allen Ständen gedeckt: eine für den Czar und die Großen, eine für die Geistlichkeit, eine für die Offi- ciers von der Armee, eine für die von der Flotte, eine für Kaufleute, Schiffbauleute und ausländische Schif- fer etc. alle in verschiedenen Zimmern. Die Czarinn und die Frauenzimmer hatten ihre Zimmer eine Trep- pe höher. Diese Tafeln wurden alle mit kalten Spei- sen, mit Gebacknem von aller Art und etlichen warmen Gerichten besetzt, und zu Ende derselben wurde ge- meiniglich stark getrunken. Nach der Mahlzeit gieng der Czar aus einem Zimmer und von einer Tafel zur andern, und unterhielt sich mit allen Gästen von ihrem Geschäfte und Gewerbe, besonders aber mit den Herren ausländischer Kauffartheyschiffe, und erkundig- te sich nach den verschiedenen Waaren, womit sie han- delten. Bey dieser Gelegenheit habe ich gesehen, daß die holländischen Schiffer auf eine sehr vertraute Art mit ihm umgiengen, denn sie nannten ihn nicht anders als Schiffer Peter, welches der Czar über- aus gerne hörte. Er machte sich die von ihnen erhal- tenen Nachrichten sehr wohl zu Nutze, und schrieb sie beständig in seine Schreibtafel.
Slitters Perpetuum mobile.
Der Czar hatte einen gewissen Herrn Slitter, ei- nen berühmten Baumeister, nebst einer Menge ge- schickter Arbeiter in seine Dienste genommen, und ih- nen eine Wohnung in seinem Sommerpallaste gege- ben, damit er beständig nahe bey ihm seyn möge. Dieser Herr war damals mit Erbauung vieler Pal- läste, Häuser, Akademien, Manufacturen, Buch- druckereyen etc. überaus beschäftiget, und da er zu Ent- werfung seiner Plane sehr wenig Gehülfen hatte, so bot ich ihm hierinn meinen Beystand an, wenn er
mich
allen Staͤnden gedeckt: eine fuͤr den Czar und die Großen, eine fuͤr die Geiſtlichkeit, eine fuͤr die Offi- ciers von der Armee, eine fuͤr die von der Flotte, eine fuͤr Kaufleute, Schiffbauleute und auslaͤndiſche Schif- fer ꝛc. alle in verſchiedenen Zimmern. Die Czarinn und die Frauenzimmer hatten ihre Zimmer eine Trep- pe hoͤher. Dieſe Tafeln wurden alle mit kalten Spei- ſen, mit Gebacknem von aller Art und etlichen warmen Gerichten beſetzt, und zu Ende derſelben wurde ge- meiniglich ſtark getrunken. Nach der Mahlzeit gieng der Czar aus einem Zimmer und von einer Tafel zur andern, und unterhielt ſich mit allen Gaͤſten von ihrem Geſchaͤfte und Gewerbe, beſonders aber mit den Herren auslaͤndiſcher Kauffartheyſchiffe, und erkundig- te ſich nach den verſchiedenen Waaren, womit ſie han- delten. Bey dieſer Gelegenheit habe ich geſehen, daß die hollaͤndiſchen Schiffer auf eine ſehr vertraute Art mit ihm umgiengen, denn ſie nannten ihn nicht anders als Schiffer Peter, welches der Czar uͤber- aus gerne hoͤrte. Er machte ſich die von ihnen erhal- tenen Nachrichten ſehr wohl zu Nutze, und ſchrieb ſie beſtaͤndig in ſeine Schreibtafel.
Slitters Perpetuum mobile.
