Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Päonien.
Daher, wenn sie kaum aufgeblüht,
Zur Probe, daß sie uns nicht lang' ergetzen werde,
Man, unter ihrem Busch, oft auf der Erde
Schon abgefallne Blätter sieht;
Als wollte sie dadurch, in überführnden Lehren,
Uns ihre kurze Daur erklären.
Es scheint, als ob sie uns noch mehr, als sich,
beklagte,

Und daß sie dieß, in ihrer Sprache, sagte:
Schau, lieber Mensch, noch einmal nach mir her!
Denn morgen siehst du mich nicht mehr.
Vermuthlich welkt schon morgen unser Prangen;
Vielleicht bist du, nebst uns, selbst morgen schon,
vergangen.


Schön-
E 4
Die Paͤonien.
Daher, wenn ſie kaum aufgebluͤht,
Zur Probe, daß ſie uns nicht lang’ ergetzen werde,
Man, unter ihrem Buſch, oft auf der Erde
Schon abgefallne Blaͤtter ſieht;
Als wollte ſie dadurch, in uͤberfuͤhrnden Lehren,
Uns ihre kurze Daur erklaͤren.
Es ſcheint, als ob ſie uns noch mehr, als ſich,
beklagte,

Und daß ſie dieß, in ihrer Sprache, ſagte:
Schau, lieber Menſch, noch einmal nach mir her!
Denn morgen ſiehſt du mich nicht mehr.
Vermuthlich welkt ſchon morgen unſer Prangen;
Vielleicht biſt du, nebſt uns, ſelbſt morgen ſchon,
vergangen.


Schoͤn-
E 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0085" n="71"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Pa&#x0364;onien.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Daher, wenn &#x017F;ie kaum aufgeblu&#x0364;ht,</l><lb/>
                <l>Zur Probe, daß &#x017F;ie uns nicht lang&#x2019; ergetzen werde,</l><lb/>
                <l>Man, unter ihrem Bu&#x017F;ch, oft auf der Erde</l><lb/>
                <l>Schon abgefallne Bla&#x0364;tter &#x017F;ieht;</l><lb/>
                <l>Als wollte &#x017F;ie dadurch, in u&#x0364;berfu&#x0364;hrnden Lehren,</l><lb/>
                <l>Uns ihre kurze Daur erkla&#x0364;ren.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="7">
                <l>Es &#x017F;cheint, als ob &#x017F;ie uns noch mehr, als &#x017F;ich,<lb/><hi rendition="#et">beklagte,</hi></l><lb/>
                <l>Und daß &#x017F;ie dieß, in ihrer Sprache, &#x017F;agte:</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#fr">Schau, lieber Men&#x017F;ch, noch einmal nach mir her!</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#fr">Denn morgen &#x017F;ieh&#x017F;t du mich nicht mehr.</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#fr">Vermuthlich welkt &#x017F;chon morgen un&#x017F;er Prangen;</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#fr">Vielleicht bi&#x017F;t du, neb&#x017F;t uns, &#x017F;elb&#x017F;t morgen &#x017F;chon,</hi> </l><lb/>
                <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">vergangen.</hi> </hi> </l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">E 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Scho&#x0364;n-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0085] Die Paͤonien. Daher, wenn ſie kaum aufgebluͤht, Zur Probe, daß ſie uns nicht lang’ ergetzen werde, Man, unter ihrem Buſch, oft auf der Erde Schon abgefallne Blaͤtter ſieht; Als wollte ſie dadurch, in uͤberfuͤhrnden Lehren, Uns ihre kurze Daur erklaͤren. Es ſcheint, als ob ſie uns noch mehr, als ſich, beklagte, Und daß ſie dieß, in ihrer Sprache, ſagte: Schau, lieber Menſch, noch einmal nach mir her! Denn morgen ſiehſt du mich nicht mehr. Vermuthlich welkt ſchon morgen unſer Prangen; Vielleicht biſt du, nebſt uns, ſelbſt morgen ſchon, vergangen. Schoͤn- E 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/85
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/85>, abgerufen am 23.11.2024.