Man vermeynt von diesem Steine, Daß derselbe zweyerley, Von verschiednem Glanz und Scheine, Daß er männ- und weiblich sey. Weißlich, etwas wäßrich gleißet Der, den man uns männlich heißet; Da der, den man weiblich nennt, Kräftiger, und dunkler brennt.
Der Rubin.
Mit wie vieler Lust und Freuden Kann man nicht an dem Rubin Die vergnügten Augen weiden! Recht wie Kohlen, welche glühn, Voller Licht, zumal im Dunkeln, Sieht man ihn voll Feuer funkeln: Schöner als das schönste Blut Jst die Farbe seiner Glut.
Bey der schönen Röthe spielet Auch in ihm ein bläulich Licht, Das sich meistens dann erzielet, Wann sichs in den Winkeln bricht. Durch den Schimmer, der ihn schmücket, Wird der Geist im Blick erquicket. Der Rubin soll, wenn er klein, Auch ein Feind der Säure seyn.
Der Car- niol.
Angenehm, doch nicht so theuer, Als der funkelnde Rubin Und sein blitzend heller Feuer, Jst der rothe Cornalin. Dieser mußte bey den Alten Meist der Siegel Amt verwalten, Denn die Kunst prägt diesem Stein Allerley Gestalten ein.
Von
Betrachtungen
Man vermeynt von dieſem Steine, Daß derſelbe zweyerley, Von verſchiednem Glanz und Scheine, Daß er maͤnn- und weiblich ſey. Weißlich, etwas waͤßrich gleißet Der, den man uns maͤnnlich heißet; Da der, den man weiblich nennt, Kraͤftiger, und dunkler brennt.
Der Rubin.
Mit wie vieler Luſt und Freuden Kann man nicht an dem Rubin Die vergnuͤgten Augen weiden! Recht wie Kohlen, welche gluͤhn, Voller Licht, zumal im Dunkeln, Sieht man ihn voll Feuer funkeln: Schoͤner als das ſchoͤnſte Blut Jſt die Farbe ſeiner Glut.
Bey der ſchoͤnen Roͤthe ſpielet Auch in ihm ein blaͤulich Licht, Das ſich meiſtens dann erzielet, Wann ſichs in den Winkeln bricht. Durch den Schimmer, der ihn ſchmuͤcket, Wird der Geiſt im Blick erquicket. Der Rubin ſoll, wenn er klein, Auch ein Feind der Saͤure ſeyn.
Der Car- niol.
Angenehm, doch nicht ſo theuer, Als der funkelnde Rubin Und ſein blitzend heller Feuer, Jſt der rothe Cornalin. Dieſer mußte bey den Alten Meiſt der Siegel Amt verwalten, Denn die Kunſt praͤgt dieſem Stein Allerley Geſtalten ein.
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Betrachtungen
Man vermeynt von dieſem Steine,
Daß derſelbe zweyerley,
Von verſchiednem Glanz und Scheine,
Daß er maͤnn- und weiblich ſey.
Weißlich, etwas waͤßrich gleißet
Der, den man uns maͤnnlich heißet;
Da der, den man weiblich nennt,
Kraͤftiger, und dunkler brennt.
Mit wie vieler Luſt und Freuden
Kann man nicht an dem Rubin
Die vergnuͤgten Augen weiden!
Recht wie Kohlen, welche gluͤhn,
Voller Licht, zumal im Dunkeln,
Sieht man ihn voll Feuer funkeln:
Schoͤner als das ſchoͤnſte Blut
Jſt die Farbe ſeiner Glut.
Bey der ſchoͤnen Roͤthe ſpielet
Auch in ihm ein blaͤulich Licht,
Das ſich meiſtens dann erzielet,
Wann ſichs in den Winkeln bricht.
Durch den Schimmer, der ihn ſchmuͤcket,
Wird der Geiſt im Blick erquicket.
Der Rubin ſoll, wenn er klein,
Auch ein Feind der Saͤure ſeyn.
Angenehm, doch nicht ſo theuer,
Als der funkelnde Rubin
Und ſein blitzend heller Feuer,
Jſt der rothe Cornalin.
Dieſer mußte bey den Alten
Meiſt der Siegel Amt verwalten,
Denn die Kunſt praͤgt dieſem Stein
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/92>, abgerufen am 16.02.2025.
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