Jn deinem traurigen Gehirn, worin der Kreis-Lauf stockt, entstehen, Als wie aus einer bittern Quell', dich selbst verfolgende Jdeen. Dein Auge, nicht an gelber Sucht, an schwarzer krank, sieht, was es siehet, Und wär es noch so rein, so weiß, als wie durch einen schwarzen Flor. Dir kommt die Morgen-Röhte dunkel, ein Stern, wie eine Kohle, vor. Dich deucht, als wenn die Sonne selber in einem düstern Feuer glühet, Wodurch, im grämlichen Gehirn, Gespenster schreckender Jdeen, Die deine schwehre Phantasey zusammen webt, und schwärzt, entstehen.
Nun tragen wir ein billigs Mitleid mit Kranken, den die gelbe Sucht Mit Dunkelheit den Blick benebelt: Allein mit dir, der du die Welt, Und was darinn die weise Liebe des Schöpfers schönes vorgestellt, Mit deinem giftigen Verstande, die deiner düstern Schwehr- muht Frucht, Zu schwärzen, zu entehren suchst, scheint alles Mitleid ungerecht. Ein Feind von GOtt, von der Natur, vom ganzen mensch- lichen Geschlecht, Ja von sich selbst, scheint solch ein Wesen, das zur Un- möglichkeit gehören, Und nie ein Wesen haben sollte. Es muß nur die Erfah- rung lehren,
Daß
nebſt der Beantwortung.
Jn deinem traurigen Gehirn, worin der Kreis-Lauf ſtockt, entſtehen, Als wie aus einer bittern Quell’, dich ſelbſt verfolgende Jdeen. Dein Auge, nicht an gelber Sucht, an ſchwarzer krank, ſieht, was es ſiehet, Und waͤr es noch ſo rein, ſo weiß, als wie durch einen ſchwarzen Flor. Dir kommt die Morgen-Roͤhte dunkel, ein Stern, wie eine Kohle, vor. Dich deucht, als wenn die Sonne ſelber in einem duͤſtern Feuer gluͤhet, Wodurch, im graͤmlichen Gehirn, Geſpenſter ſchreckender Jdeen, Die deine ſchwehre Phantaſey zuſammen webt, und ſchwaͤrzt, entſtehen.
Nun tragen wir ein billigs Mitleid mit Kranken, den die gelbe Sucht Mit Dunkelheit den Blick benebelt: Allein mit dir, der du die Welt, Und was darinn die weiſe Liebe des Schoͤpfers ſchoͤnes vorgeſtellt, Mit deinem giftigen Verſtande, die deiner duͤſtern Schwehr- muht Frucht, Zu ſchwaͤrzen, zu entehren ſuchſt, ſcheint alles Mitleid ungerecht. Ein Feind von GOtt, von der Natur, vom ganzen menſch- lichen Geſchlecht, Ja von ſich ſelbſt, ſcheint ſolch ein Weſen, das zur Un- moͤglichkeit gehoͤren, Und nie ein Weſen haben ſollte. Es muß nur die Erfah- rung lehren,
Daß
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nebſt der Beantwortung.
Jn deinem traurigen Gehirn, worin der Kreis-Lauf ſtockt,
entſtehen,
Als wie aus einer bittern Quell’, dich ſelbſt verfolgende
Jdeen.
Dein Auge, nicht an gelber Sucht, an ſchwarzer krank,
ſieht, was es ſiehet,
Und waͤr es noch ſo rein, ſo weiß, als wie durch einen
ſchwarzen Flor.
Dir kommt die Morgen-Roͤhte dunkel, ein Stern, wie eine
Kohle, vor.
Dich deucht, als wenn die Sonne ſelber in einem duͤſtern
Feuer gluͤhet,
Wodurch, im graͤmlichen Gehirn, Geſpenſter ſchreckender
Jdeen,
Die deine ſchwehre Phantaſey zuſammen webt, und ſchwaͤrzt,
entſtehen.
Nun tragen wir ein billigs Mitleid mit Kranken, den die
gelbe Sucht
Mit Dunkelheit den Blick benebelt: Allein mit dir, der
du die Welt,
Und was darinn die weiſe Liebe des Schoͤpfers ſchoͤnes
vorgeſtellt,
Mit deinem giftigen Verſtande, die deiner duͤſtern Schwehr-
muht Frucht,
Zu ſchwaͤrzen, zu entehren ſuchſt, ſcheint alles Mitleid
ungerecht.
Ein Feind von GOtt, von der Natur, vom ganzen menſch-
lichen Geſchlecht,
Ja von ſich ſelbſt, ſcheint ſolch ein Weſen, das zur Un-
moͤglichkeit gehoͤren,
Und nie ein Weſen haben ſollte. Es muß nur die Erfah-
rung lehren,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 731. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/749>, abgerufen am 22.11.2024.
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