Der Czar hatte einen gewiſſen Herrn Slitter, ei- nen beruͤhmten Baumeiſter, nebſt einer Menge ge- ſchickter Arbeiter in ſeine Dienſte genommen, und ih- nen eine Wohnung in ſeinem Sommerpallaſte gege- ben, damit er beſtaͤndig nahe bey ihm ſeyn moͤge. Dieſer Herr war damals mit Erbauung vieler Pal- laͤſte, Haͤuſer, Akademien, Manufacturen, Buch- druckereyen ꝛc. uͤberaus beſchaͤftiget, und da er zu Ent- werfung ſeiner Plane ſehr wenig Gehuͤlfen hatte, ſo bot ich ihm hierinn meinen Beyſtand an, wenn er
mich
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0174"n="164"/>
allen Staͤnden gedeckt: eine fuͤr den Czar und die<lb/>
Großen, eine fuͤr die Geiſtlichkeit, eine fuͤr die Offi-<lb/>
ciers von der Armee, eine fuͤr die von der Flotte, eine<lb/>
fuͤr Kaufleute, Schiffbauleute und auslaͤndiſche Schif-<lb/>
fer ꝛc. alle in verſchiedenen Zimmern. Die Czarinn<lb/>
und die Frauenzimmer hatten ihre Zimmer eine Trep-<lb/>
pe hoͤher. Dieſe Tafeln wurden alle mit kalten Spei-<lb/>ſen, mit Gebacknem von aller Art und etlichen warmen<lb/>
Gerichten beſetzt, und zu Ende derſelben wurde ge-<lb/>
meiniglich ſtark getrunken. Nach der Mahlzeit gieng<lb/>
der Czar aus einem Zimmer und von einer Tafel zur<lb/>
andern, und unterhielt ſich mit allen Gaͤſten von ihrem<lb/>
Geſchaͤfte und Gewerbe, beſonders aber mit den<lb/>
Herren auslaͤndiſcher Kauffartheyſchiffe, und erkundig-<lb/>
te ſich nach den verſchiedenen Waaren, womit ſie han-<lb/>
delten. Bey dieſer Gelegenheit habe ich geſehen,<lb/>
daß die hollaͤndiſchen Schiffer auf eine ſehr vertraute<lb/>
Art mit ihm umgiengen, denn ſie nannten ihn nicht<lb/>
anders als <hirendition="#fr">Schiffer Peter,</hi> welches der Czar uͤber-<lb/>
aus gerne hoͤrte. Er machte ſich die von ihnen erhal-<lb/>
tenen Nachrichten ſehr wohl zu Nutze, und ſchrieb ſie<lb/>
beſtaͤndig in ſeine Schreibtafel.</p><lb/><noteplace="left">Slitters<lb/><hirendition="#aq">Perpetuum<lb/>
mobile.</hi></note><p>Der Czar hatte einen gewiſſen Herrn Slitter, ei-<lb/>
nen beruͤhmten Baumeiſter, nebſt einer Menge ge-<lb/>ſchickter Arbeiter in ſeine Dienſte genommen, und ih-<lb/>
nen eine Wohnung in ſeinem Sommerpallaſte gege-<lb/>
ben, damit er beſtaͤndig nahe bey ihm ſeyn moͤge.<lb/>
Dieſer Herr war damals mit Erbauung vieler Pal-<lb/>
laͤſte, Haͤuſer, Akademien, Manufacturen, Buch-<lb/>
druckereyen ꝛc. uͤberaus beſchaͤftiget, und da er zu Ent-<lb/>
werfung ſeiner Plane ſehr wenig Gehuͤlfen hatte, ſo<lb/>
bot ich ihm hierinn meinen Beyſtand an, wenn er<lb/><fwplace="bottom"type="catch">mich</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[164/0174]
allen Staͤnden gedeckt: eine fuͤr den Czar und die
Großen, eine fuͤr die Geiſtlichkeit, eine fuͤr die Offi-
ciers von der Armee, eine fuͤr die von der Flotte, eine
fuͤr Kaufleute, Schiffbauleute und auslaͤndiſche Schif-
fer ꝛc. alle in verſchiedenen Zimmern. Die Czarinn
und die Frauenzimmer hatten ihre Zimmer eine Trep-
pe hoͤher. Dieſe Tafeln wurden alle mit kalten Spei-
ſen, mit Gebacknem von aller Art und etlichen warmen
Gerichten beſetzt, und zu Ende derſelben wurde ge-
meiniglich ſtark getrunken. Nach der Mahlzeit gieng
der Czar aus einem Zimmer und von einer Tafel zur
andern, und unterhielt ſich mit allen Gaͤſten von ihrem
Geſchaͤfte und Gewerbe, beſonders aber mit den
Herren auslaͤndiſcher Kauffartheyſchiffe, und erkundig-
te ſich nach den verſchiedenen Waaren, womit ſie han-
delten. Bey dieſer Gelegenheit habe ich geſehen,
daß die hollaͤndiſchen Schiffer auf eine ſehr vertraute
Art mit ihm umgiengen, denn ſie nannten ihn nicht
anders als Schiffer Peter, welches der Czar uͤber-
aus gerne hoͤrte. Er machte ſich die von ihnen erhal-
tenen Nachrichten ſehr wohl zu Nutze, und ſchrieb ſie
beſtaͤndig in ſeine Schreibtafel.
Der Czar hatte einen gewiſſen Herrn Slitter, ei-
nen beruͤhmten Baumeiſter, nebſt einer Menge ge-
ſchickter Arbeiter in ſeine Dienſte genommen, und ih-
nen eine Wohnung in ſeinem Sommerpallaſte gege-
ben, damit er beſtaͤndig nahe bey ihm ſeyn moͤge.
Dieſer Herr war damals mit Erbauung vieler Pal-
laͤſte, Haͤuſer, Akademien, Manufacturen, Buch-
druckereyen ꝛc. uͤberaus beſchaͤftiget, und da er zu Ent-
werfung ſeiner Plane ſehr wenig Gehuͤlfen hatte, ſo
bot ich ihm hierinn meinen Beyſtand an, wenn er
mich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/174>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.