Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
auf das 1740ste Jahr.
Hierauf erwiedr' ich: Jhr habt Recht. Durch dieses
nützliche Metall

Wird Mühe, Schweiß und Fleiß belohnt; der Nutzen
zeigt sich überall:

Und ist es folglich nicht verboten, in diesem unserm irdschen
Leben,

Jn einer vorgeschriebnen Ordnung, mit Müh darnach
sich zu bestreben,

Desselben Wehrt erkennen lernen. Jedoch wird keiner
hieraus schliessen,

Daß wir, ob sey das Geld die Absicht von unserm Hier-
seyn, meynen müssen.

Sollt' Adam zu dem Endzweck wohl von Gott gebildet
worden seyn,

Um Geld und Reichthum zu erwerben? Besteht darinn
des Schöpfers Ruhm,

Daß einer, in der kurzen Daur des Lebens, mehr zum
Eigenthum,

Als wie ein anderer, erhalte? Du sprichst, verhoff' ich,
selber: nein.

So zeiget sich dann überzeuglich, es sey auf Erden unser
Wesen

Gewiß zu einem andern Endzweck, von unserm Schöp-
fer, auserlesen.

Weil aber, ich weiß nicht, wodurch, sich dieser, leider!
meist verlohren;

So scheint, man hab', an dessen Stelle, sich einen anderen
erkohren.

Und, da uns, leider! durch Gewohnheit, der Zweck von
unserm Daseyn fehlt;

So scheint, es habe sich die Menschheit hier andre Ne-
benweg' erwählt.
Der
X 2
auf das 1740ſte Jahr.
Hierauf erwiedr’ ich: Jhr habt Recht. Durch dieſes
nuͤtzliche Metall

Wird Muͤhe, Schweiß und Fleiß belohnt; der Nutzen
zeigt ſich uͤberall:

Und iſt es folglich nicht verboten, in dieſem unſerm irdſchen
Leben,

Jn einer vorgeſchriebnen Ordnung, mit Muͤh darnach
ſich zu beſtreben,

Deſſelben Wehrt erkennen lernen. Jedoch wird keiner
hieraus ſchlieſſen,

Daß wir, ob ſey das Geld die Abſicht von unſerm Hier-
ſeyn, meynen muͤſſen.

Sollt’ Adam zu dem Endzweck wohl von Gott gebildet
worden ſeyn,

Um Geld und Reichthum zu erwerben? Beſteht darinn
des Schoͤpfers Ruhm,

Daß einer, in der kurzen Daur des Lebens, mehr zum
Eigenthum,

Als wie ein anderer, erhalte? Du ſprichſt, verhoff’ ich,
ſelber: nein.

So zeiget ſich dann uͤberzeuglich, es ſey auf Erden unſer
Weſen

Gewiß zu einem andern Endzweck, von unſerm Schoͤp-
fer, auserleſen.

Weil aber, ich weiß nicht, wodurch, ſich dieſer, leider!
meiſt verlohren;

So ſcheint, man hab’, an deſſen Stelle, ſich einen anderen
erkohren.

Und, da uns, leider! durch Gewohnheit, der Zweck von
unſerm Daſeyn fehlt;

