Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Der neue Wald.
Jch hatte, von den ganz verwachsnen Sträuchen,
Die kaum davor zu sehnde jungen Eichen
Gesäubert, so, daß sie nunmehro luftig stunden;
Jch hatt', an Fruchtbarkeit, den schönsten Boden funden.
Der Nemerosa holde Zier
Bedeckt ihn überall, brach überall herfür.
Jch freute mich, als ich, bald hie, bald da,
Das schönste Caprifolium,
Voll Bluhmen, in die Höhe steigen,
Um viele Zweige sich herum
Verwickeln, wieder abwerts neigen,
Und überall sich zeigen, sah;
Aus welchem ich denn alsofort,
Mit wenig Müh, an manchen Ort,
Weil ich sie fast von selbst dazu bereitet fand,
Verschiedne schöne Lauben machte,
Die, da ich sie, nach ihrem eignen Stand,
Nur hin und wieder etwas band,
Jn kurzer Zeit zu Stande brachte.
Wohin ich mich nur wandte; schien
Sich, was ich sahe, zu bemühn,
Und gleichsam alles zu bestreben,
An diesem neuen Lust-Revier,
Noch eine neue Zier,
Mit neuer Schönheit, abzugeben.
Wie nun noch erst im etwas späten Lenzen,
Aus dem so harten Holz der Eichen, allgemach,
Die röhtlich zarte Zier der jungen Blätter, brach,
Entstand im ganzen Wald ein buntes Glänzen,
Jndem der Sonnen helles Licht
Hier nicht allein durch grüne Blätter bricht,
Nein,
E 2
Der neue Wald.
Jch hatte, von den ganz verwachsnen Straͤuchen,
Die kaum davor zu ſehnde jungen Eichen
Geſaͤubert, ſo, daß ſie nunmehro luftig ſtunden;
Jch hatt’, an Fruchtbarkeit, den ſchoͤnſten Boden funden.
Der Nemeroſa holde Zier
Bedeckt ihn uͤberall, brach uͤberall herfuͤr.
Jch freute mich, als ich, bald hie, bald da,
Das ſchoͤnſte Caprifolium,
Voll Bluhmen, in die Hoͤhe ſteigen,
Um viele Zweige ſich herum
Verwickeln, wieder abwerts neigen,
Und uͤberall ſich zeigen, ſah;
Aus welchem ich denn alſofort,
Mit wenig Muͤh, an manchen Ort,
Weil ich ſie faſt von ſelbſt dazu bereitet fand,
Verſchiedne ſchoͤne Lauben machte,
Die, da ich ſie, nach ihrem eignen Stand,
Nur hin und wieder etwas band,
Jn kurzer Zeit zu Stande brachte.
Wohin ich mich nur wandte; ſchien
Sich, was ich ſahe, zu bemuͤhn,
Und gleichſam alles zu beſtreben,
An dieſem neuen Luſt-Revier,
Noch eine neue Zier,
Mit neuer Schoͤnheit, abzugeben.
