Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Eine Lehr-reiche Geschichte.
Weht und blaset, Seinen Ruhm! Auch ihr Fichten, nebst
dem Heer

Aller Pflanzen, die, durch sie, eure Wipfel oft beweget,
Bieget euer Haupt, zum Zeichen eurer Demuth, Jhm zur
Ehr!

Auch ihr Brunnen, die ihr wirbelnd fließt, und ein Ge-
räusch erreget,

Welches sanft und lieblich klingt, rauscht und wirbelt Jhm
zum Preise!

Alle Seelen, die ihr lebt! Vögel, die ihr steigt im
Singen,

Traget Seinen Ruhm empor, so im Ton, als auf den
Schwingen!

Jhr, die ihr in Wassern glitscht! Jhr, die auf dem Er-
den-Kreise

Prächtig tretet, oder kriechet, zeuget, ob, so früh als spat,
Meine Zunge, Hügel, Thäler, Brunnen, oder frische
Schatten,

Gott zu rühmen, zu beehren, einmal wol geschwiegen
hat,

Die mein stetiger Gesang, als womit sie stets sich gatten,
So zum Klang als Wiederhall Seines Ruhms geschickt
gemacht.

Dir, allgegenwärt'ger Herr! sey mein Morgen-Gruß
gebracht!

Ach! erbarme Dich, gieb uns, ew'ge Güte, nichts als
Gutes.

Wo die Nacht auch etwas Böses hätt' erzeuget und ver-
borgen;

So vertilg es, wie die Schatten jetzt vertilgt der helle
Morgen.
Nachher,
Eine Lehr-reiche Geſchichte.
Weht und blaſet, Seinen Ruhm! Auch ihr Fichten, nebſt
dem Heer

Aller Pflanzen, die, durch ſie, eure Wipfel oft beweget,
Bieget euer Haupt, zum Zeichen eurer Demuth, Jhm zur
Ehr!

Auch ihr Brunnen, die ihr wirbelnd fließt, und ein Ge-
raͤuſch erreget,

Welches ſanft und lieblich klingt, rauſcht und wirbelt Jhm
zum Preiſe!

Alle Seelen, die ihr lebt! Voͤgel, die ihr ſteigt im
Singen,

Traget Seinen Ruhm empor, ſo im Ton, als auf den
Schwingen!

Jhr, die ihr in Waſſern glitſcht! Jhr, die auf dem Er-
den-Kreiſe

Praͤchtig tretet, oder kriechet, zeuget, ob, ſo fruͤh als ſpat,
Meine Zunge, Huͤgel, Thaͤler, Brunnen, oder friſche
Schatten,

Gott zu ruͤhmen, zu beehren, einmal wol geſchwiegen
hat,

Die mein ſtetiger Geſang, als womit ſie ſtets ſich gatten,
So zum Klang als Wiederhall Seines Ruhms geſchickt
gemacht.

Dir, allgegenwaͤrt’ger Herr! ſey mein Morgen-Gruß
gebracht!

Ach! erbarme Dich, gieb uns, ew’ge Guͤte, nichts als
Gutes.

Wo die Nacht auch etwas Boͤſes haͤtt’ erzeuget und ver-
borgen;

