Bey der verderbten Phantasey, sagt man, mit Recht, von unsrer Erden: Sie sey ein Ort, wo, was man fürchtet, oft, selten, was man wünscht, geschicht. Wo mancher: ich war einsten glücklich! Ein groß Theil: glücklich werd' ich werden! Und keiner: ich bin glücklich! spricht.
Liest man vom menschlichen Verstande die Nachricht aus dem Alterthum, Jhr Philosophen dieser Zeit, o so erbebt für euren Ruhm!
Man hasse Laster, nicht die Menschen! Jch stimme dieser Wahrheit bey, Daß Menschen Hassen keine Tugend, wohl aber eine Krankheit sey.
Was ist der Sieg? was ein Triumph? Er ist, nach richtiger Erklärung, Ein frölichs Kind, wovon der Vater der Tod, die Mut- ter, die Verheerung.
Soll ich, von allen Menschen, einen, als recht und höchst beglückt betrachten; Muß solch ein Mensch die ganze Welt besitzen, oder sie verachten.
Was
M m
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Bey der verderbten Phantaſey, ſagt man, mit Recht, von unſrer Erden: Sie ſey ein Ort, wo, was man fuͤrchtet, oft, ſelten, was man wuͤnſcht, geſchicht. Wo mancher: ich war einſten gluͤcklich! Ein groß Theil: gluͤcklich werd’ ich werden! Und keiner: ich bin gluͤcklich! ſpricht.
Lieſt man vom menſchlichen Verſtande die Nachricht aus dem Alterthum, Jhr Philoſophen dieſer Zeit, o ſo erbebt fuͤr euren Ruhm!
Man haſſe Laſter, nicht die Menſchen! Jch ſtimme dieſer Wahrheit bey, Daß Menſchen Haſſen keine Tugend, wohl aber eine Krankheit ſey.
Was iſt der Sieg? was ein Triumph? Er iſt, nach richtiger Erklaͤrung, Ein froͤlichs Kind, wovon der Vater der Tod, die Mut- ter, die Verheerung.
Soll ich, von allen Menſchen, einen, als recht und hoͤchſt begluͤckt betrachten; Muß ſolch ein Menſch die ganze Welt beſitzen, oder ſie verachten.
Was
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Bey der verderbten Phantaſey, ſagt man, mit Recht,
von unſrer Erden:
Sie ſey ein Ort, wo, was man fuͤrchtet, oft, ſelten, was
man wuͤnſcht, geſchicht.
Wo mancher: ich war einſten gluͤcklich! Ein groß Theil:
gluͤcklich werd’ ich werden!
Und keiner: ich bin gluͤcklich! ſpricht.
Lieſt man vom menſchlichen Verſtande die Nachricht
aus dem Alterthum,
Jhr Philoſophen dieſer Zeit, o ſo erbebt fuͤr euren Ruhm!
Man haſſe Laſter, nicht die Menſchen! Jch ſtimme
dieſer Wahrheit bey,
Daß Menſchen Haſſen keine Tugend, wohl aber eine
Krankheit ſey.
Was iſt der Sieg? was ein Triumph? Er iſt, nach
richtiger Erklaͤrung,
Ein froͤlichs Kind, wovon der Vater der Tod, die Mut-
ter, die Verheerung.
Soll ich, von allen Menſchen, einen, als recht und
hoͤchſt begluͤckt betrachten;
Muß ſolch ein Menſch die ganze Welt beſitzen, oder ſie
verachten.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/565>, abgerufen am 23.06.2024.
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