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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

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Vermischte Gedichte

Und es begreift es leicht ein jeder,
Der göttlichen Oeconomie sey es gemäß und nicht zuwider,
Auch in der Aendrung sich zu zeigen, und alles immer
zu verbessern,

Und seine wunderbare Huld auch in der Aendrung
zu vergrößern.

Die Aenderung erstrecket sich auf Zeiten und Religio-
nen.

Es herrschten einmal in der Welt die Zeiten der Unwissenheit,
Es folgeten die Typischen, darauf kam die Erfüllungszeit.
Kann denn die Zeit der Besserung und der Erleuchtung
nicht erscheinen?

Mich deucht, es sey der Satz so billig, und wohl mit
Recht nicht zu verneinen,

Als es unwidersprechlich ist, daß, wie vortrefflich auch
die Lehren

Des Christenthums, dennoch das Leben der Christen
nicht zu loben sey:

Da leider! daß bey Heiden selbst von Lastern kaum
so vielerley,

Als wie bey Christen, anzutreffen, uns die Erfahrungen
bewehren.

Unmöglich ist es, aus dem Leben der meisten Christen zu er-
weisen,

Wie trefflich ihre Lehre sey. Wer weis, ob die Ver-
besserung

Der menschlichen Jdee von Gott, auch durch das Leben,
ihn zu preisen,

Die Sterblichen nicht bringen könne. Aufs wenigste
will ich es hoffen,

Und wünsch: es sey auch bald bey Christen die Zeit der
Beßrung eingetroffen.

Jch

Vermiſchte Gedichte

Und es begreift es leicht ein jeder,
Der goͤttlichen Oeconomie ſey es gemaͤß und nicht zuwider,
Auch in der Aendrung ſich zu zeigen, und alles immer
zu verbeſſern,

Und ſeine wunderbare Huld auch in der Aendrung
zu vergroͤßern.

Die Aenderung erſtrecket ſich auf Zeiten und Religio-
nen.

Es herrſchten einmal in der Welt die Zeiten der Unwiſſenheit,
Es folgeten die Typiſchen, darauf kam die Erfuͤllungszeit.
Kann denn die Zeit der Beſſerung und der Erleuchtung
nicht erſcheinen?

Mich deucht, es ſey der Satz ſo billig, und wohl mit
Recht nicht zu verneinen,

Als es unwiderſprechlich iſt, daß, wie vortrefflich auch
die Lehren

Des Chriſtenthums, dennoch das Leben der Chriſten
nicht zu loben ſey:

Da leider! daß bey Heiden ſelbſt von Laſtern kaum
ſo vielerley,

Als wie bey Chriſten, anzutreffen, uns die Erfahrungen
bewehren.

Unmoͤglich iſt es, aus dem Leben der meiſten Chriſten zu er-
weiſen,

Wie trefflich ihre Lehre ſey. Wer weis, ob die Ver-
beſſerung

Der menſchlichen Jdee von Gott, auch durch das Leben,
ihn zu preiſen,

Die Sterblichen nicht bringen koͤnne. Aufs wenigſte
will ich es hoffen,

Und wuͤnſch: es ſey auch bald bey Chriſten die Zeit der
Beßrung eingetroffen.

Jch
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[518/0538] Vermiſchte Gedichte Und es begreift es leicht ein jeder, Der goͤttlichen Oeconomie ſey es gemaͤß und nicht zuwider, Auch in der Aendrung ſich zu zeigen, und alles immer zu verbeſſern, Und ſeine wunderbare Huld auch in der Aendrung zu vergroͤßern. Die Aenderung erſtrecket ſich auf Zeiten und Religio- nen. Es herrſchten einmal in der Welt die Zeiten der Unwiſſenheit, Es folgeten die Typiſchen, darauf kam die Erfuͤllungszeit. Kann denn die Zeit der Beſſerung und der Erleuchtung nicht erſcheinen? Mich deucht, es ſey der Satz ſo billig, und wohl mit Recht nicht zu verneinen, Als es unwiderſprechlich iſt, daß, wie vortrefflich auch die Lehren Des Chriſtenthums, dennoch das Leben der Chriſten nicht zu loben ſey: Da leider! daß bey Heiden ſelbſt von Laſtern kaum ſo vielerley, Als wie bey Chriſten, anzutreffen, uns die Erfahrungen bewehren. Unmoͤglich iſt es, aus dem Leben der meiſten Chriſten zu er- weiſen, Wie trefflich ihre Lehre ſey. Wer weis, ob die Ver- beſſerung Der menſchlichen Jdee von Gott, auch durch das Leben, ihn zu preiſen, Die Sterblichen nicht bringen koͤnne. Aufs wenigſte will ich es hoffen, Und wuͤnſch: es ſey auch bald bey Chriſten die Zeit der Beßrung eingetroffen. Jch

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/538>, abgerufen am 22.11.2024.