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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

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auf das 1745ste Jahr.
Da sonst die Menschen stets, zu einer solchen Zeit,
Da die Vernunft noch schwach, der Körper Herrlichkeit
Jn die noch stumpfen Sinne fassen,
Und, durch Gewohnheit, sich zur Unempfindlichkeit,
Zeit ihres Lebens, bringen lassen:
Wodurch sie, alle Pracht und Wunder dieser Erden,
Daß sie bewundernswehrt, zu sehn, behindert werden.
Sie fahren fort, und sehn die Welt, im Nebel, an,
Wie es ihr junges Aug', ohn' Achtsamkeit, gethan:
Wodurch sie, leider! dann, ob sie es gleich nicht
glauben,

Sich selber alle Lust, und Gott die Ehre, rauben.
Jhr Denken bindet sich mit ihren Sinnen nicht:
Hiedurch vernimmt kein Ohr, es siehet kein Gesicht;
Bewundrung, Lust und Nutz, Lieb', Ehrfurcht, Andacht,
schwinden.

"Nur Dank und Andacht zeigt ein denkendes Empfinden.
"Dem, dacht er, tritt noch bey: daß die Religionen,
"Fast aller Sterblichen, die auf der Erde wohnen,
"Die doch zur Herrlichkeit der ersten Offenbahrung,
"Durch Ueberzeugung, Lehr', Ermahnung und Erfah-
rung,

"Die Menschheit billig leiten müssen,
"Von dieser Wahrheit uns nichts zeigen, und nichts
wissen.
Um nun auf eine Weis', als es sonst nicht geschehn,
Jn der Geschöpfe Wehrt den Schöpfer zu erhöhn;
Hatt' unser Silvius beschlossen,
An seinen seines Leids und Unglücks Mitgenossen,
Den jungen Cernamir vernünftig zu probieren,
Ob nicht die neue Art, ihn in die Welt zu führen,
Jhn
auf das 1745ſte Jahr.
Da ſonſt die Menſchen ſtets, zu einer ſolchen Zeit,
Da die Vernunft noch ſchwach, der Koͤrper Herrlichkeit
Jn die noch ſtumpfen Sinne faſſen,
Und, durch Gewohnheit, ſich zur Unempfindlichkeit,
Zeit ihres Lebens, bringen laſſen:
Wodurch ſie, alle Pracht und Wunder dieſer Erden,
Daß ſie bewundernswehrt, zu ſehn, behindert werden.
Sie fahren fort, und ſehn die Welt, im Nebel, an,
Wie es ihr junges Aug’, ohn’ Achtſamkeit, gethan:
Wodurch ſie, leider! dann, ob ſie es gleich nicht
glauben,

Sich ſelber alle Luſt, und Gott die Ehre, rauben.
Jhr Denken bindet ſich mit ihren Sinnen nicht:
Hiedurch vernimmt kein Ohr, es ſiehet kein Geſicht;
Bewundrung, Luſt und Nutz, Lieb’, Ehrfurcht, Andacht,
ſchwinden.

“Nur Dank und Andacht zeigt ein denkendes Empfinden.
“Dem, dacht er, tritt noch bey: daß die Religionen,
“Faſt aller Sterblichen, die auf der Erde wohnen,
“Die doch zur Herrlichkeit der erſten Offenbahrung,
“Durch Ueberzeugung, Lehr’, Ermahnung und Erfah-
rung,

“Die Menſchheit billig leiten muͤſſen,
“Von dieſer Wahrheit uns nichts zeigen, und nichts
wiſſen.
Um nun auf eine Weiſ’, als es ſonſt nicht geſchehn,
Jn der Geſchoͤpfe Wehrt den Schoͤpfer zu erhoͤhn;
Hatt’ unſer Silvius beſchloſſen,
An ſeinen ſeines Leids und Ungluͤcks Mitgenoſſen,
Den jungen Cernamir vernuͤnftig zu probieren,
Ob nicht die neue Art, ihn in die Welt zu fuͤhren,
Jhn
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[415/0429] auf das 1745ſte Jahr. Da ſonſt die Menſchen ſtets, zu einer ſolchen Zeit, Da die Vernunft noch ſchwach, der Koͤrper Herrlichkeit Jn die noch ſtumpfen Sinne faſſen, Und, durch Gewohnheit, ſich zur Unempfindlichkeit, Zeit ihres Lebens, bringen laſſen: Wodurch ſie, alle Pracht und Wunder dieſer Erden, Daß ſie bewundernswehrt, zu ſehn, behindert werden. Sie fahren fort, und ſehn die Welt, im Nebel, an, Wie es ihr junges Aug’, ohn’ Achtſamkeit, gethan: Wodurch ſie, leider! dann, ob ſie es gleich nicht glauben, Sich ſelber alle Luſt, und Gott die Ehre, rauben. Jhr Denken bindet ſich mit ihren Sinnen nicht: Hiedurch vernimmt kein Ohr, es ſiehet kein Geſicht; Bewundrung, Luſt und Nutz, Lieb’, Ehrfurcht, Andacht, ſchwinden. “Nur Dank und Andacht zeigt ein denkendes Empfinden. “Dem, dacht er, tritt noch bey: daß die Religionen, “Faſt aller Sterblichen, die auf der Erde wohnen, “Die doch zur Herrlichkeit der erſten Offenbahrung, “Durch Ueberzeugung, Lehr’, Ermahnung und Erfah- rung, “Die Menſchheit billig leiten muͤſſen, “Von dieſer Wahrheit uns nichts zeigen, und nichts wiſſen. Um nun auf eine Weiſ’, als es ſonſt nicht geſchehn, Jn der Geſchoͤpfe Wehrt den Schoͤpfer zu erhoͤhn; Hatt’ unſer Silvius beſchloſſen, An ſeinen ſeines Leids und Ungluͤcks Mitgenoſſen, Den jungen Cernamir vernuͤnftig zu probieren, Ob nicht die neue Art, ihn in die Welt zu fuͤhren, Jhn

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/429>, abgerufen am 25.11.2024.