Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtungen
Das Herz, das Hauptrad der Bewegung, zum Druck
so nöthig und so nütze,

Jst eine künstlich unbegreiflich und wunderbar formirte
Sprütze,

An welcher (nebst zwo holen Kammern, zwey Oehrlein,
Fallen, die dem Zeichen

Des halben Monds und Bischofskappen mit dreyen Spi-
tzen, völlig gleichen)

Sehr ordentlich gedrehte Mäuslein in großer Menge sich
verbinden.

Solch über Wunder künstlich Werkzeug nun zu formi-
ren, zu erfinden,

Jst bloß allein ein Werk der Weisheit und einer unum-
schränkten Macht.

Denn welcher Geist hat irgend eine so künstliche Ma-
schin' erdacht?
Daß wir nun selbst nicht Herren wären von unserm
Sterben oder Leben;

Hat unser Schöpfer unsrer Seelen darüber keine Macht
gegeben,

Wodurch zugleich derselben Schwäche, daß sie sich nicht
kann selbst formiren,

Als auch ein größ- und höhers Wesen, das außer uns,
sehr klar zu spüren.

Des Blutes Kreisbewegung nun noch zu befördern,
dient die Kraft

Und Zustand der Arterien sehr viel, indem sie vom Ge-
blüt,

Gedehnt durch eigne Spannungstriebe, sich wiederum
zusammenzieht,

Und dadurch den in ihren Röhren vorhandnen rothen Le-
benssaft
Be-
Betrachtungen
Das Herz, das Hauptrad der Bewegung, zum Druck
ſo noͤthig und ſo nuͤtze,

Jſt eine kuͤnſtlich unbegreiflich und wunderbar formirte
Spruͤtze,

An welcher (nebſt zwo holen Kammern, zwey Oehrlein,
Fallen, die dem Zeichen

Des halben Monds und Biſchofskappen mit dreyen Spi-
tzen, voͤllig gleichen)

Sehr ordentlich gedrehte Maͤuslein in großer Menge ſich
verbinden.

Solch uͤber Wunder kuͤnſtlich Werkzeug nun zu formi-
ren, zu erfinden,

Jſt bloß allein ein Werk der Weisheit und einer unum-
ſchraͤnkten Macht.

Denn welcher Geiſt hat irgend eine ſo kuͤnſtliche Ma-
ſchin’ erdacht?
Daß wir nun ſelbſt nicht Herren waͤren von unſerm
Sterben oder Leben;

Hat unſer Schoͤpfer unſrer Seelen daruͤber keine Macht
gegeben,

Wodurch zugleich derſelben Schwaͤche, daß ſie ſich nicht
kann ſelbſt formiren,

Als auch ein groͤß- und hoͤhers Weſen, das außer uns,
ſehr klar zu ſpuͤren.

