Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

stellet werden sollte, fragte der Kronprinz denselben,
wer ich sey, und als man ihm die verlangte Nachricht
gegeben, und zugleich gesagt hatte, daß ich Pagen-
Dienste suchte, so that er verschiedene Fragen an mich,
und sagte hierauf zu dem Marschall, daß er selbst
mich zum Pagen behalten wollte. Wir giengen also
zurück, ohne daß ich dem Könige wäre vorgestellet
worden; aber als ich meinen Verwandten diese Nach-
richt brachte, wollten sie keines Weges darein willi-
gen, indem sie sagten, daß der Kronprinz seine Pagen
nicht gut halte, welches mein Vetter, ein Sohn des
General Lattorf, erfahren hatte, welcher gleichfalls
Page bey ihm gewesen, jetzt aber Kammerherr bey
dem Könige war.

Da sie nun nicht zugeben wollten, daß ich diese
Stelle annehmen sollte, so suchten sie mich den folgen-
den Tag als Cadet in die königliche Akademie zu brin-
gen, erfuhren aber, daß dieses jetzt unmöglich sey,
weil ich des Kronprinzen Dienste ausgeschlagen hatte.
1706.Sie schickten mich dessen ungeachtet auf ihre Kosten in
die Akademie, die Kriegsbaukunst und andere nöthige
Wissenschaften zu erlernen. Um diese Zeit kam auch
mein Onkel Rebeur aus Flandern an, welcher damals
Oberst-Lieutenant bey dem Regimente des Marquis
de Varen war, und als er wieder zurück reisen wollte,
äußerte ich mein Verlangen, mit ihm zu gehen. Er be-
willigte es mir sehr gütig, und da meine Freunde den
Einwurf machten, daß mir dieses an meiner Erzie-
hung nachtheilig seyn könnte, so versicherte der Ober-
ste ihnen, daß es mir vielmehr zum Vortheil gereichen
würde, indem sich fast in jeder Stadt in Flandern
vortreffliche Lehrer in der Kriegsbaukunst und Ar-

tillerie

ſtellet werden ſollte, fragte der Kronprinz denſelben,
wer ich ſey, und als man ihm die verlangte Nachricht
gegeben, und zugleich geſagt hatte, daß ich Pagen-
Dienſte ſuchte, ſo that er verſchiedene Fragen an mich,
und ſagte hierauf zu dem Marſchall, daß er ſelbſt
mich zum Pagen behalten wollte. Wir giengen alſo
zuruͤck, ohne daß ich dem Koͤnige waͤre vorgeſtellet
worden; aber als ich meinen Verwandten dieſe Nach-
richt brachte, wollten ſie keines Weges darein willi-
gen, indem ſie ſagten, daß der Kronprinz ſeine Pagen
nicht gut halte, welches mein Vetter, ein Sohn des
General Lattorf, erfahren hatte, welcher gleichfalls
Page bey ihm geweſen, jetzt aber Kammerherr bey
dem Koͤnige war.

Da ſie nun nicht zugeben wollten, daß ich dieſe
Stelle annehmen ſollte, ſo ſuchten ſie mich den folgen-
den Tag als Cadet in die koͤnigliche Akademie zu brin-
gen, erfuhren aber, daß dieſes jetzt unmoͤglich ſey,
weil ich des Kronprinzen Dienſte ausgeſchlagen hatte.
1706.Sie ſchickten mich deſſen ungeachtet auf ihre Koſten in
die Akademie, die Kriegsbaukunſt und andere noͤthige
Wiſſenſchaften zu erlernen. Um dieſe Zeit kam auch
mein Onkel Rebeur aus Flandern an, welcher damals
Oberſt-Lieutenant bey dem Regimente des Marquis
de Varen war, und als er wieder zuruͤck reiſen wollte,
aͤußerte ich mein Verlangen, mit ihm zu gehen. Er be-
willigte es mir ſehr guͤtig, und da meine Freunde den
Einwurf machten, daß mir dieſes an meiner Erzie-
hung nachtheilig ſeyn koͤnnte, ſo verſicherte der Ober-
ſte ihnen, daß es mir vielmehr zum Vortheil gereichen
wuͤrde, indem ſich faſt in jeder Stadt in Flandern
vortreffliche Lehrer in der Kriegsbaukunſt und Ar-