So vertilg es, wie die Schatten jetzt vertilgt der helle
Morgen.
Nachher,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0646" n="632"/>
              <fw place="top" type="header">Eine Lehr-reiche Ge&#x017F;chichte.</fw><lb/>
              <l>Weht und bla&#x017F;et, Seinen Ruhm! Auch ihr <hi rendition="#fr">Fichten,</hi> neb&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">dem Heer</hi></l><lb/>
              <l>Aller <hi rendition="#fr">Pflanzen,</hi> die, durch &#x017F;ie, eure Wipfel oft beweget,</l><lb/>
              <l>Bieget euer Haupt, zum Zeichen eurer Demuth, Jhm zur<lb/><hi rendition="#et">Ehr!</hi></l><lb/>
              <l>Auch ihr <hi rendition="#fr">Brunnen,</hi> die ihr wirbelnd fließt, und ein Ge-<lb/><hi rendition="#et">ra&#x0364;u&#x017F;ch erreget,</hi></l><lb/>
              <l>Welches &#x017F;anft und lieblich klingt, rau&#x017F;cht und wirbelt Jhm<lb/><hi rendition="#et">zum Prei&#x017F;e!</hi></l><lb/>
              <l>Alle <hi rendition="#fr">Seelen,</hi> die ihr lebt! <hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gel,</hi> die ihr &#x017F;teigt im<lb/><hi rendition="#et">Singen,</hi></l><lb/>
              <l>Traget Seinen Ruhm empor, &#x017F;o im Ton, als auf den<lb/><hi rendition="#et">Schwingen!</hi></l><lb/>
              <l>Jhr, die ihr in Wa&#x017F;&#x017F;ern glit&#x017F;cht! Jhr, die auf dem Er-<lb/><hi rendition="#et">den-Krei&#x017F;e</hi></l><lb/>
              <l>Pra&#x0364;chtig tretet, oder kriechet, zeuget, ob, &#x017F;o fru&#x0364;h als &#x017F;pat,</l><lb/>
              <l>Meine Zunge, Hu&#x0364;gel, Tha&#x0364;ler, Brunnen, oder fri&#x017F;che<lb/><hi rendition="#et">Schatten,</hi></l><lb/>
              <l>Gott zu ru&#x0364;hmen, zu beehren, einmal wol ge&#x017F;chwiegen<lb/><hi rendition="#et">hat,</hi></l><lb/>
              <l>Die mein &#x017F;tetiger Ge&#x017F;ang, als womit &#x017F;ie &#x017F;tets &#x017F;ich gatten,</l><lb/>
              <l>So zum Klang als Wiederhall Seines Ruhms ge&#x017F;chickt<lb/><hi rendition="#et">gemacht.</hi></l><lb/>
              <l><hi rendition="#fr">Dir,</hi> allgegenwa&#x0364;rt&#x2019;ger Herr! &#x017F;ey mein Morgen-Gruß<lb/><hi rendition="#et">gebracht!</hi></l><lb/>
              <l>Ach! erbarme Dich, gieb uns, ew&#x2019;ge Gu&#x0364;te, nichts als<lb/><hi rendition="#et">Gutes.</hi></l><lb/>
              <l>Wo die Nacht auch etwas Bo&#x0364;&#x017F;es ha&#x0364;tt&#x2019; erzeuget und ver-<lb/><hi rendition="#et">borgen;</hi></l><lb/>
              <l>So vertilg es, wie die Schatten jetzt vertilgt der helle<lb/><hi rendition="#et">Morgen.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Nachher,</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[632/0646] Eine Lehr-reiche Geſchichte. Weht und blaſet, Seinen Ruhm! Auch ihr Fichten, nebſt dem Heer Aller Pflanzen, die, durch ſie, eure Wipfel oft beweget, Bieget euer Haupt, zum Zeichen eurer Demuth, Jhm zur Ehr! Auch ihr Brunnen, die ihr wirbelnd fließt, und ein Ge- raͤuſch erreget, Welches ſanft und lieblich klingt, rauſcht und wirbelt Jhm zum Preiſe! Alle Seelen, die ihr lebt! Voͤgel, die ihr ſteigt im Singen, Traget Seinen Ruhm empor, ſo im Ton, als auf den Schwingen! Jhr, die ihr in Waſſern glitſcht! Jhr, die auf dem Er- den-Kreiſe Praͤchtig tretet, oder kriechet, zeuget, ob, ſo fruͤh als ſpat, Meine Zunge, Huͤgel, Thaͤler, Brunnen, oder friſche Schatten, Gott zu ruͤhmen, zu beehren, einmal wol geſchwiegen hat, Die mein ſtetiger Geſang, als womit ſie ſtets ſich gatten, So zum Klang als Wiederhall Seines Ruhms geſchickt gemacht. Dir, allgegenwaͤrt’ger Herr! ſey mein Morgen-Gruß gebracht! Ach! erbarme Dich, gieb uns, ew’ge Guͤte, nichts als Gutes. Wo die Nacht auch etwas Boͤſes haͤtt’ erzeuget und ver- borgen; So vertilg es, wie die Schatten jetzt vertilgt der helle Morgen. Nachher,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/646
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/646>, abgerufen am 23.11.2024.