Wie nun noch erſt im etwas ſpaͤten Lenzen,
Aus dem ſo harten Holz der Eichen, allgemach,
Die roͤhtlich zarte Zier der jungen Blaͤtter, brach,
Entſtand im ganzen Wald ein buntes Glaͤnzen,
Jndem der Sonnen helles Licht
Hier nicht allein durch gruͤne Blaͤtter bricht,
Nein,
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0085" n="67"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der neue Wald.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Jch hatte, von den ganz verwachsnen Stra&#x0364;uchen,</l><lb/>
                <l>Die kaum davor zu &#x017F;ehnde jungen Eichen</l><lb/>
                <l>Ge&#x017F;a&#x0364;ubert, &#x017F;o, daß &#x017F;ie nunmehro luftig &#x017F;tunden;</l><lb/>
                <l>Jch hatt&#x2019;, an Fruchtbarkeit, den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Boden funden.</l><lb/>
                <l>Der Nemero&#x017F;a holde Zier</l><lb/>
                <l>Bedeckt ihn u&#x0364;berall, brach u&#x0364;berall herfu&#x0364;r.</l><lb/>
                <l>Jch freute mich, als ich, bald hie, bald da,</l><lb/>
                <l>Das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Caprifolium,</l><lb/>
                <l>Voll Bluhmen, in die Ho&#x0364;he &#x017F;teigen,</l><lb/>
                <l>Um viele Zweige &#x017F;ich herum</l><lb/>
                <l>Verwickeln, wieder abwerts neigen,</l><lb/>
                <l>Und u&#x0364;berall &#x017F;ich zeigen, &#x017F;ah;</l><lb/>
                <l>Aus welchem ich denn al&#x017F;ofort,</l><lb/>
                <l>Mit wenig Mu&#x0364;h, an manchen Ort,</l><lb/>
                <l>Weil ich &#x017F;ie fa&#x017F;t von &#x017F;elb&#x017F;t dazu bereitet fand,</l><lb/>
                <l>Ver&#x017F;chiedne &#x017F;cho&#x0364;ne Lauben machte,</l><lb/>
                <l>Die, da ich &#x017F;ie, nach ihrem eignen Stand,</l><lb/>
                <l>Nur hin und wieder etwas band,</l><lb/>
                <l>Jn kurzer Zeit zu Stande brachte.</l><lb/>
                <l>Wohin ich mich nur wandte; &#x017F;chien</l><lb/>
                <l>Sich, was ich &#x017F;ahe, zu bemu&#x0364;hn,</l><lb/>
                <l>Und gleich&#x017F;am alles zu be&#x017F;treben,</l><lb/>
                <l>An die&#x017F;em neuen Lu&#x017F;t-Revier,</l><lb/>
                <l>Noch eine neue Zier,</l><lb/>
                <l>Mit neuer Scho&#x0364;nheit, abzugeben.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Wie nun noch er&#x017F;t im etwas &#x017F;pa&#x0364;ten Lenzen,</l><lb/>
                <l>Aus dem &#x017F;o harten Holz der Eichen, allgemach,</l><lb/>
                <l>Die ro&#x0364;htlich zarte Zier der jungen Bla&#x0364;tter, brach,</l><lb/>
                <l>Ent&#x017F;tand im ganzen Wald ein buntes Gla&#x0364;nzen,</l><lb/>
                <l>Jndem der Sonnen helles Licht</l><lb/>
                <l>Hier nicht allein durch gru&#x0364;ne Bla&#x0364;tter bricht,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">E 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Nein,</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0085] Der neue Wald. Jch hatte, von den ganz verwachsnen Straͤuchen, Die kaum davor zu ſehnde jungen Eichen Geſaͤubert, ſo, daß ſie nunmehro luftig ſtunden; Jch hatt’, an Fruchtbarkeit, den ſchoͤnſten Boden funden. Der Nemeroſa holde Zier Bedeckt ihn uͤberall, brach uͤberall herfuͤr. Jch freute mich, als ich, bald hie, bald da, Das ſchoͤnſte Caprifolium, Voll Bluhmen, in die Hoͤhe ſteigen, Um viele Zweige ſich herum Verwickeln, wieder abwerts neigen, Und uͤberall ſich zeigen, ſah; Aus welchem ich denn alſofort, Mit wenig Muͤh, an manchen Ort, Weil ich ſie faſt von ſelbſt dazu bereitet fand, Verſchiedne ſchoͤne Lauben machte, Die, da ich ſie, nach ihrem eignen Stand, Nur hin und wieder etwas band, Jn kurzer Zeit zu Stande brachte. Wohin ich mich nur wandte; ſchien Sich, was ich ſahe, zu bemuͤhn, Und gleichſam alles zu beſtreben, An dieſem neuen Luſt-Revier, Noch eine neue Zier, Mit neuer Schoͤnheit, abzugeben. Wie nun noch erſt im etwas ſpaͤten Lenzen, Aus dem ſo harten Holz der Eichen, allgemach, Die roͤhtlich zarte Zier der jungen Blaͤtter, brach, Entſtand im ganzen Wald ein buntes Glaͤnzen, Jndem der Sonnen helles Licht Hier nicht allein durch gruͤne Blaͤtter bricht, Nein, E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/85
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/85>, abgerufen am 18.05.2024.