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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

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zum irdischen Vergnügen in Gott.

Wenn man, von der mit Sonn- und Welten gefüllten
allgemeinen Welt,

Derselben Schöpfer und Erhalter, die Gottheit, für
die Seele hält.

Jch gebe zu: das wahre Wesen des Schöpfers Himmels
und der Erden

Könn' nie von endlichen Geschöpfen gefasset und begriffen
werden.

Die Ehrfurcht läßt nicht anders denken, als daß sein un-
durchdringlich Licht

Vollkommener und anders sey, als wie erschaffne Kreaturen
Von ihm zu denken fähig sind. Es scheint jedoch aus
seinen Spuren,

Den Menschenseelen, (deren Kraft und Wesen meist
darinn bestehet,

Sich geistge Bilder zu erzielen) erlaubt, von seiner
Herrlichkeit

Ein solches Bild sich vorzustellen, das seine Vollen-
kommenheit

Nach aller ihrer Kraft erhöhet,
Und das, so viel sie fassen kann, der Gottheit selber in der That
Nichts unanständigs in sich hat;
Vielmehr ihr einen Gegenstand, ihn zu verehren, giebt, wobey
Sie gleichsam selber sich erhebt, und daß sie unterschieden sey
Von allen andern Thieren, findet,
Ja worauf sie zugleich die Hoffnung von ihrer künftgen
Dauer gründet.

Du sprichst vielleicht: dieß ist was neues. Wer hat
die Gottheit so verehrt?

Von einer allgemeinen Seele des Ganzen wird ja nichts
gelehrt.

So höre, dieses hindert nicht! Es zeigt Vernunft und
die Erfahrung,

Es zeigt sogar die Offenbarung,

Und
K k 3

zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.

Wenn man, von der mit Sonn- und Welten gefuͤllten
allgemeinen Welt,

Derſelben Schoͤpfer und Erhalter, die Gottheit, fuͤr
die Seele haͤlt.

Jch gebe zu: das wahre Weſen des Schoͤpfers Himmels
und der Erden

Koͤnn’ nie von endlichen Geſchoͤpfen gefaſſet und begriffen
werden.

Die Ehrfurcht laͤßt nicht anders denken, als daß ſein un-
durchdringlich Licht

Vollkommener und anders ſey, als wie erſchaffne Kreaturen
Von ihm zu denken faͤhig ſind. Es ſcheint jedoch aus
ſeinen Spuren,

Den Menſchenſeelen, (deren Kraft und Weſen meiſt
darinn beſtehet,

Sich geiſtge Bilder zu erzielen) erlaubt, von ſeiner
Herrlichkeit

Ein ſolches Bild ſich vorzuſtellen, das ſeine Vollen-
kommenheit

Nach aller ihrer Kraft erhoͤhet,
Und das, ſo viel ſie faſſen kann, der Gottheit ſelber in der That
Nichts unanſtaͤndigs in ſich hat;
Vielmehr ihr einen Gegenſtand, ihn zu verehren, giebt, wobey
Sie gleichſam ſelber ſich erhebt, und daß ſie unterſchieden ſey
Von allen andern Thieren, findet,
Ja worauf ſie zugleich die Hoffnung von ihrer kuͤnftgen
Dauer gruͤndet.

Du ſprichſt vielleicht: dieß iſt was neues. Wer hat
die Gottheit ſo verehrt?

Von einer allgemeinen Seele des Ganzen wird ja nichts
gelehrt.

So hoͤre, dieſes hindert nicht! Es zeigt Vernunft und
die Erfahrung,

Es zeigt ſogar die Offenbarung,

Und
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[517/0537] zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Wenn man, von der mit Sonn- und Welten gefuͤllten allgemeinen Welt, Derſelben Schoͤpfer und Erhalter, die Gottheit, fuͤr die Seele haͤlt. Jch gebe zu: das wahre Weſen des Schoͤpfers Himmels und der Erden Koͤnn’ nie von endlichen Geſchoͤpfen gefaſſet und begriffen werden. Die Ehrfurcht laͤßt nicht anders denken, als daß ſein un- durchdringlich Licht Vollkommener und anders ſey, als wie erſchaffne Kreaturen Von ihm zu denken faͤhig ſind. Es ſcheint jedoch aus ſeinen Spuren, Den Menſchenſeelen, (deren Kraft und Weſen meiſt darinn beſtehet, Sich geiſtge Bilder zu erzielen) erlaubt, von ſeiner Herrlichkeit Ein ſolches Bild ſich vorzuſtellen, das ſeine Vollen- kommenheit Nach aller ihrer Kraft erhoͤhet, Und das, ſo viel ſie faſſen kann, der Gottheit ſelber in der That Nichts unanſtaͤndigs in ſich hat; Vielmehr ihr einen Gegenſtand, ihn zu verehren, giebt, wobey Sie gleichſam ſelber ſich erhebt, und daß ſie unterſchieden ſey Von allen andern Thieren, findet, Ja worauf ſie zugleich die Hoffnung von ihrer kuͤnftgen Dauer gruͤndet. Du ſprichſt vielleicht: dieß iſt was neues. Wer hat die Gottheit ſo verehrt? Von einer allgemeinen Seele des Ganzen wird ja nichts gelehrt. So hoͤre, dieſes hindert nicht! Es zeigt Vernunft und die Erfahrung, Es zeigt ſogar die Offenbarung, Und K k 3

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/537>, abgerufen am 03.05.2024.