Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
vortreffliches Jnsecten-Werk.
Deine Kunst bringt mir demnach eine bessre Meynung
bey

Von dem menschlichen Geschlecht, als ich sie vorher ge-
heget,

Wie mein Gram mich unterdrückt. Da mein Geist
nunmehr erweget:

Daß, was deine Hand formiert, keinem Thiere möglich
sey.

Nimm demnach, erhabner Geist, das Bekenntniß
meiner Lust,

Welche du, in meiner Brust,
Durch die weise Hand erregt, als ein Prob-Stück deiner
Stärke,

Jn der edlen Bildungs-Kunst; aber auch als eine Probe
Meiner wahren Dankbarkeit, da ich, deines Pinsels
Werke,

Oeffentlich erheb' und lobe.
Diesen Dank bin ich dir schuldig, und daher um desto mehr,
Als ich die Betrachtungen, die dein herrlich Werk be-
gleiten,

Meinem Singen ähnlich finde, und dem Ton von meinen
Saiten.

Denn wir mahlen, dichten, schreiben, beyde, zu des
Schöpfers Ehr.

Ja, ich seh mich übertroffen. Deine Kunst legt augen-
blicklich,

Ohne die geringste Müh deiner Schauer, so geschicklich
Jhnen die Natur vor Augen, und so lebhaft. Jch hin-
gegen

Kann, ohne einige Bemühung meines Lesers, ihm den
Sinn

Nicht so schnell vor Augen legen.
Dennoch
vortreffliches Jnſecten-Werk.
Deine Kunſt bringt mir demnach eine beſſre Meynung
bey

Von dem menſchlichen Geſchlecht, als ich ſie vorher ge-
heget,

Wie mein Gram mich unterdruͤckt. Da mein Geiſt
nunmehr erweget:

Daß, was deine Hand formiert, keinem Thiere moͤglich
ſey.

Nimm demnach, erhabner Geiſt, das Bekenntniß
meiner Luſt,

Welche du, in meiner Bruſt,
Durch die weiſe Hand erregt, als ein Prob-Stuͤck deiner
Staͤrke,

Jn der edlen Bildungs-Kunſt; aber auch als eine Probe
Meiner wahren Dankbarkeit, da ich, deines Pinſels
Werke,

Oeffentlich erheb’ und lobe.
Dieſen Dank bin ich dir ſchuldig, und daher um deſto mehr,
Als ich die Betrachtungen, die dein herrlich Werk be-
gleiten,

Meinem Singen aͤhnlich finde, und dem Ton von meinen
Saiten.

Denn wir mahlen, dichten, ſchreiben, beyde, zu des
Schoͤpfers Ehr.

Ja, ich ſeh mich uͤbertroffen. Deine Kunſt legt augen-
blicklich,

Ohne die geringſte Muͤh deiner Schauer, ſo geſchicklich
Jhnen die Natur vor Augen, und ſo lebhaft. Jch hin-
gegen

Kann, ohne einige Bemuͤhung meines Leſers, ihm den
Sinn

Nicht ſo ſchnell vor Augen legen.
Dennoch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0269" n="255"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">vortreffliches Jn&#x017F;ecten-Werk.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="7">
                <l>Deine Kun&#x017F;t bringt mir demnach eine be&#x017F;&#x017F;re Meynung<lb/><hi rendition="#et">bey</hi></l><lb/>
                <l>Von dem men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlecht, als ich &#x017F;ie vorher ge-<lb/><hi rendition="#et">heget,</hi></l><lb/>
                <l>Wie mein Gram mich unterdru&#x0364;ckt. Da mein Gei&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">nunmehr erweget:</hi></l><lb/>
                <l>Daß, was deine Hand formiert, keinem Thiere mo&#x0364;glich<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ey.</hi></l><lb/>
                <l>Nimm demnach, erhabner Gei&#x017F;t, das Bekenntniß<lb/><hi rendition="#et">meiner Lu&#x017F;t,</hi></l><lb/>
                <l>Welche du, in meiner Bru&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Durch die wei&#x017F;e Hand erregt, als ein Prob-Stu&#x0364;ck deiner<lb/><hi rendition="#et">Sta&#x0364;rke,</hi></l><lb/>
                <l>Jn der edlen Bildungs-Kun&#x017F;t; aber auch als eine Probe</l><lb/>
                <l>Meiner wahren Dankbarkeit, da ich, deines Pin&#x017F;els<lb/><hi rendition="#et">Werke,</hi></l><lb/>
                <l>Oeffentlich erheb&#x2019; und lobe.</l><lb/>
                <l>Die&#x017F;en Dank bin ich dir &#x017F;chuldig, und daher um de&#x017F;to mehr,</l><lb/>
                <l>Als ich die Betrachtungen, die dein herrlich Werk be-<lb/><hi rendition="#et">gleiten,</hi></l><lb/>
                <l>Meinem Singen a&#x0364;hnlich finde, und dem Ton von meinen<lb/><hi rendition="#et">Saiten.</hi></l><lb/>
                <l>Denn wir mahlen, dichten, &#x017F;chreiben, beyde, zu des<lb/><hi rendition="#et">Scho&#x0364;pfers Ehr.</hi></l><lb/>
                <l>Ja, ich &#x017F;eh mich u&#x0364;bertroffen. Deine Kun&#x017F;t legt augen-<lb/><hi rendition="#et">blicklich,</hi></l><lb/>
                <l>Ohne die gering&#x017F;te Mu&#x0364;h deiner Schauer, &#x017F;o ge&#x017F;chicklich</l><lb/>
                <l>Jhnen die Natur vor Augen, und &#x017F;o lebhaft. Jch hin-<lb/><hi rendition="#et">gegen</hi></l><lb/>
                <l>Kann, ohne einige Bemu&#x0364;hung meines Le&#x017F;ers, ihm den<lb/><hi rendition="#et">Sinn</hi></l><lb/>
                <l>Nicht &#x017F;o &#x017F;chnell vor Augen legen.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Dennoch</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[255/0269] vortreffliches Jnſecten-Werk. Deine Kunſt bringt mir demnach eine beſſre Meynung bey Von dem menſchlichen Geſchlecht, als ich ſie vorher ge- heget, Wie mein Gram mich unterdruͤckt. Da mein Geiſt nunmehr erweget: Daß, was deine Hand formiert, keinem Thiere moͤglich ſey. Nimm demnach, erhabner Geiſt, das Bekenntniß meiner Luſt, Welche du, in meiner Bruſt, Durch die weiſe Hand erregt, als ein Prob-Stuͤck deiner Staͤrke, Jn der edlen Bildungs-Kunſt; aber auch als eine Probe Meiner wahren Dankbarkeit, da ich, deines Pinſels Werke, Oeffentlich erheb’ und lobe. Dieſen Dank bin ich dir ſchuldig, und daher um deſto mehr, Als ich die Betrachtungen, die dein herrlich Werk be- gleiten, Meinem Singen aͤhnlich finde, und dem Ton von meinen Saiten. Denn wir mahlen, dichten, ſchreiben, beyde, zu des Schoͤpfers Ehr. Ja, ich ſeh mich uͤbertroffen. Deine Kunſt legt augen- blicklich, Ohne die geringſte Muͤh deiner Schauer, ſo geſchicklich Jhnen die Natur vor Augen, und ſo lebhaft. Jch hin- gegen Kann, ohne einige Bemuͤhung meines Leſers, ihm den Sinn Nicht ſo ſchnell vor Augen legen. Dennoch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/269
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/269>, abgerufen am 17.05.2024.