Des Blutes Kreisbewegung nun noch zu befoͤrdern,
dient die Kraft

Und Zuſtand der Arterien ſehr viel, indem ſie vom Ge-
bluͤt,

Gedehnt durch eigne Spannungstriebe, ſich wiederum
zuſammenzieht,

Und dadurch den in ihren Roͤhren vorhandnen rothen Le-
bensſaft
Be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0224" n="204"/>
          <fw place="top" type="header">Betrachtungen</fw><lb/>
          <lg n="10">
            <l>Das Herz, das Hauptrad der Bewegung, zum Druck<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;o no&#x0364;thig und &#x017F;o nu&#x0364;tze,</hi></l><lb/>
            <l>J&#x017F;t eine ku&#x0364;n&#x017F;tlich unbegreiflich und wunderbar formirte<lb/><hi rendition="#et">Spru&#x0364;tze,</hi></l><lb/>
            <l>An welcher (neb&#x017F;t zwo holen Kammern, zwey Oehrlein,<lb/><hi rendition="#et">Fallen, die dem Zeichen</hi></l><lb/>
            <l>Des halben Monds und Bi&#x017F;chofskappen mit dreyen Spi-<lb/><hi rendition="#et">tzen, vo&#x0364;llig gleichen)</hi></l><lb/>
            <l>Sehr ordentlich gedrehte Ma&#x0364;uslein in großer Menge &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">verbinden.</hi></l><lb/>
            <l>Solch u&#x0364;ber Wunder ku&#x0364;n&#x017F;tlich Werkzeug nun zu formi-<lb/><hi rendition="#et">ren, zu erfinden,</hi></l><lb/>
            <l>J&#x017F;t bloß allein ein Werk der Weisheit und einer unum-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chra&#x0364;nkten Macht.</hi></l><lb/>
            <l>Denn welcher Gei&#x017F;t hat irgend eine &#x017F;o ku&#x0364;n&#x017F;tliche Ma-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chin&#x2019; erdacht?</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="11">
            <l>Daß wir nun &#x017F;elb&#x017F;t nicht Herren wa&#x0364;ren von un&#x017F;erm<lb/><hi rendition="#et">Sterben oder Leben;</hi></l><lb/>
            <l>Hat un&#x017F;er Scho&#x0364;pfer un&#x017F;rer Seelen daru&#x0364;ber keine Macht<lb/><hi rendition="#et">gegeben,</hi></l><lb/>
            <l>Wodurch zugleich der&#x017F;elben Schwa&#x0364;che, daß &#x017F;ie &#x017F;ich nicht<lb/><hi rendition="#et">kann &#x017F;elb&#x017F;t formiren,</hi></l><lb/>
            <l>Als auch ein gro&#x0364;ß- und ho&#x0364;hers We&#x017F;en, das außer uns,<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ehr klar zu &#x017F;pu&#x0364;ren.</hi></l><lb/>
            <l>Des Blutes Kreisbewegung nun noch zu befo&#x0364;rdern,<lb/><hi rendition="#et">dient die Kraft</hi></l><lb/>
            <l>Und Zu&#x017F;tand der Arterien &#x017F;ehr viel, indem &#x017F;ie vom Ge-<lb/><hi rendition="#et">blu&#x0364;t,</hi></l><lb/>
            <l>Gedehnt durch eigne Spannungstriebe, &#x017F;ich wiederum<lb/><hi rendition="#et">zu&#x017F;ammenzieht,</hi></l><lb/>
            <l>Und dadurch den in ihren Ro&#x0364;hren vorhandnen rothen Le-<lb/><hi rendition="#et">bens&#x017F;aft</hi></l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Be-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0224] Betrachtungen Das Herz, das Hauptrad der Bewegung, zum Druck ſo noͤthig und ſo nuͤtze, Jſt eine kuͤnſtlich unbegreiflich und wunderbar formirte Spruͤtze, An welcher (nebſt zwo holen Kammern, zwey Oehrlein, Fallen, die dem Zeichen Des halben Monds und Biſchofskappen mit dreyen Spi- tzen, voͤllig gleichen) Sehr ordentlich gedrehte Maͤuslein in großer Menge ſich verbinden. Solch uͤber Wunder kuͤnſtlich Werkzeug nun zu formi- ren, zu erfinden, Jſt bloß allein ein Werk der Weisheit und einer unum- ſchraͤnkten Macht. Denn welcher Geiſt hat irgend eine ſo kuͤnſtliche Ma- ſchin’ erdacht? Daß wir nun ſelbſt nicht Herren waͤren von unſerm Sterben oder Leben; Hat unſer Schoͤpfer unſrer Seelen daruͤber keine Macht gegeben, Wodurch zugleich derſelben Schwaͤche, daß ſie ſich nicht kann ſelbſt formiren, Als auch ein groͤß- und hoͤhers Weſen, das außer uns, ſehr klar zu ſpuͤren. Des Blutes Kreisbewegung nun noch zu befoͤrdern, dient die Kraft Und Zuſtand der Arterien ſehr viel, indem ſie vom Ge- bluͤt, Gedehnt durch eigne Spannungstriebe, ſich wiederum zuſammenzieht, Und dadurch den in ihren Roͤhren vorhandnen rothen Le- bensſaft Be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/224
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/224>, abgerufen am 23.11.2024.