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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

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über das Reich der Thiere.
Von der Gesellschaft, von der Freundschaft, und von
der Treu ein Bild zu seyn,

Er hütet, was man ihm vertraut: recht auf verwunder-
liche Weise

Erhascht er, für den Menschen nur, mit Müh' im Ja-
gen Wild zur Speise,

Ohn etwas für sich zu verlangen. Nebst vielen andern
ist das Pferd,

Als wie ein göttliches Geschenk für Menschen, anzusehen
werth;

Es scheint, uns sey ein Pferd, um Lasten, die uns sonst
viel zu schwer, im Leben

Uns zu erleichtern, fortzubringen, und uns zu tragen,
nur gegeben;

Was giebt es uns, auf unsern Reisen, zum Fuhrwerk,
Handlung, Pracht, im Streit

Für mannichfachen Nutzen, Schutz, Befördrung und
Bequemlichkeit!

Der Ochs hat Sanftmuth nebst der Stärke, daß, durch
sein schwer und mühsam Pflügen,

Wir unser Brodt aus den von ihm gezognen tiefen
Furchen kriegen.

Die Kühe lassen süße Bäche von fetter Milch für uns er-
gießen,

Jn welcher wir Rohm, Butter, Käse, zum Trank und
auch zur Kost genießen.

Die Schafe, die auf gleiche Weise mit Milch und Käsen
uns ernähren,

Verjüngen jährlich ihre Wolle, und lassen sich für uns
nur scheren.

Die Ziegen schenken uns ihr Haar, das uns, nicht ihnen,
Nutzen bringt,
Und
Q 2
uͤber das Reich der Thiere.
Von der Geſellſchaft, von der Freundſchaft, und von
der Treu ein Bild zu ſeyn,

Er huͤtet, was man ihm vertraut: recht auf verwunder-
liche Weiſe

Erhaſcht er, fuͤr den Menſchen nur, mit Muͤh’ im Ja-
gen Wild zur Speiſe,

Ohn etwas fuͤr ſich zu verlangen. Nebſt vielen andern
iſt das Pferd,

Als wie ein goͤttliches Geſchenk fuͤr Menſchen, anzuſehen
werth;

Es ſcheint, uns ſey ein Pferd, um Laſten, die uns ſonſt
viel zu ſchwer, im Leben

Uns zu erleichtern, fortzubringen, und uns zu tragen,
nur gegeben;

Was giebt es uns, auf unſern Reiſen, zum Fuhrwerk,
Handlung, Pracht, im Streit

Fuͤr mannichfachen Nutzen, Schutz, Befoͤrdrung und
Bequemlichkeit!

Der Ochs hat Sanftmuth nebſt der Staͤrke, daß, durch
ſein ſchwer und muͤhſam Pfluͤgen,

Wir unſer Brodt aus den von ihm gezognen tiefen
Furchen kriegen.

Die Kuͤhe laſſen ſuͤße Baͤche von fetter Milch fuͤr uns er-
gießen,

Jn welcher wir Rohm, Butter, Kaͤſe, zum Trank und
auch zur Koſt genießen.

Die Schafe, die auf gleiche Weiſe mit Milch und Kaͤſen
uns ernaͤhren,

Verjuͤngen jaͤhrlich ihre Wolle, und laſſen ſich fuͤr uns
nur ſcheren.

Die Ziegen ſchenken uns ihr Haar, das uns, nicht ihnen,
Nutzen bringt,
Und
Q 2
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[243/0263] uͤber das Reich der Thiere. Von der Geſellſchaft, von der Freundſchaft, und von der Treu ein Bild zu ſeyn, Er huͤtet, was man ihm vertraut: recht auf verwunder- liche Weiſe Erhaſcht er, fuͤr den Menſchen nur, mit Muͤh’ im Ja- gen Wild zur Speiſe, Ohn etwas fuͤr ſich zu verlangen. Nebſt vielen andern iſt das Pferd, Als wie ein goͤttliches Geſchenk fuͤr Menſchen, anzuſehen werth; Es ſcheint, uns ſey ein Pferd, um Laſten, die uns ſonſt viel zu ſchwer, im Leben Uns zu erleichtern, fortzubringen, und uns zu tragen, nur gegeben; Was giebt es uns, auf unſern Reiſen, zum Fuhrwerk, Handlung, Pracht, im Streit Fuͤr mannichfachen Nutzen, Schutz, Befoͤrdrung und Bequemlichkeit! Der Ochs hat Sanftmuth nebſt der Staͤrke, daß, durch ſein ſchwer und muͤhſam Pfluͤgen, Wir unſer Brodt aus den von ihm gezognen tiefen Furchen kriegen. Die Kuͤhe laſſen ſuͤße Baͤche von fetter Milch fuͤr uns er- gießen, Jn welcher wir Rohm, Butter, Kaͤſe, zum Trank und auch zur Koſt genießen. Die Schafe, die auf gleiche Weiſe mit Milch und Kaͤſen uns ernaͤhren, Verjuͤngen jaͤhrlich ihre Wolle, und laſſen ſich fuͤr uns nur ſcheren. Die Ziegen ſchenken uns ihr Haar, das uns, nicht ihnen, Nutzen bringt, Und Q 2

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/263>, abgerufen am 22.11.2024.