Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
über das Reich der Thiere.
So wie wir nun von selbst entweder, wie oder auch vom
Licht, vom Schall,

Von Reiben, Rupfen, Stoßen, Schlagen, von Krank-
heit oder auch von Pein,

Von Pressung inn- und äuß'rer Sinnen vom Schlafe zu
erwecken seyn:

So macht und mehret unsern Schlaf Mah, Opium, vom
Wasserfall

Und Wind ein sausendes Geräusch, Musik, Tobak, ein
sanftes Wiegen,

Viel Arbeit, Fasten, Schweiß, Studieren, zusammt der
Stille dunkler Nacht,

Vor allen aber die Gewohnheit, so daß man nicht so leicht
erwacht,

Und wir dadurch theils früher schlafen, theils länger in
der Ruhe liegen.

Nun müssen wir mit wenigem von unserm Schlaf noch
dieses sehn,

Daß aller sinnlichen Bewegung Verrichtungen nicht stil-
le stehn.

Es hört die Däuung in dem Magen, des Herzens Puls-
schlag auch nicht auf,

Auch bleibt die Scheidung vieler Säfte, des regen Blu-
tes Zirkellauf,

Das Athemholen, kurz das Regen der Kräfte, die nicht
eigentlich

Von unserm Geist regieret werden. Ja oftermalen stel-
len sich

Auch Geistigkeiten, welche sinnlich, und die wir, weil wir
sie nicht kennen,

Gemeiniglich die thierische und Mittelgeistigkeiten nennen,
Mit vormals eingenommnen Bildern, die einzeln auch ge-
füget seyn,
Jm
O 5
uͤber das Reich der Thiere.
So wie wir nun von ſelbſt entweder, wie oder auch vom
Licht, vom Schall,

Von Reiben, Rupfen, Stoßen, Schlagen, von Krank-
heit oder auch von Pein,

Von Preſſung inn- und aͤuß’rer Sinnen vom Schlafe zu
erwecken ſeyn:

So macht und mehret unſern Schlaf Mah, Opium, vom
Waſſerfall

Und Wind ein ſauſendes Geraͤuſch, Muſik, Tobak, ein
ſanftes Wiegen,

Viel Arbeit, Faſten, Schweiß, Studieren, zuſammt der
Stille dunkler Nacht,

Vor allen aber die Gewohnheit, ſo daß man nicht ſo leicht
erwacht,

Und wir dadurch theils fruͤher ſchlafen, theils laͤnger in
der Ruhe liegen.

Nun muͤſſen wir mit wenigem von unſerm Schlaf noch
dieſes ſehn,

Daß aller ſinnlichen Bewegung Verrichtungen nicht ſtil-
le ſtehn.

