Noch einige Betrachtungen über die Anmuth der Wälder.
Den Sitz des schaudrichten Vergnügens, den Licht- und Schatten-reichen Wald, Der Kühlung, eines heilgen Schreckens, und schneller Vögel Aufenthalt, Wünsch' ich, aus einem neuen Trieb', in ihm, auf Gottes Werk zu achten, Um ihn noch einmal zu besingen, noch einmal, fröhlich, zu betrachten.
Erhabne prächtige Gebäude, die ihr, von der Natur Hand selber, So künstlich, ohne Kunst, formiert! Jhr schön gebogenen Gewölber, Ohn alles Zuthun eines Menschen, vom Schöpfer, in die Luft geführt! Du holdes Schirm-Dach für die Hitze! wie ist dein Wohnplatz, wenn es schwühl, Dem ganzen Körper so gefällig, dein grüner Schatten doch so kühl!
Kein menschlicher Verstand ist fähig, ein Lust-Gebäude zu erfinden, Worinn sich Symmetrie und Nutz, und Lust und Pracht, so schön, verbinden, Als wie in eines Baumes Bau. Es ist, wenn man es recht beachtet, Ein jeder Zweig ein kleiner Baum; und folglich, wenn man dieß betrachtet,
Ein
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Noch einige Betrachtungen uͤber die Anmuth der Waͤlder.
Den Sitz des ſchaudrichten Vergnuͤgens, den Licht- und Schatten-reichen Wald, Der Kuͤhlung, eines heilgen Schreckens, und ſchneller Voͤgel Aufenthalt, Wuͤnſch’ ich, aus einem neuen Trieb’, in ihm, auf Gottes Werk zu achten, Um ihn noch einmal zu beſingen, noch einmal, froͤhlich, zu betrachten.
Erhabne praͤchtige Gebaͤude, die ihr, von der Natur Hand ſelber, So kuͤnſtlich, ohne Kunſt, formiert! Jhr ſchoͤn gebogenen Gewoͤlber, Ohn alles Zuthun eines Menſchen, vom Schoͤpfer, in die Luft gefuͤhrt! Du holdes Schirm-Dach fuͤr die Hitze! wie iſt dein Wohnplatz, wenn es ſchwuͤhl, Dem ganzen Koͤrper ſo gefaͤllig, dein gruͤner Schatten doch ſo kuͤhl!
Kein menſchlicher Verſtand iſt faͤhig, ein Luſt-Gebaͤude zu erfinden, Worinn ſich Symmetrie und Nutz, und Luſt und Pracht, ſo ſchoͤn, verbinden, Als wie in eines Baumes Bau. Es iſt, wenn man es recht beachtet, Ein jeder Zweig ein kleiner Baum; und folglich, wenn man dieß betrachtet,
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Noch einige Betrachtungen uͤber die
Anmuth der Waͤlder.
Den Sitz des ſchaudrichten Vergnuͤgens, den Licht-
und Schatten-reichen Wald,
Der Kuͤhlung, eines heilgen Schreckens, und ſchneller
Voͤgel Aufenthalt,
Wuͤnſch’ ich, aus einem neuen Trieb’, in ihm, auf Gottes
Werk zu achten,
Um ihn noch einmal zu beſingen, noch einmal, froͤhlich,
zu betrachten.
Erhabne praͤchtige Gebaͤude, die ihr, von der Natur
Hand ſelber,
So kuͤnſtlich, ohne Kunſt, formiert!
Jhr ſchoͤn gebogenen Gewoͤlber,
Ohn alles Zuthun eines Menſchen, vom Schoͤpfer, in
die Luft gefuͤhrt!
Du holdes Schirm-Dach fuͤr die Hitze! wie iſt dein
Wohnplatz, wenn es ſchwuͤhl,
Dem ganzen Koͤrper ſo gefaͤllig, dein gruͤner Schatten
doch ſo kuͤhl!
Kein menſchlicher Verſtand iſt faͤhig, ein Luſt-Gebaͤude
zu erfinden,
Worinn ſich Symmetrie und Nutz, und Luſt und Pracht,
ſo ſchoͤn, verbinden,
Als wie in eines Baumes Bau. Es iſt, wenn man es
recht beachtet,
Ein jeder Zweig ein kleiner Baum; und folglich, wenn
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/181>, abgerufen am 16.02.2025.
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