Um nun, von dieser großen Wahrheit, ein deutlichs Ebenbild zu geben, Will ich, was einst Chrysostomus, zu diesem Endzweck, von der Welt Für ein vortreff lichs Bild gezeigt, euch auch zu zeigen, mich bestreben.
Er spricht: Es ward, vor vielen Jahren, zu einer recht glückselgen Stadt, Ein unvergleichlich fruchtbarer und schöner Boden aus- ersehen, Der alles, was nur die Natur, an Pracht und Lustig- keiten, hatt', Jn seiner Lag' in sich beschloß. Die allerzierlichsten Alleen, Die allerherrlichsten Palläste, von Marmor, Jaspis und Porphier, Die allerschönsten Lust-Fontainen, Bosquetten, Gärten, waren hier; Parterren, Wälder von Laurier, Orangerien, große Teiche. Die Bürger dieses Lust-Reviers, sind lauter Edle, lauter Reiche, Jn Purpur und Drap d'or gekleidet, mit Perlen und Rubin behangen. Man sahe nichts, als güldne Meublen, in ungemeßnen Zimmern, prangen.
Um nun, mit sich allein vergnügt, in Ruh' und Sicher- heit zu seyn; So gruben sie die Ueberschrift, auf allen ihren Thoren, ein: "Kein Armer nahe sich herzu! kein polternd Hand- werk, Hunger, Noth! "Kein grämlichs Sorgen! keine Bauren! kein' Arbeit! keine Sucht nach Brodt!
Hin-
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in einem Neu-Jahrs-Gedichte.
Um nun, von dieſer großen Wahrheit, ein deutlichs Ebenbild zu geben, Will ich, was einſt Chryſoſtomus, zu dieſem Endzweck, von der Welt Fuͤr ein vortreff lichs Bild gezeigt, euch auch zu zeigen, mich beſtreben.
Er ſpricht: Es ward, vor vielen Jahren, zu einer recht gluͤckſelgen Stadt, Ein unvergleichlich fruchtbarer und ſchoͤner Boden aus- erſehen, Der alles, was nur die Natur, an Pracht und Luſtig- keiten, hatt’, Jn ſeiner Lag’ in ſich beſchloß. Die allerzierlichſten Alleen, Die allerherrlichſten Pallaͤſte, von Marmor, Jaſpis und Porphier, Die allerſchoͤnſten Luſt-Fontainen, Boſquetten, Gaͤrten, waren hier; Parterren, Waͤlder von Laurier, Orangerien, große Teiche. Die Buͤrger dieſes Luſt-Reviers, ſind lauter Edle, lauter Reiche, Jn Purpur und Drap d’or gekleidet, mit Perlen und Rubin behangen. Man ſahe nichts, als guͤldne Meublen, in ungemeßnen Zimmern, prangen.
Um nun, mit ſich allein vergnuͤgt, in Ruh’ und Sicher- heit zu ſeyn; So gruben ſie die Ueberſchrift, auf allen ihren Thoren, ein: “Kein Armer nahe ſich herzu! kein polternd Hand- werk, Hunger, Noth! “Kein graͤmlichs Sorgen! keine Bauren! kein’ Arbeit! keine Sucht nach Brodt!
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in einem Neu-Jahrs-Gedichte.
Um nun, von dieſer großen Wahrheit, ein deutlichs
Ebenbild zu geben,
Will ich, was einſt Chryſoſtomus, zu dieſem Endzweck,
von der Welt
Fuͤr ein vortreff lichs Bild gezeigt, euch auch zu zeigen,
mich beſtreben.
Er ſpricht: Es ward, vor vielen Jahren, zu einer
recht gluͤckſelgen Stadt,
Ein unvergleichlich fruchtbarer und ſchoͤner Boden aus-
erſehen,
Der alles, was nur die Natur, an Pracht und Luſtig-
keiten, hatt’,
Jn ſeiner Lag’ in ſich beſchloß. Die allerzierlichſten Alleen,
Die allerherrlichſten Pallaͤſte, von Marmor, Jaſpis und
Porphier,
Die allerſchoͤnſten Luſt-Fontainen, Boſquetten, Gaͤrten,
waren hier;
Parterren, Waͤlder von Laurier, Orangerien, große Teiche.
Die Buͤrger dieſes Luſt-Reviers, ſind lauter Edle, lauter
Reiche,
Jn Purpur und Drap d’or gekleidet, mit Perlen und
Rubin behangen.
Man ſahe nichts, als guͤldne Meublen, in ungemeßnen
Zimmern, prangen.
Um nun, mit ſich allein vergnuͤgt, in Ruh’ und Sicher-
heit zu ſeyn;
So gruben ſie die Ueberſchrift, auf allen ihren Thoren, ein:
“Kein Armer nahe ſich herzu! kein polternd Hand-
werk, Hunger, Noth!
“Kein graͤmlichs Sorgen! keine Bauren! kein’
Arbeit! keine Sucht nach Brodt!
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/307>, abgerufen am 15.08.2024.
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