Es hoͤrt die Daͤuung in dem Magen, des Herzens Puls-
ſchlag auch nicht auf,

Auch bleibt die Scheidung vieler Saͤfte, des regen Blu-
tes Zirkellauf,

Das Athemholen, kurz das Regen der Kraͤfte, die nicht
eigentlich

Von unſerm Geiſt regieret werden. Ja oftermalen ſtel-
len ſich

Auch Geiſtigkeiten, welche ſinnlich, und die wir, weil wir
ſie nicht kennen,

Gemeiniglich die thieriſche und Mittelgeiſtigkeiten nennen,
Mit vormals eingenommnen Bildern, die einzeln auch ge-
fuͤget ſeyn,
Jm
O 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0237" n="217"/>
          <fw place="top" type="header">u&#x0364;ber das Reich der Thiere.</fw><lb/>
          <lg n="39">
            <l>So wie wir nun von &#x017F;elb&#x017F;t entweder, wie oder auch vom<lb/><hi rendition="#et">Licht, vom Schall,</hi></l><lb/>
            <l>Von Reiben, Rupfen, Stoßen, Schlagen, von Krank-<lb/><hi rendition="#et">heit oder auch von Pein,</hi></l><lb/>
            <l>Von Pre&#x017F;&#x017F;ung inn- und a&#x0364;&#x2019;rer Sinnen vom Schlafe zu<lb/><hi rendition="#et">erwecken &#x017F;eyn:</hi></l><lb/>
            <l>So macht und mehret un&#x017F;ern Schlaf Mah, Opium, vom<lb/><hi rendition="#et">Wa&#x017F;&#x017F;erfall</hi></l><lb/>
            <l>Und Wind ein &#x017F;au&#x017F;endes Gera&#x0364;u&#x017F;ch, Mu&#x017F;ik, Tobak, ein<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;anftes Wiegen,</hi></l><lb/>
            <l>Viel Arbeit, Fa&#x017F;ten, Schweiß, Studieren, zu&#x017F;ammt der<lb/><hi rendition="#et">Stille dunkler Nacht,</hi></l><lb/>
            <l>Vor allen aber die Gewohnheit, &#x017F;o daß man nicht &#x017F;o leicht<lb/><hi rendition="#et">erwacht,</hi></l><lb/>
            <l>Und wir dadurch theils fru&#x0364;her &#x017F;chlafen, theils la&#x0364;nger in<lb/><hi rendition="#et">der Ruhe liegen.</hi></l><lb/>
            <l>Nun mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir mit wenigem von un&#x017F;erm Schlaf noch<lb/><hi rendition="#et">die&#x017F;es &#x017F;ehn,</hi></l><lb/>
            <l>Daß aller &#x017F;innlichen Bewegung Verrichtungen nicht &#x017F;til-<lb/><hi rendition="#et">le &#x017F;tehn.</hi></l><lb/>
            <l>Es ho&#x0364;rt die Da&#x0364;uung in dem Magen, des Herzens Puls-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chlag auch nicht auf,</hi></l><lb/>
            <l>Auch bleibt die Scheidung vieler Sa&#x0364;fte, des regen Blu-<lb/><hi rendition="#et">tes Zirkellauf,</hi></l><lb/>
            <l>Das Athemholen, kurz das Regen der Kra&#x0364;fte, die nicht<lb/><hi rendition="#et">eigentlich</hi></l><lb/>
            <l>Von un&#x017F;erm Gei&#x017F;t regieret werden. Ja oftermalen &#x017F;tel-<lb/><hi rendition="#et">len &#x017F;ich</hi></l><lb/>
            <l>Auch Gei&#x017F;tigkeiten, welche &#x017F;innlich, und die wir, weil wir<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ie nicht kennen,</hi></l><lb/>
            <l>Gemeiniglich die thieri&#x017F;che und Mittelgei&#x017F;tigkeiten nennen,</l><lb/>
            <l>Mit vormals eingenommnen Bildern, die einzeln auch ge-<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;get &#x017F;eyn,</hi></l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">O 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Jm</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0237] uͤber das Reich der Thiere. So wie wir nun von ſelbſt entweder, wie oder auch vom Licht, vom Schall, Von Reiben, Rupfen, Stoßen, Schlagen, von Krank- heit oder auch von Pein, Von Preſſung inn- und aͤuß’rer Sinnen vom Schlafe zu erwecken ſeyn: So macht und mehret unſern Schlaf Mah, Opium, vom Waſſerfall Und Wind ein ſauſendes Geraͤuſch, Muſik, Tobak, ein ſanftes Wiegen, Viel Arbeit, Faſten, Schweiß, Studieren, zuſammt der Stille dunkler Nacht, Vor allen aber die Gewohnheit, ſo daß man nicht ſo leicht erwacht, Und wir dadurch theils fruͤher ſchlafen, theils laͤnger in der Ruhe liegen. Nun muͤſſen wir mit wenigem von unſerm Schlaf noch dieſes ſehn, Daß aller ſinnlichen Bewegung Verrichtungen nicht ſtil- le ſtehn. Es hoͤrt die Daͤuung in dem Magen, des Herzens Puls- ſchlag auch nicht auf, Auch bleibt die Scheidung vieler Saͤfte, des regen Blu- tes Zirkellauf, Das Athemholen, kurz das Regen der Kraͤfte, die nicht eigentlich Von unſerm Geiſt regieret werden. Ja oftermalen ſtel- len ſich Auch Geiſtigkeiten, welche ſinnlich, und die wir, weil wir ſie nicht kennen, Gemeiniglich die thieriſche und Mittelgeiſtigkeiten nennen, Mit vormals eingenommnen Bildern, die einzeln auch ge- fuͤget ſeyn, Jm O 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/237
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/237>, abgerufen am 26.04.2024.