Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
des Lichts und der Wärme.
Jch will einst, so wie du, gedenken. Die Luft ist weg,
es ist geschehn;

Wir sehn die Erde nun enthüllet, und über ihr die
Sonne stehn.

Früh gehet, vor der Sonnen Aufgang, nun keine Däm-
merung vorher:

Die Morgen-Röth' ist auch nicht da; weil alle Himmels-
Theile leer,

Und nichts darinn, woran das Licht,
Und dessen schräger Strahl, sich bricht.
Die allerdicksten Finsternissen bedecken uns bis zur
Secunde,

Da sich der Sonnen Körper zeigt: Der bricht dann
plötzlich aus dem Grunde,

Nicht größer, als wir ihn des Mittags, in seiner größten
Höhe, sehn,

Und bleibt in dieser Form beständig, bis wieder zu dem
Untergehn;

Das dann für uns nicht minder schwarz, als wie die
allerdickste Nacht.
Nun wird die Sonne zwar die Augen, mit einer
hell beflammten Pracht,

Mit einem hellen Glanz, uns rühren;
Doch, da wir keinen Luft-Kreiß setzen, wird man sie
anders nicht verspühren,

Als wie ein Feur, das in der Nacht, auf einem weiten
Felde, brennt.

Es ist zwar Tag, man sieht die Sonne, auch das, was
sich von uns nicht trennt,
Und
des Lichts und der Waͤrme.
Jch will einſt, ſo wie du, gedenken. Die Luft iſt weg,
es iſt geſchehn;

Wir ſehn die Erde nun enthuͤllet, und uͤber ihr die
Sonne ſtehn.

Fruͤh gehet, vor der Sonnen Aufgang, nun keine Daͤm-
merung vorher:

Die Morgen-Roͤth’ iſt auch nicht da; weil alle Himmels-
Theile leer,

Und nichts darinn, woran das Licht,
Und deſſen ſchraͤger Strahl, ſich bricht.
Die allerdickſten Finſterniſſen bedecken uns bis zur
Secunde,

Da ſich der Sonnen Koͤrper zeigt: Der bricht dann
ploͤtzlich aus dem Grunde,

Nicht groͤßer, als wir ihn des Mittags, in ſeiner groͤßten
Hoͤhe, ſehn,

Und bleibt in dieſer Form beſtaͤndig, bis wieder zu dem
Untergehn;

Das dann fuͤr uns nicht minder ſchwarz, als wie die
allerdickſte Nacht.
Nun wird die Sonne zwar die Augen, mit einer
hell beflammten Pracht,

Mit einem hellen Glanz, uns ruͤhren;
Doch, da wir keinen Luft-Kreiß ſetzen, wird man ſie
anders nicht verſpuͤhren,

Als wie ein Feur, das in der Nacht, auf einem weiten
Felde, brennt.

Es iſt zwar Tag, man ſieht die Sonne, auch das, was
ſich von uns nicht trennt,
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0381" n="367"/>
              <fw place="top" type="header">des Lichts und der Wa&#x0364;rme.</fw><lb/>
              <lg n="14">
                <l>Jch will ein&#x017F;t, &#x017F;o wie du, gedenken. Die Luft i&#x017F;t weg,<lb/><hi rendition="#et">es i&#x017F;t ge&#x017F;chehn;</hi></l><lb/>
                <l>Wir &#x017F;ehn die Erde nun enthu&#x0364;llet, und u&#x0364;ber ihr die<lb/><hi rendition="#et">Sonne &#x017F;tehn.</hi></l><lb/>
                <l>Fru&#x0364;h gehet, vor der Sonnen Aufgang, nun keine Da&#x0364;m-<lb/><hi rendition="#et">merung vorher:</hi></l><lb/>
                <l>Die Morgen-Ro&#x0364;th&#x2019; i&#x017F;t auch nicht da; weil alle Himmels-<lb/><hi rendition="#et">Theile leer,</hi></l><lb/>
                <l>Und nichts darinn, woran das Licht,</l><lb/>
                <l>Und de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chra&#x0364;ger Strahl, &#x017F;ich bricht.</l><lb/>
                <l>Die allerdick&#x017F;ten Fin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;en bedecken uns bis zur<lb/><hi rendition="#et">Secunde,</hi></l><lb/>
                <l>Da &#x017F;ich der Sonnen Ko&#x0364;rper zeigt: Der bricht dann<lb/><hi rendition="#et">plo&#x0364;tzlich aus dem Grunde,</hi></l><lb/>
                <l>Nicht gro&#x0364;ßer, als wir ihn des Mittags, in &#x017F;einer gro&#x0364;ßten<lb/><hi rendition="#et">Ho&#x0364;he, &#x017F;ehn,</hi></l><lb/>
                <l>Und bleibt in die&#x017F;er Form be&#x017F;ta&#x0364;ndig, bis wieder zu dem<lb/><hi rendition="#et">Untergehn;</hi></l><lb/>
                <l>Das dann fu&#x0364;r uns nicht minder &#x017F;chwarz, als wie die<lb/><hi rendition="#et">allerdick&#x017F;te Nacht.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <lg n="15">
                <l>Nun wird die Sonne zwar die Augen, mit einer<lb/><hi rendition="#et">hell beflammten Pracht,</hi></l><lb/>
                <l>Mit einem hellen Glanz, uns ru&#x0364;hren;</l><lb/>
                <l>Doch, da wir keinen Luft-Kreiß &#x017F;etzen, wird man &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#et">anders nicht ver&#x017F;pu&#x0364;hren,</hi></l><lb/>
                <l>Als wie ein Feur, das in der Nacht, auf einem weiten<lb/><hi rendition="#et">Felde, brennt.</hi></l><lb/>
                <l>Es i&#x017F;t zwar Tag, man &#x017F;ieht die Sonne, auch das, was<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ich von uns nicht trennt,</hi></l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0381] des Lichts und der Waͤrme. Jch will einſt, ſo wie du, gedenken. Die Luft iſt weg, es iſt geſchehn; Wir ſehn die Erde nun enthuͤllet, und uͤber ihr die Sonne ſtehn. Fruͤh gehet, vor der Sonnen Aufgang, nun keine Daͤm- merung vorher: Die Morgen-Roͤth’ iſt auch nicht da; weil alle Himmels- Theile leer, Und nichts darinn, woran das Licht, Und deſſen ſchraͤger Strahl, ſich bricht. Die allerdickſten Finſterniſſen bedecken uns bis zur Secunde, Da ſich der Sonnen Koͤrper zeigt: Der bricht dann ploͤtzlich aus dem Grunde, Nicht groͤßer, als wir ihn des Mittags, in ſeiner groͤßten Hoͤhe, ſehn, Und bleibt in dieſer Form beſtaͤndig, bis wieder zu dem Untergehn; Das dann fuͤr uns nicht minder ſchwarz, als wie die allerdickſte Nacht. Nun wird die Sonne zwar die Augen, mit einer hell beflammten Pracht, Mit einem hellen Glanz, uns ruͤhren; Doch, da wir keinen Luft-Kreiß ſetzen, wird man ſie anders nicht verſpuͤhren, Als wie ein Feur, das in der Nacht, auf einem weiten Felde, brennt. Es iſt zwar Tag, man ſieht die Sonne, auch das, was ſich von uns nicht trennt, Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/381
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/381>, abgerufen am 22.11.2024.