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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

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Auf das frühzeitige Ableben
Sie wühlen, schwärmend, durch einander, und sterben,
eh sie das, was schön,

Und was bewundernswehrt, auf Erden, zum Ruhm des
Schöpfers, angesehn.

Nun finden sich zwar hier und da erhabne Geister,
große Seelen,

Die ihres wahren Endzwecks hier nicht nur alleine
nicht verfehlen,

Da sie den Schöpfer sehn und schmecken; nein, die,
den Jrrenden zu gut,

Die Gottheit in den Creaturen, in Himmel, Erde, Luft
und Fluth,

Allgegenwärtig darzustellen, und aus der Blindheit uns
zu ziehn,

Um Gott in unsrer Lust zu ehren, in reinen Liedern, sich
bemühn:

So wie, vom großen Drollinger, bewundernswürdig,
ist geschehn,

Und wir in seinen herrlichen, nie gnug gepriesnen, Schrif-
ten sehn.
Allein, bedaurenswehrter Fall! der große Geist ver-
läßt die Welt:

Es stirbt, der nimmer sterben sollte; der Wahrheit
stärkste Stütze fällt.

Dein Aug', in welchem sich so oft des Schöpfers Werk
gespiegelt, bricht;

Der Werkzeug' aller deiner Sinnen gebrauchest du nun
ferner nicht.

Dein

Auf das fruͤhzeitige Ableben
Sie wuͤhlen, ſchwaͤrmend, durch einander, und ſterben,
eh ſie das, was ſchoͤn,

Und was bewundernswehrt, auf Erden, zum Ruhm des
Schoͤpfers, angeſehn.

Nun finden ſich zwar hier und da erhabne Geiſter,
große Seelen,

Die ihres wahren Endzwecks hier nicht nur alleine
nicht verfehlen,

Da ſie den Schoͤpfer ſehn und ſchmecken; nein, die,
den Jrrenden zu gut,

Die Gottheit in den Creaturen, in Himmel, Erde, Luft
und Fluth,

Allgegenwaͤrtig darzuſtellen, und aus der Blindheit uns
zu ziehn,

Um Gott in unſrer Luſt zu ehren, in reinen Liedern, ſich
bemuͤhn:

So wie, vom großen Drollinger, bewundernswuͤrdig,
iſt geſchehn,

Und wir in ſeinen herrlichen, nie gnug geprieſnen, Schrif-
ten ſehn.
Allein, bedaurenswehrter Fall! der große Geiſt ver-
laͤßt die Welt:

Es ſtirbt, der nimmer ſterben ſollte; der Wahrheit
ſtaͤrkſte Stuͤtze faͤllt.

Dein Aug’, in welchem ſich ſo oft des Schoͤpfers Werk
geſpiegelt, bricht;

Der Werkzeug’ aller deiner Sinnen gebraucheſt du nun
ferner nicht.

Dein
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[538/0552] Auf das fruͤhzeitige Ableben Sie wuͤhlen, ſchwaͤrmend, durch einander, und ſterben, eh ſie das, was ſchoͤn, Und was bewundernswehrt, auf Erden, zum Ruhm des Schoͤpfers, angeſehn. Nun finden ſich zwar hier und da erhabne Geiſter, große Seelen, Die ihres wahren Endzwecks hier nicht nur alleine nicht verfehlen, Da ſie den Schoͤpfer ſehn und ſchmecken; nein, die, den Jrrenden zu gut, Die Gottheit in den Creaturen, in Himmel, Erde, Luft und Fluth, Allgegenwaͤrtig darzuſtellen, und aus der Blindheit uns zu ziehn, Um Gott in unſrer Luſt zu ehren, in reinen Liedern, ſich bemuͤhn: So wie, vom großen Drollinger, bewundernswuͤrdig, iſt geſchehn, Und wir in ſeinen herrlichen, nie gnug geprieſnen, Schrif- ten ſehn. Allein, bedaurenswehrter Fall! der große Geiſt ver- laͤßt die Welt: Es ſtirbt, der nimmer ſterben ſollte; der Wahrheit ſtaͤrkſte Stuͤtze faͤllt. Dein Aug’, in welchem ſich ſo oft des Schoͤpfers Werk geſpiegelt, bricht; Der Werkzeug’ aller deiner Sinnen gebraucheſt du nun ferner nicht. Dein

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/552>, abgerufen am 13.05.2024.