Denn, hat Gott nicht dieses Rund der von uns bewohnten Erden, Mit vorherbedachtem Rath, uns zur Wohnung lassen werden? Aber wär der Mensch unsterblich; wer begreift nicht mit Bedacht, Daß die Gottheit sich geirrt, da sie eine Welt gemacht, Welche solche Menge Menschen, so zu fassen, als zu nähren, Nimmer könnte fähig seyn. Denn wenn aller Menschen Zahl, So von Anbeginn gelebt, (die, daß sie unsterblich wären, Deine blinde Schwachheit wünscht) heute sollten allzumal Leben und vorhanden seyn; welch ein' ungeheure Menge Müßte nicht daraus entstehn? solche, deren Zahlen Länge Kein Verstand ermessen kann. Millionen Milliaren Sind auf dieser Welt gewesen in den fast sechstausend Jahren; Milliaren Millionen werden noch vermuthlich kommen, Eh' die Erde wird vernichtigt und in Asche seyn ver- glommen. Nun erwäge doch dabey, Ob die Welt die Menge fasse, und zur Wohnung tüchtig sey? Dieses ist gewiß unmöglich. Gott hätt' also sehr gefehlt, Wenn die Sterbliche nicht sterblich, und, dadurch, daß sie entseelt, Denen Künftigen nicht wichen. Dieser ganze Kreis der Erden Müßte tausendmal vergrößert, und ein andrer Weltkreis werden.
Ferner: hätt' Er haben wollen, Daß der Mensch unsterblich seyn, nie die Welt verlassen sollen;
Hätt'
Anleitung
Denn, hat Gott nicht dieſes Rund der von uns bewohnten Erden, Mit vorherbedachtem Rath, uns zur Wohnung laſſen werden? Aber waͤr der Menſch unſterblich; wer begreift nicht mit Bedacht, Daß die Gottheit ſich geirrt, da ſie eine Welt gemacht, Welche ſolche Menge Menſchen, ſo zu faſſen, als zu naͤhren, Nimmer koͤnnte faͤhig ſeyn. Denn wenn aller Menſchen Zahl, So von Anbeginn gelebt, (die, daß ſie unſterblich waͤren, Deine blinde Schwachheit wuͤnſcht) heute ſollten allzumal Leben und vorhanden ſeyn; welch ein’ ungeheure Menge Muͤßte nicht daraus entſtehn? ſolche, deren Zahlen Laͤnge Kein Verſtand ermeſſen kann. Millionen Milliaren Sind auf dieſer Welt geweſen in den faſt ſechstauſend Jahren; Milliaren Millionen werden noch vermuthlich kommen, Eh’ die Erde wird vernichtigt und in Aſche ſeyn ver- glommen. Nun erwaͤge doch dabey, Ob die Welt die Menge faſſe, und zur Wohnung tuͤchtig ſey? Dieſes iſt gewiß unmoͤglich. Gott haͤtt’ alſo ſehr gefehlt, Wenn die Sterbliche nicht ſterblich, und, dadurch, daß ſie entſeelt, Denen Kuͤnftigen nicht wichen. Dieſer ganze Kreis der Erden Muͤßte tauſendmal vergroͤßert, und ein andrer Weltkreis werden.
Ferner: haͤtt’ Er haben wollen, Daß der Menſch unſterblich ſeyn, nie die Welt verlaſſen ſollen;
Haͤtt’
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Anleitung
Denn, hat Gott nicht dieſes Rund der von uns bewohnten
Erden,
Mit vorherbedachtem Rath, uns zur Wohnung laſſen
werden?
Aber waͤr der Menſch unſterblich; wer begreift nicht
mit Bedacht,
Daß die Gottheit ſich geirrt, da ſie eine Welt gemacht,
Welche ſolche Menge Menſchen, ſo zu faſſen, als zu naͤhren,
Nimmer koͤnnte faͤhig ſeyn. Denn wenn aller Menſchen
Zahl,
So von Anbeginn gelebt, (die, daß ſie unſterblich waͤren,
Deine blinde Schwachheit wuͤnſcht) heute ſollten allzumal
Leben und vorhanden ſeyn; welch ein’ ungeheure Menge
Muͤßte nicht daraus entſtehn? ſolche, deren Zahlen Laͤnge
Kein Verſtand ermeſſen kann. Millionen Milliaren
Sind auf dieſer Welt geweſen in den faſt ſechstauſend
Jahren;
Milliaren Millionen werden noch vermuthlich kommen,
Eh’ die Erde wird vernichtigt und in Aſche ſeyn ver-
glommen.
Nun erwaͤge doch dabey,
Ob die Welt die Menge faſſe, und zur Wohnung tuͤchtig ſey?
Dieſes iſt gewiß unmoͤglich. Gott haͤtt’ alſo ſehr gefehlt,
Wenn die Sterbliche nicht ſterblich, und, dadurch, daß
ſie entſeelt,
Denen Kuͤnftigen nicht wichen. Dieſer ganze Kreis
der Erden
Muͤßte tauſendmal vergroͤßert, und ein andrer Weltkreis
werden.
Ferner: haͤtt’ Er haben wollen,
Daß der Menſch unſterblich ſeyn, nie die Welt verlaſſen
ſollen;
Haͤtt’
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/594>, abgerufen am 23.11.2024.
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