tillerie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="6"/>
&#x017F;tellet werden &#x017F;ollte, fragte der Kronprinz den&#x017F;elben,<lb/>
wer ich &#x017F;ey, und als man ihm die verlangte Nachricht<lb/>
gegeben, und zugleich ge&#x017F;agt hatte, daß ich Pagen-<lb/>
Dien&#x017F;te &#x017F;uchte, &#x017F;o that er ver&#x017F;chiedene Fragen an mich,<lb/>
und &#x017F;agte hierauf zu dem Mar&#x017F;chall, daß er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
mich zum Pagen behalten wollte. Wir giengen al&#x017F;o<lb/>
zuru&#x0364;ck, ohne daß ich dem Ko&#x0364;nige wa&#x0364;re vorge&#x017F;tellet<lb/>
worden; aber als ich meinen Verwandten die&#x017F;e Nach-<lb/>
richt brachte, wollten &#x017F;ie keines Weges darein willi-<lb/>
gen, indem &#x017F;ie &#x017F;agten, daß der Kronprinz &#x017F;eine Pagen<lb/>
nicht gut halte, welches mein Vetter, ein Sohn des<lb/>
General Lattorf, erfahren hatte, welcher gleichfalls<lb/>
Page bey ihm gewe&#x017F;en, jetzt aber Kammerherr bey<lb/>
dem Ko&#x0364;nige war.</p><lb/>
        <p>Da &#x017F;ie nun nicht zugeben wollten, daß ich die&#x017F;e<lb/>
Stelle annehmen &#x017F;ollte, &#x017F;o &#x017F;uchten &#x017F;ie mich den folgen-<lb/>
den Tag als Cadet in die ko&#x0364;nigliche Akademie zu brin-<lb/>
gen, erfuhren aber, daß die&#x017F;es jetzt unmo&#x0364;glich &#x017F;ey,<lb/>
weil ich des Kronprinzen Dien&#x017F;te ausge&#x017F;chlagen hatte.<lb/><note place="left">1706.</note>Sie &#x017F;chickten mich de&#x017F;&#x017F;en ungeachtet auf ihre Ko&#x017F;ten in<lb/>
die Akademie, die Kriegsbaukun&#x017F;t und andere no&#x0364;thige<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften zu erlernen. Um die&#x017F;e Zeit kam auch<lb/>
mein Onkel Rebeur aus Flandern an, welcher damals<lb/>
Ober&#x017F;t-Lieutenant bey dem Regimente des Marquis<lb/>
de Varen war, und als er wieder zuru&#x0364;ck rei&#x017F;en wollte,<lb/>
a&#x0364;ußerte ich mein Verlangen, mit ihm zu gehen. Er be-<lb/>
willigte es mir &#x017F;ehr gu&#x0364;tig, und da meine Freunde den<lb/>
Einwurf machten, daß mir die&#x017F;es an meiner Erzie-<lb/>
hung nachtheilig &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte, &#x017F;o ver&#x017F;icherte der Ober-<lb/>
&#x017F;te ihnen, daß es mir vielmehr zum Vortheil gereichen<lb/>
wu&#x0364;rde, indem &#x017F;ich fa&#x017F;t in jeder Stadt in Flandern<lb/>
vortreffliche Lehrer in der Kriegsbaukun&#x017F;t und Ar-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tillerie</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0016] ſtellet werden ſollte, fragte der Kronprinz denſelben, wer ich ſey, und als man ihm die verlangte Nachricht gegeben, und zugleich geſagt hatte, daß ich Pagen- Dienſte ſuchte, ſo that er verſchiedene Fragen an mich, und ſagte hierauf zu dem Marſchall, daß er ſelbſt mich zum Pagen behalten wollte. Wir giengen alſo zuruͤck, ohne daß ich dem Koͤnige waͤre vorgeſtellet worden; aber als ich meinen Verwandten dieſe Nach- richt brachte, wollten ſie keines Weges darein willi- gen, indem ſie ſagten, daß der Kronprinz ſeine Pagen nicht gut halte, welches mein Vetter, ein Sohn des General Lattorf, erfahren hatte, welcher gleichfalls Page bey ihm geweſen, jetzt aber Kammerherr bey dem Koͤnige war. Da ſie nun nicht zugeben wollten, daß ich dieſe Stelle annehmen ſollte, ſo ſuchten ſie mich den folgen- den Tag als Cadet in die koͤnigliche Akademie zu brin- gen, erfuhren aber, daß dieſes jetzt unmoͤglich ſey, weil ich des Kronprinzen Dienſte ausgeſchlagen hatte. Sie ſchickten mich deſſen ungeachtet auf ihre Koſten in die Akademie, die Kriegsbaukunſt und andere noͤthige Wiſſenſchaften zu erlernen. Um dieſe Zeit kam auch mein Onkel Rebeur aus Flandern an, welcher damals Oberſt-Lieutenant bey dem Regimente des Marquis de Varen war, und als er wieder zuruͤck reiſen wollte, aͤußerte ich mein Verlangen, mit ihm zu gehen. Er be- willigte es mir ſehr guͤtig, und da meine Freunde den Einwurf machten, daß mir dieſes an meiner Erzie- hung nachtheilig ſeyn koͤnnte, ſo verſicherte der Ober- ſte ihnen, daß es mir vielmehr zum Vortheil gereichen wuͤrde, indem ſich faſt in jeder Stadt in Flandern vortreffliche Lehrer in der Kriegsbaukunſt und Ar- tillerie 1706.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/16
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/16>, abgerufen am 21.11.2024.