Zu trinken, essen, euch zu mehren? erhaben, groß und reich zu werden? Dieß sagt ihr nicht: Jhr wißt es besser. Die eitlen Handlungen allein, Die können nimmermehr der Endzweck vernünftger Crea- turen seyn, Wovon die Seelen ewig dauren, und, nach dem Abschied von der Erden, Der Seligkeit geniessen sollen. Jhr stutzt vielleicht bey meinem Fragen. Denn würdet ihr, im Ernst, wohl sagen, Jndem ihr nie daran gedacht: Zu diesen angeführten Werken hätt' uns ein weiser Gott gemacht, Damit ihr hier, in vielen Stücken, ein thierisch Leben solltet führen? Jhr solltet Ehr' und Reichthum suchen, um beyd', im Sterben, zu verlieren? Dieß thut ihr nicht. Was bleibt denn übrig? Kommt, laßt uns, mir und euch zur Lehr, Zugleich dem Ursprung aller Dinge zum Preise, Lobe, Ruhm und Ehr, Die Quellen des Betragens suchen! ob etwan, wenn wir sie bedacht, Wir, durch die Herrlichkeit gerührt, noch möchten seyn zu recht gebracht.
Wir Menschen kommen in die Welt, und merkens nicht. Wenn wir es merken, Daß wir auf Erden seyn, und leben; hat die Gewohn- heit allbereit, Daß wir gekommen, ausgetilgt, durch schläfrige Ver- gessenheit.
Das
Neu-Jahrs-Gedicht,
Zu trinken, eſſen, euch zu mehren? erhaben, groß und reich zu werden? Dieß ſagt ihr nicht: Jhr wißt es beſſer. Die eitlen Handlungen allein, Die koͤnnen nimmermehr der Endzweck vernuͤnftger Crea- turen ſeyn, Wovon die Seelen ewig dauren, und, nach dem Abſchied von der Erden, Der Seligkeit genieſſen ſollen. Jhr ſtutzt vielleicht bey meinem Fragen. Denn wuͤrdet ihr, im Ernſt, wohl ſagen, Jndem ihr nie daran gedacht: Zu dieſen angefuͤhrten Werken haͤtt’ uns ein weiſer Gott gemacht, Damit ihr hier, in vielen Stuͤcken, ein thieriſch Leben ſolltet fuͤhren? Jhr ſolltet Ehr’ und Reichthum ſuchen, um beyd’, im Sterben, zu verlieren? Dieß thut ihr nicht. Was bleibt denn uͤbrig? Kommt, laßt uns, mir und euch zur Lehr, Zugleich dem Urſprung aller Dinge zum Preiſe, Lobe, Ruhm und Ehr, Die Quellen des Betragens ſuchen! ob etwan, wenn wir ſie bedacht, Wir, durch die Herrlichkeit geruͤhrt, noch moͤchten ſeyn zu recht gebracht.
Wir Menſchen kommen in die Welt, und merkens nicht. Wenn wir es merken, Daß wir auf Erden ſeyn, und leben; hat die Gewohn- heit allbereit, Daß wir gekommen, ausgetilgt, durch ſchlaͤfrige Ver- geſſenheit.
Das
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Neu-Jahrs-Gedicht,
Zu trinken, eſſen, euch zu mehren? erhaben, groß und
reich zu werden?
Dieß ſagt ihr nicht: Jhr wißt es beſſer. Die eitlen
Handlungen allein,
Die koͤnnen nimmermehr der Endzweck vernuͤnftger Crea-
turen ſeyn,
Wovon die Seelen ewig dauren, und, nach dem Abſchied
von der Erden,
Der Seligkeit genieſſen ſollen. Jhr ſtutzt vielleicht bey
meinem Fragen.
Denn wuͤrdet ihr, im Ernſt, wohl ſagen,
Jndem ihr nie daran gedacht:
Zu dieſen angefuͤhrten Werken haͤtt’ uns ein weiſer Gott
gemacht,
Damit ihr hier, in vielen Stuͤcken, ein thieriſch Leben
ſolltet fuͤhren?
Jhr ſolltet Ehr’ und Reichthum ſuchen, um beyd’, im
Sterben, zu verlieren?
Dieß thut ihr nicht. Was bleibt denn uͤbrig? Kommt,
laßt uns, mir und euch zur Lehr,
Zugleich dem Urſprung aller Dinge zum Preiſe, Lobe,
Ruhm und Ehr,
Die Quellen des Betragens ſuchen! ob etwan, wenn
wir ſie bedacht,
Wir, durch die Herrlichkeit geruͤhrt, noch moͤchten ſeyn
zu recht gebracht.
Wir Menſchen kommen in die Welt, und merkens
nicht. Wenn wir es merken,
Daß wir auf Erden ſeyn, und leben; hat die Gewohn-
heit allbereit,
Daß wir gekommen, ausgetilgt, durch ſchlaͤfrige Ver-
geſſenheit.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/330>, abgerufen am 18.07.2024.
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