, zu ſehen, ob es geſchehen ſey, fand ich es geſchloſſen, und bekam von dem Officier die Nachricht, daß die Schluͤſſel dem Koͤnige waͤren uͤbergeben worden. Jch meldete dieſes dem Marſchall, der ſogleich ſelbſt zum Gouverneur gieng, der nach einer kahlen Ent- ſchuldigung, daß die Schluͤſſel aus Jrrthum dem Koͤ- nige waͤren uͤberſchickt worden, zu ihm ſagte, der
Koͤnig
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Die Daͤnen hatten uns nur fuͤr die 16000 Mann
Proviant verſprochen, die der Czar ihnen zu Huͤlfe zu
bringen verſprach, und nun weigerten ſie ſich, den
von Stralſund heruͤber gebrachten 8000 Mann Un-
terhalt zu geben, und ſagten, daß ſie ohne ihr Wiſſen
und Einwilligung gekommen waͤren, ſo daß von nun
an auf beyden Seiten nichts als Eiferſucht und
Mißtrauen herrſchte. Doch unterbrach dieſes die
Ergoͤtzlichkeiten, als Baͤlle, Aſſembleen und Masque-
raden, bey Hofe im geringſten nicht. Der Czar be-
ſuchte waͤhrend der drey Monate, die er ſich in Ko-
penhagen aufhielt, ihre Collegia und Academien ſehr
fleißig, und beſahe alles, was merkwuͤrdiges an die-
ſem Orte war. Er fuhr auch taͤglich in einem Bo-
the aus, erforſchte die Tiefen und Kuͤſten von Daͤn-
nemark und Schweden ſo genau, daß ihm die klein-
ſte Sandbank nicht entwiſchte, und brachte alles zu-
ſammen auf eine Charte. Als er einmal bey Scho-
nen vorbey fuhr, einen bequemen Platz zum Landen
zu entdecken, hatte er bey ſeiner Ruͤckkehr einen widri-
gen Wind, und konnte alſo bey Tage Kopenhagen
nicht erreichen. Die Czarinn ſchickte an den Gou-
verneur, ihn zu erſuchen, das Thor bis zu des Czars
Ankunft offen zu laſſen, welches auch verſprochen wur-
de. Als ich aber von dem Marſchall abgeſchickt ward,
zu ſehen, ob es geſchehen ſey, fand ich es geſchloſſen,
und bekam von dem Officier die Nachricht, daß die
Schluͤſſel dem Koͤnige waͤren uͤbergeben worden.
Jch meldete dieſes dem Marſchall, der ſogleich ſelbſt
zum Gouverneur gieng, der nach einer kahlen Ent-
ſchuldigung, daß die Schluͤſſel aus Jrrthum dem Koͤ-
nige waͤren uͤberſchickt worden, zu ihm ſagte, der
Koͤnig
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/200>, abgerufen am 21.11.2024.
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