Was nun die Einrichtung und Ordnung unserer täg- lichen Beschäfftigung betrifft; so bestehet selbige in solgenden:
Nachdem wir den Sonntag, zu Ausübung unserer Christen-Pflichten, wobey wir jedoch des Schöpfers nicht vergessen, insbesondere ausgesetzet; fangen wir alle Morgen, wenn wir erwachen, welches kurz vor dem Aufgange der Sonne bey uns zu geschehen pfleget, ehe wir aufstehen, an, unsere Gedanken auf den Schlaf, als ein Wunder der Natur und eine Gabe des uns liebenden Schöpfers, mit stillem Nachdenken zu wenden; und für die genossene Süßigkeit desselben Dem, welcher uns hier damit beglückseliget, mit wenigen, doch nicht leeren Worten, herzlich zu danken. Sobald dieses geschehen, erheben wir uns, erfrischen und reinigen Gesicht und Hände in einer klaren Quelle, dessen kühlendes und rei- nigendes Wesen wir nicht obenhin, sondern als ein mit mancherley Kräften begabtes Geschenke, ansehen, wo- durch der Mensch unzähliges Gutes geniesset.
Hierauf begeben wir uns an einen erhabenen Ort, um uns an der Morgenröthe zu ergetzen, den Aufgang der Sonne zu bewundern; der Sonne, des herrli- chen Spiegels der Gottheit, welcher durch seine Gegen- wart, die in der Dunkelheit versunken gewesene Welt wieder aufs neue hervorgebracht hat, und uns dadurch gleichsam täglich ein Ebenbild der ersten Schöpfung sehen lässet.
Haben wir beym Anblicke dieser herrlichen Schönheit und dieses, Himmel und Erde überströmenden Lichts, selbst neue, auf Bewunderung, Ehrfurcht und Andacht abzielende, Vorstellung; so fahren wir in stiller Ueber- legung darinn fort, theilen auch wohl unsere Gedanken
uns
Eine Lehr-reiche Geſchichte.
Was nun die Einrichtung und Ordnung unſerer taͤg- lichen Beſchaͤfftigung betrifft; ſo beſtehet ſelbige in ſolgenden:
Nachdem wir den Sonntag, zu Ausuͤbung unſerer Chriſten-Pflichten, wobey wir jedoch des Schoͤpfers nicht vergeſſen, insbeſondere ausgeſetzet; fangen wir alle Morgen, wenn wir erwachen, welches kurz vor dem Aufgange der Sonne bey uns zu geſchehen pfleget, ehe wir aufſtehen, an, unſere Gedanken auf den Schlaf, als ein Wunder der Natur und eine Gabe des uns liebenden Schoͤpfers, mit ſtillem Nachdenken zu wenden; und fuͤr die genoſſene Suͤßigkeit deſſelben Dem, welcher uns hier damit begluͤckſeliget, mit wenigen, doch nicht leeren Worten, herzlich zu danken. Sobald dieſes geſchehen, erheben wir uns, erfriſchen und reinigen Geſicht und Haͤnde in einer klaren Quelle, deſſen kuͤhlendes und rei- nigendes Weſen wir nicht obenhin, ſondern als ein mit mancherley Kraͤften begabtes Geſchenke, anſehen, wo- durch der Menſch unzaͤhliges Gutes genieſſet.
Hierauf begeben wir uns an einen erhabenen Ort, um uns an der Morgenroͤthe zu ergetzen, den Aufgang der Sonne zu bewundern; der Sonne, des herrli- chen Spiegels der Gottheit, welcher durch ſeine Gegen- wart, die in der Dunkelheit verſunken geweſene Welt wieder aufs neue hervorgebracht hat, und uns dadurch gleichſam taͤglich ein Ebenbild der erſten Schoͤpfung ſehen laͤſſet.
Haben wir beym Anblicke dieſer herrlichen Schoͤnheit und dieſes, Himmel und Erde uͤberſtroͤmenden Lichts, ſelbſt neue, auf Bewunderung, Ehrfurcht und Andacht abzielende, Vorſtellung; ſo fahren wir in ſtiller Ueber- legung darinn fort, theilen auch wohl unſere Gedanken
uns
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Eine Lehr-reiche Geſchichte.
Was nun die Einrichtung und Ordnung unſerer taͤg-
lichen Beſchaͤfftigung betrifft; ſo beſtehet ſelbige in
ſolgenden:
Nachdem wir den Sonntag, zu Ausuͤbung unſerer
Chriſten-Pflichten, wobey wir jedoch des Schoͤpfers
nicht vergeſſen, insbeſondere ausgeſetzet; fangen wir
alle Morgen, wenn wir erwachen, welches kurz vor dem
Aufgange der Sonne bey uns zu geſchehen pfleget, ehe
wir aufſtehen, an, unſere Gedanken auf den Schlaf, als
ein Wunder der Natur und eine Gabe des uns liebenden
Schoͤpfers, mit ſtillem Nachdenken zu wenden; und
fuͤr die genoſſene Suͤßigkeit deſſelben Dem, welcher uns
hier damit begluͤckſeliget, mit wenigen, doch nicht leeren
Worten, herzlich zu danken. Sobald dieſes geſchehen,
erheben wir uns, erfriſchen und reinigen Geſicht und
Haͤnde in einer klaren Quelle, deſſen kuͤhlendes und rei-
nigendes Weſen wir nicht obenhin, ſondern als ein mit
mancherley Kraͤften begabtes Geſchenke, anſehen, wo-
durch der Menſch unzaͤhliges Gutes genieſſet.
Hierauf begeben wir uns an einen erhabenen Ort,
um uns an der Morgenroͤthe zu ergetzen, den Aufgang
der Sonne zu bewundern; der Sonne, des herrli-
chen Spiegels der Gottheit, welcher durch ſeine Gegen-
wart, die in der Dunkelheit verſunken geweſene Welt
wieder aufs neue hervorgebracht hat, und uns dadurch
gleichſam taͤglich ein Ebenbild der erſten Schoͤpfung
ſehen laͤſſet.
Haben wir beym Anblicke dieſer herrlichen Schoͤnheit
und dieſes, Himmel und Erde uͤberſtroͤmenden Lichts,
ſelbſt neue, auf Bewunderung, Ehrfurcht und Andacht
abzielende, Vorſtellung; ſo fahren wir in ſtiller Ueber-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 628. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/642>, abgerufen am 23.11.2024.
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