"Dieses, einzeln und vereint, wenn ich es zusammen- fasse, "Machet, daß ich vor dem Tode zittre, beb', erstarr', erblasse.
Bist du mit deinem menschlichen Stande zufrieden, so mußt du auch sterblich seyn, und auch sterben wollen.
A. Um auf diese deine Klagen, Dir und andern gnug zu thun, muß ich dich zuvoderst fragen: Red ich hier mit einem Menschen, oder einem Engel? sprich. B. "Allerdings mit einem Menschen." A. Höre! Ferner frag ich dich: Jst dirs leid, daß du ein Mensch? bist du nicht damit zufrieden? B. "Nein, es ist mir gar nicht leid, daß mir dieser Stand beschieden, "Und ich bin es gar nicht ungern." A. Stimmst du damit überein, Freust du dich, daß du ein Mensch, kannst du dich ja nicht beklagen, Daß du sterblich bist: dieß heißt eigentlich, ein Mensch zu seyn. Klagst du nun nicht, daß du sterblich, mußt du billig auch ertragen, Daß ein Sterblicher auch stirbt. Wenn du dich unsterb. lich hieltest, Wundert' ich mich nicht darüber, daß du Angst und Schrecken fühltest
Bey
Anleitung
„Dieſes, einzeln und vereint, wenn ich es zuſammen- faſſe, „Machet, daß ich vor dem Tode zittre, beb’, erſtarr’, erblaſſe.
Biſt du mit deinem menſchlichen Stande zufrieden, ſo mußt du auch ſterblich ſeyn, und auch ſterben wollen.
A. Um auf dieſe deine Klagen, Dir und andern gnug zu thun, muß ich dich zuvoderſt fragen: Red ich hier mit einem Menſchen, oder einem Engel? ſprich. B. „Allerdings mit einem Menſchen.“ A. Hoͤre! Ferner frag ich dich: Jſt dirs leid, daß du ein Menſch? biſt du nicht damit zufrieden? B. „Nein, es iſt mir gar nicht leid, daß mir dieſer Stand beſchieden, „Und ich bin es gar nicht ungern.“ A. Stimmſt du damit uͤberein, Freuſt du dich, daß du ein Menſch, kannſt du dich ja nicht beklagen, Daß du ſterblich biſt: dieß heißt eigentlich, ein Menſch zu ſeyn. Klagſt du nun nicht, daß du ſterblich, mußt du billig auch ertragen, Daß ein Sterblicher auch ſtirbt. Wenn du dich unſterb. lich hielteſt, Wundert’ ich mich nicht daruͤber, daß du Angſt und Schrecken fuͤhlteſt
Bey
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Anleitung
„Dieſes, einzeln und vereint, wenn ich es zuſammen-
faſſe,
„Machet, daß ich vor dem Tode zittre, beb’, erſtarr’,
erblaſſe.
Biſt du mit deinem menſchlichen Stande
zufrieden, ſo mußt du auch ſterblich ſeyn,
und auch ſterben wollen.
A. Um auf dieſe deine Klagen,
Dir und andern gnug zu thun, muß ich dich
zuvoderſt fragen:
Red ich hier mit einem Menſchen, oder einem Engel?
ſprich.
B. „Allerdings mit einem Menſchen.“ A. Hoͤre!
Ferner frag ich dich:
Jſt dirs leid, daß du ein Menſch? biſt du nicht damit
zufrieden?
B. „Nein, es iſt mir gar nicht leid, daß mir dieſer
Stand beſchieden,
„Und ich bin es gar nicht ungern.“ A. Stimmſt du
damit uͤberein,
Freuſt du dich, daß du ein Menſch, kannſt du dich ja
nicht beklagen,
Daß du ſterblich biſt: dieß heißt eigentlich, ein Menſch
zu ſeyn.
Klagſt du nun nicht, daß du ſterblich, mußt du billig
auch ertragen,
Daß ein Sterblicher auch ſtirbt. Wenn du dich unſterb.
lich hielteſt,
Wundert’ ich mich nicht daruͤber, daß du Angſt und
Schrecken fuͤhlteſt
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/592>, abgerufen am 22.11.2024.
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