Der größte Theil der Menschheit glaubet, als ob das Geld der einige, Der wahre Zweck von unserm Hierseyn, und unsers Le- bens Absicht, sey. Die Allgemeinheit dieser Meynung stimmt diesem Vor- urtheile bey: Man glaubt, wie Geld hier unentbehrlich; so sey es auch die würdigste Beschäfftigung der Sterblichen. Und, ob wirs gleich nicht deutlich sagen; So scheint man, ohn' es selbst zu wissen, mit dieser Mey- nung sich zu tragen, Ob sey es unsers Lebens Absicht. Dieß wär von einer Creatur, Die nicht verlangte, Gott zur Ehr' allhier hervorgebracht zu seyn, Vielleicht nicht ungereimt geschlossen. Da der Zusam- menhang der Dinge Das Geld in einen Wehrt gesetzt, wodurch man nicht nur, was bequem, Was nöthig, nützlich, herrlich, prächtig, ergetzend, lieb- lich, angenehm, Sich zu verschaffen, fähig ist: wodurch man nicht nur viele Plagen, Beschwerlichkeiten, Frost und Blöße, von sich vermö- gend zu verjagen; Nein, woran, durch die Königinn der Welt, (die Mey- nung) Ehre, Ruhm, Ja, leider! fast die Tugend selbst, als wie ihr wahres Eigenthum,
Gehef-
Neu-Jahrs-Gedicht,
Der groͤßte Theil der Menſchheit glaubet, als ob das Geld der einige, Der wahre Zweck von unſerm Hierſeyn, und unſers Le- bens Abſicht, ſey. Die Allgemeinheit dieſer Meynung ſtimmt dieſem Vor- urtheile bey: Man glaubt, wie Geld hier unentbehrlich; ſo ſey es auch die wuͤrdigſte Beſchaͤfftigung der Sterblichen. Und, ob wirs gleich nicht deutlich ſagen; So ſcheint man, ohn’ es ſelbſt zu wiſſen, mit dieſer Mey- nung ſich zu tragen, Ob ſey es unſers Lebens Abſicht. Dieß waͤr von einer Creatur, Die nicht verlangte, Gott zur Ehr’ allhier hervorgebracht zu ſeyn, Vielleicht nicht ungereimt geſchloſſen. Da der Zuſam- menhang der Dinge Das Geld in einen Wehrt geſetzt, wodurch man nicht nur, was bequem, Was noͤthig, nuͤtzlich, herrlich, praͤchtig, ergetzend, lieb- lich, angenehm, Sich zu verſchaffen, faͤhig iſt: wodurch man nicht nur viele Plagen, Beſchwerlichkeiten, Froſt und Bloͤße, von ſich vermoͤ- gend zu verjagen; Nein, woran, durch die Koͤniginn der Welt, (die Mey- nung) Ehre, Ruhm, Ja, leider! faſt die Tugend ſelbſt, als wie ihr wahres Eigenthum,
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Neu-Jahrs-Gedicht,
Der groͤßte Theil der Menſchheit glaubet, als ob das
Geld der einige,
Der wahre Zweck von unſerm Hierſeyn, und unſers Le-
bens Abſicht, ſey.
Die Allgemeinheit dieſer Meynung ſtimmt dieſem Vor-
urtheile bey:
Man glaubt, wie Geld hier unentbehrlich; ſo ſey es auch
die wuͤrdigſte
Beſchaͤfftigung der Sterblichen. Und, ob wirs gleich
nicht deutlich ſagen;
So ſcheint man, ohn’ es ſelbſt zu wiſſen, mit dieſer Mey-
nung ſich zu tragen,
Ob ſey es unſers Lebens Abſicht. Dieß waͤr von einer
Creatur,
Die nicht verlangte, Gott zur Ehr’ allhier hervorgebracht
zu ſeyn,
Vielleicht nicht ungereimt geſchloſſen. Da der Zuſam-
menhang der Dinge
Das Geld in einen Wehrt geſetzt, wodurch man nicht
nur, was bequem,
Was noͤthig, nuͤtzlich, herrlich, praͤchtig, ergetzend, lieb-
lich, angenehm,
Sich zu verſchaffen, faͤhig iſt: wodurch man nicht nur
viele Plagen,
Beſchwerlichkeiten, Froſt und Bloͤße, von ſich vermoͤ-
gend zu verjagen;
Nein, woran, durch die Koͤniginn der Welt, (die Mey-
nung) Ehre, Ruhm,
Ja, leider! faſt die Tugend ſelbſt, als wie ihr wahres
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/338>, abgerufen am 17.07.2024.
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