Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Größe unsers Geistes,
aus
der Betrachtung Göttlicher Größe
auch im Kleinen.
Jndem ich neulich, voller Ehrfurcht, die überall
durchstrahlten Blicke,

Jn unsers Himmels dunkle Tiefe, die aber hell von Ster-
nen, schicke,

Den Grund- und Gränzen-losen Raum, der Sternen
und der Sonnen Größe,

Bey ihrer ungezählten Menge, mit aufmerksamen Blick,
ermesse;

Erstaunt' ich, als ich überdachte, wie solch ein unge-
heurer Raum,

Worinn fast alle Maße schwindet, und welcher den Ge-
danken kaum,

Ein Ziel zu finden, zugesteht, daß, sag' ich, eine Tief'
und Breite,

Daß eine Gränzen-lose Weite,
Die, Sonnen sonder Zahl und Maße, in ihrem tiefen
Schooß enthält,

So unbegreifllich sich verkleint, daß alles, durch den
Gang der Augen,

Jn unserm innersten Gehirn, in ein so kleines Pünctchen
fällt,

Daß wir die Kleinheit dieses Puncts kaum mit dem Geist
zu fassen taugen.
Welch
Die Groͤße unſers Geiſtes,
aus
der Betrachtung Goͤttlicher Groͤße
auch im Kleinen.
Jndem ich neulich, voller Ehrfurcht, die uͤberall
durchſtrahlten Blicke,

Jn unſers Himmels dunkle Tiefe, die aber hell von Ster-
nen, ſchicke,

Den Grund- und Graͤnzen-loſen Raum, der Sternen
und der Sonnen Groͤße,

Bey ihrer ungezaͤhlten Menge, mit aufmerkſamen Blick,
ermeſſe;

Erſtaunt’ ich, als ich uͤberdachte, wie ſolch ein unge-
heurer Raum,

Worinn faſt alle Maße ſchwindet, und welcher den Ge-
danken kaum,

Ein Ziel zu finden, zugeſteht, daß, ſag’ ich, eine Tief’
und Breite,

Daß eine Graͤnzen-loſe Weite,
Die, Sonnen ſonder Zahl und Maße, in ihrem tiefen
Schooß enthaͤlt,

So unbegreifllich ſich verkleint, daß alles, durch den
Gang der Augen,

Jn unſerm innerſten Gehirn, in ein ſo kleines Puͤnctchen
faͤllt,

Daß wir die Kleinheit dieſes Puncts kaum mit dem Geiſt
zu faſſen taugen.
Welch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0500" n="486"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die Gro&#x0364;ße un&#x017F;ers Gei&#x017F;tes,<lb/>
aus<lb/>
der Betrachtung Go&#x0364;ttlicher Gro&#x0364;ße<lb/>
auch im Kleinen.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">J</hi>ndem ich neulich, voller Ehrfurcht, die u&#x0364;berall<lb/><hi rendition="#et">durch&#x017F;trahlten Blicke,</hi></l><lb/>
              <l>Jn un&#x017F;ers Himmels dunkle Tiefe, die aber hell von Ster-<lb/><hi rendition="#et">nen, &#x017F;chicke,</hi></l><lb/>
              <l>Den Grund- und Gra&#x0364;nzen-lo&#x017F;en Raum, der Sternen<lb/><hi rendition="#et">und der Sonnen Gro&#x0364;ße,</hi></l><lb/>
              <l>Bey ihrer ungeza&#x0364;hlten Menge, mit aufmerk&#x017F;amen Blick,<lb/><hi rendition="#et">erme&#x017F;&#x017F;e;</hi></l><lb/>
              <l>Er&#x017F;taunt&#x2019; ich, als ich u&#x0364;berdachte, wie &#x017F;olch ein unge-<lb/><hi rendition="#et">heurer Raum,</hi></l><lb/>
              <l>Worinn fa&#x017F;t alle Maße &#x017F;chwindet, und welcher den Ge-<lb/><hi rendition="#et">danken kaum,</hi></l><lb/>
              <l>Ein Ziel zu finden, zuge&#x017F;teht, daß, &#x017F;ag&#x2019; ich, eine Tief&#x2019;<lb/><hi rendition="#et">und Breite,</hi></l><lb/>
              <l>Daß eine Gra&#x0364;nzen-lo&#x017F;e Weite,</l><lb/>
              <l>Die, Sonnen &#x017F;onder Zahl und Maße, in ihrem tiefen<lb/><hi rendition="#et">Schooß entha&#x0364;lt,</hi></l><lb/>
              <l>So unbegreifllich &#x017F;ich verkleint, daß alles, durch den<lb/><hi rendition="#et">Gang der Augen,</hi></l><lb/>
              <l>Jn un&#x017F;erm inner&#x017F;ten Gehirn, in ein &#x017F;o kleines Pu&#x0364;nctchen<lb/><hi rendition="#et">fa&#x0364;llt,</hi></l><lb/>
              <l>Daß wir die Kleinheit die&#x017F;es Puncts kaum mit dem Gei&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">zu fa&#x017F;&#x017F;en taugen.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Welch</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[486/0500] Die Groͤße unſers Geiſtes, aus der Betrachtung Goͤttlicher Groͤße auch im Kleinen. Jndem ich neulich, voller Ehrfurcht, die uͤberall durchſtrahlten Blicke, Jn unſers Himmels dunkle Tiefe, die aber hell von Ster- nen, ſchicke, Den Grund- und Graͤnzen-loſen Raum, der Sternen und der Sonnen Groͤße, Bey ihrer ungezaͤhlten Menge, mit aufmerkſamen Blick, ermeſſe; Erſtaunt’ ich, als ich uͤberdachte, wie ſolch ein unge- heurer Raum, Worinn faſt alle Maße ſchwindet, und welcher den Ge- danken kaum, Ein Ziel zu finden, zugeſteht, daß, ſag’ ich, eine Tief’ und Breite, Daß eine Graͤnzen-loſe Weite, Die, Sonnen ſonder Zahl und Maße, in ihrem tiefen Schooß enthaͤlt, So unbegreifllich ſich verkleint, daß alles, durch den Gang der Augen, Jn unſerm innerſten Gehirn, in ein ſo kleines Puͤnctchen faͤllt, Daß wir die Kleinheit dieſes Puncts kaum mit dem Geiſt zu faſſen taugen. Welch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/500
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/500>, abgerufen am 23.11.2024.