Diese Decken sind getheilet, Daß, wenn ihre zarte Frucht Allgemählig vorwerts eilet Und sich zu vergrößern sucht, Sie ihr leichtlich weichen können, Um den Durchgang ihr zu gönnen. Ach, es sehe jedermann Dieß doch als ein Wunder an!
Seht, wie sie geordnet sitzen: Jede öffnet dreyfach sich, Und formirt dadurch drey Ritzen, Welche sich gemeinschaftlich Durch drey andre Blätter schließen, Die bloß desfalls da entsprießen. Wo nun die geöffnet stehn, Sind noch andre drey zu sehn.
Man trifft öffters neun dergleichen Zarte Häut' an Knospen an, Daß der Frost durch sie nicht streichen Und die Frucht versehren kann. Welche Weisheit, vor Gefahren Sie so künstlich zu verwahren! Atheiste, schau hieher! Kömmt auch dieß von ungefähr?
Wenn wir auf ihr Jnnres achten, Finden wir, wie zart und klein, Da wir sie genau betrachten, Sie auch anzusehen seyn; Daß es wirklich kleine Sprossen, Die daselbst noch eingeschlossen. Jede hegt verborgentlich Blätter, Zweig' und Frücht' in sich.
Wie
Betrachtungen
Dieſe Decken ſind getheilet, Daß, wenn ihre zarte Frucht Allgemaͤhlig vorwerts eilet Und ſich zu vergroͤßern ſucht, Sie ihr leichtlich weichen koͤnnen, Um den Durchgang ihr zu goͤnnen. Ach, es ſehe jedermann Dieß doch als ein Wunder an!
Seht, wie ſie geordnet ſitzen: Jede oͤffnet dreyfach ſich, Und formirt dadurch drey Ritzen, Welche ſich gemeinſchaftlich Durch drey andre Blaͤtter ſchließen, Die bloß desfalls da entſprießen. Wo nun die geoͤffnet ſtehn, Sind noch andre drey zu ſehn.
Man trifft oͤffters neun dergleichen Zarte Haͤut’ an Knoſpen an, Daß der Froſt durch ſie nicht ſtreichen Und die Frucht verſehren kann. Welche Weisheit, vor Gefahren Sie ſo kuͤnſtlich zu verwahren! Atheiſte, ſchau hieher! Koͤmmt auch dieß von ungefaͤhr?
Wenn wir auf ihr Jnnres achten, Finden wir, wie zart und klein, Da wir ſie genau betrachten, Sie auch anzuſehen ſeyn; Daß es wirklich kleine Sproſſen, Die daſelbſt noch eingeſchloſſen. Jede hegt verborgentlich Blaͤtter, Zweig’ und Fruͤcht’ in ſich.
Wie
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Betrachtungen
Dieſe Decken ſind getheilet,
Daß, wenn ihre zarte Frucht
Allgemaͤhlig vorwerts eilet
Und ſich zu vergroͤßern ſucht,
Sie ihr leichtlich weichen koͤnnen,
Um den Durchgang ihr zu goͤnnen.
Ach, es ſehe jedermann
Dieß doch als ein Wunder an!
Seht, wie ſie geordnet ſitzen:
Jede oͤffnet dreyfach ſich,
Und formirt dadurch drey Ritzen,
Welche ſich gemeinſchaftlich
Durch drey andre Blaͤtter ſchließen,
Die bloß desfalls da entſprießen.
Wo nun die geoͤffnet ſtehn,
Sind noch andre drey zu ſehn.
Man trifft oͤffters neun dergleichen
Zarte Haͤut’ an Knoſpen an,
Daß der Froſt durch ſie nicht ſtreichen
Und die Frucht verſehren kann.
Welche Weisheit, vor Gefahren
Sie ſo kuͤnſtlich zu verwahren!
Atheiſte, ſchau hieher!
Koͤmmt auch dieß von ungefaͤhr?
Wenn wir auf ihr Jnnres achten,
Finden wir, wie zart und klein,
Da wir ſie genau betrachten,
Sie auch anzuſehen ſeyn;
Daß es wirklich kleine Sproſſen,
Die daſelbſt noch eingeſchloſſen.
Jede hegt verborgentlich
Blaͤtter, Zweig’ und Fruͤcht’ in ſich.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/126>, abgerufen am 16.02.2025.
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