Alles Sinnliche, worinn sie so viel Vergnügen funden, Jst dahin, und alle Lüste sind, als wie ein Nauch, verschwunden. Feruer, alles das, was sie, ihrem Geist zum Schmuck, erlesen, Höret auf, und alle Mühe, die sie, um mit ihm zu pran- gen, Sich auf dieser Welt gegeben, ist verlohrne Müh gewe- sen. Sinnreich scherzen, eitles Grübeln, alles ist nunmehr vergangen. Bildeten sie hier sich ein, Zum Regieren bloß gebohren, und, zum Herrschen, hier zu seyn, Hatten sie hier rings um ihnen Leute die dazu gemacht, und dazu erzeuget schienen, Jhren Geiz und ihren Lüsten, ihrem Eigensinn zu dienen; Dort verkennet sie ein jeder. Jhre Neigung, ihr Ver- langen, Und die heftigsten Begierden, deren hier so mancherley, Finden einen Widerstand, der, indem er ihnen neu, Desto unerträglicher; alles was er hier empfangen, Alles Gute, das der Mensch hier auf dieser Welt genos- sen, Alle Lüste, die ihm hier aus dergleichen Gut entsprossen, Alles ist nun nicht mehr da, so daß ihn ein Durst be- schwert, Welcher ihm mit strenger Hitze fast sein Jnnerstes ver- zehrt. Da der Arme gegentheils bey dem glücklichen Erblassen, Statt Bequemlichkeit und Wollust und sein Glücke zu verlassen,
Nichts
Vermiſchte Gedichte
Alles Sinnliche, worinn ſie ſo viel Vergnuͤgen funden, Jſt dahin, und alle Luͤſte ſind, als wie ein Nauch, verſchwunden. Feruer, alles das, was ſie, ihrem Geiſt zum Schmuck, erleſen, Hoͤret auf, und alle Muͤhe, die ſie, um mit ihm zu pran- gen, Sich auf dieſer Welt gegeben, iſt verlohrne Muͤh gewe- ſen. Sinnreich ſcherzen, eitles Gruͤbeln, alles iſt nunmehr vergangen. Bildeten ſie hier ſich ein, Zum Regieren bloß gebohren, und, zum Herrſchen, hier zu ſeyn, Hatten ſie hier rings um ihnen Leute die dazu gemacht, und dazu erzeuget ſchienen, Jhren Geiz und ihren Luͤſten, ihrem Eigenſinn zu dienen; Dort verkennet ſie ein jeder. Jhre Neigung, ihr Ver- langen, Und die heftigſten Begierden, deren hier ſo mancherley, Finden einen Widerſtand, der, indem er ihnen neu, Deſto unertraͤglicher; alles was er hier empfangen, Alles Gute, das der Menſch hier auf dieſer Welt genoſ- ſen, Alle Luͤſte, die ihm hier aus dergleichen Gut entſproſſen, Alles iſt nun nicht mehr da, ſo daß ihn ein Durſt be- ſchwert, Welcher ihm mit ſtrenger Hitze faſt ſein Jnnerſtes ver- zehrt. Da der Arme gegentheils bey dem gluͤcklichen Erblaſſen, Statt Bequemlichkeit und Wolluſt und ſein Gluͤcke zu verlaſſen,
Nichts
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Vermiſchte Gedichte
Alles Sinnliche, worinn ſie ſo viel Vergnuͤgen funden,
Jſt dahin, und alle Luͤſte ſind, als wie ein Nauch,
verſchwunden.
Feruer, alles das, was ſie, ihrem Geiſt zum Schmuck,
erleſen,
Hoͤret auf, und alle Muͤhe, die ſie, um mit ihm zu pran-
gen,
Sich auf dieſer Welt gegeben, iſt verlohrne Muͤh gewe-
ſen.
Sinnreich ſcherzen, eitles Gruͤbeln, alles iſt nunmehr
vergangen.
Bildeten ſie hier ſich ein,
Zum Regieren bloß gebohren, und, zum Herrſchen, hier
zu ſeyn,
Hatten ſie hier rings um ihnen
Leute die dazu gemacht, und dazu erzeuget ſchienen,
Jhren Geiz und ihren Luͤſten, ihrem Eigenſinn zu dienen;
Dort verkennet ſie ein jeder. Jhre Neigung, ihr Ver-
langen,
Und die heftigſten Begierden, deren hier ſo mancherley,
Finden einen Widerſtand, der, indem er ihnen neu,
Deſto unertraͤglicher; alles was er hier empfangen,
Alles Gute, das der Menſch hier auf dieſer Welt genoſ-
ſen,
Alle Luͤſte, die ihm hier aus dergleichen Gut entſproſſen,
Alles iſt nun nicht mehr da, ſo daß ihn ein Durſt be-
ſchwert,
Welcher ihm mit ſtrenger Hitze faſt ſein Jnnerſtes ver-
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Da der Arme gegentheils bey dem gluͤcklichen Erblaſſen,
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/516>, abgerufen am 22.11.2024.
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