So ſcheint, es habe ſich die Menſchheit hier andre Ne-
benweg’ erwaͤhlt.
Der
X 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0337" n="323"/>
              <fw place="top" type="header">auf das 1740&#x017F;te Jahr.</fw><lb/>
              <lg n="17">
                <l>Hierauf erwiedr&#x2019; ich: Jhr habt Recht. Durch die&#x017F;es<lb/><hi rendition="#et">nu&#x0364;tzliche Metall</hi></l><lb/>
                <l>Wird Mu&#x0364;he, Schweiß und Fleiß belohnt; der Nutzen<lb/><hi rendition="#et">zeigt &#x017F;ich u&#x0364;berall:</hi></l><lb/>
                <l>Und i&#x017F;t es folglich nicht verboten, in die&#x017F;em un&#x017F;erm ird&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">Leben,</hi></l><lb/>
                <l>Jn einer vorge&#x017F;chriebnen Ordnung, mit Mu&#x0364;h darnach<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ich zu be&#x017F;treben,</hi></l><lb/>
                <l>De&#x017F;&#x017F;elben Wehrt erkennen lernen. Jedoch wird keiner<lb/><hi rendition="#et">hieraus &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
                <l>Daß wir, ob &#x017F;ey das Geld die Ab&#x017F;icht von un&#x017F;erm Hier-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;eyn, meynen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</hi></l><lb/>
                <l>Sollt&#x2019; Adam zu dem Endzweck wohl von Gott gebildet<lb/><hi rendition="#et">worden &#x017F;eyn,</hi></l><lb/>
                <l>Um Geld und Reichthum zu erwerben? Be&#x017F;teht darinn<lb/><hi rendition="#et">des Scho&#x0364;pfers Ruhm,</hi></l><lb/>
                <l>Daß einer, in der kurzen Daur des Lebens, mehr zum<lb/><hi rendition="#et">Eigenthum,</hi></l><lb/>
                <l>Als wie ein anderer, erhalte? Du &#x017F;prich&#x017F;t, verhoff&#x2019; ich,<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;elber: nein.</hi></l><lb/>
                <l>So zeiget &#x017F;ich dann u&#x0364;berzeuglich, es &#x017F;ey auf Erden un&#x017F;er<lb/><hi rendition="#et">We&#x017F;en</hi></l><lb/>
                <l>Gewiß zu einem andern Endzweck, von un&#x017F;erm Scho&#x0364;p-<lb/><hi rendition="#et">fer, auserle&#x017F;en.</hi></l><lb/>
                <l>Weil aber, ich weiß nicht, wodurch, &#x017F;ich die&#x017F;er, leider!<lb/><hi rendition="#et">mei&#x017F;t verlohren;</hi></l><lb/>
                <l>So &#x017F;cheint, man hab&#x2019;, an de&#x017F;&#x017F;en Stelle, &#x017F;ich einen anderen<lb/><hi rendition="#et">erkohren.</hi></l><lb/>
                <l>Und, da uns, leider! durch Gewohnheit, der Zweck von<lb/><hi rendition="#et">un&#x017F;erm Da&#x017F;eyn fehlt;</hi></l><lb/>
                <l>So &#x017F;cheint, es habe &#x017F;ich die Men&#x017F;chheit hier andre Ne-<lb/><hi rendition="#et">benweg&#x2019; erwa&#x0364;hlt.</hi></l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">X 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0337] auf das 1740ſte Jahr. Hierauf erwiedr’ ich: Jhr habt Recht. Durch dieſes nuͤtzliche Metall Wird Muͤhe, Schweiß und Fleiß belohnt; der Nutzen zeigt ſich uͤberall: Und iſt es folglich nicht verboten, in dieſem unſerm irdſchen Leben, Jn einer vorgeſchriebnen Ordnung, mit Muͤh darnach ſich zu beſtreben, Deſſelben Wehrt erkennen lernen. Jedoch wird keiner hieraus ſchlieſſen, Daß wir, ob ſey das Geld die Abſicht von unſerm Hier- ſeyn, meynen muͤſſen. Sollt’ Adam zu dem Endzweck wohl von Gott gebildet worden ſeyn, Um Geld und Reichthum zu erwerben? Beſteht darinn des Schoͤpfers Ruhm, Daß einer, in der kurzen Daur des Lebens, mehr zum Eigenthum, Als wie ein anderer, erhalte? Du ſprichſt, verhoff’ ich, ſelber: nein. So zeiget ſich dann uͤberzeuglich, es ſey auf Erden unſer Weſen Gewiß zu einem andern Endzweck, von unſerm Schoͤp- fer, auserleſen. Weil aber, ich weiß nicht, wodurch, ſich dieſer, leider! meiſt verlohren; So ſcheint, man hab’, an deſſen Stelle, ſich einen anderen erkohren. Und, da uns, leider! durch Gewohnheit, der Zweck von unſerm Daſeyn fehlt; So ſcheint, es habe ſich die Menſchheit hier andre Ne- benweg’ erwaͤhlt. Der X 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/337
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/337>, abgerufen am 24.11.2024.