Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Nützliche Betrachtung
Es lehrt uns dieß des Himmels Blau, worinn sich das
Gesicht verlieret,
Wenn uns, selbst seine Dunkelheit, mit einer Art von Ehr-
furcht, rühret.
Die Sonne, die, durch ihre Ferne, wie groß sie gleich,
uns dennoch klein,
Durch den Betrug der Augen, scheint, hört nimmer auf,
den Lebens-Schein
An allen Orten zu verbreiten. Die Nacht läßt, mitten
in dem Dunkeln,
Die Stern', und zwar fast alle Wochen den Augen andre
Sterne funkeln.
Der Tages-Wechsel macht, daß wir zur Ruhe von der
Arbeit gehn,
Des Jahres Wechsel, daß von Arbeit verschiedne Arten
stets geschehn.
Berufet dieses uns nun gleich zu neuen Sorgen; so ent-
stehn
Daraus auch neue Lieblichkeiten, Belohnungen und neuer
Segen,
Worunter denn die Erde selbst, die so geschmückt, so reich,
so schön,
Fast ungezählte Seltenheiten gewohnet ist uns darzu-
legen.
Dieselbe giebt uns ihre Bluhmen, auch ihre Früchte,
Wiesen, Felder,
Erhabne Hügel, sanfte Flächen, Gebürge, Thäler, Büsch'
und Wälder.
Da sind die Wasser überall, die sich, wie eine Schlange,
winden,
Die Erde schön sowohl, als fruchtbar zu machen, überall
zu finden.
Die
Nuͤtzliche Betrachtung
Es lehrt uns dieß des Himmels Blau, worinn ſich das
Geſicht verlieret,
Wenn uns, ſelbſt ſeine Dunkelheit, mit einer Art von Ehr-
furcht, ruͤhret.
Die Sonne, die, durch ihre Ferne, wie groß ſie gleich,
uns dennoch klein,
Durch den Betrug der Augen, ſcheint, hoͤrt nimmer auf,
den Lebens-Schein
An allen Orten zu verbreiten. Die Nacht laͤßt, mitten
in dem Dunkeln,
Die Stern’, und zwar faſt alle Wochen den Augen andre
Sterne funkeln.
Der Tages-Wechſel macht, daß wir zur Ruhe von der
Arbeit gehn,
Des Jahres Wechſel, daß von Arbeit verſchiedne Arten
ſtets geſchehn.
Berufet dieſes uns nun gleich zu neuen Sorgen; ſo ent-
ſtehn
Daraus auch neue Lieblichkeiten, Belohnungen und neuer
Segen,
Worunter denn die Erde ſelbſt, die ſo geſchmuͤckt, ſo reich,
ſo ſchoͤn,
Faſt ungezaͤhlte Seltenheiten gewohnet iſt uns darzu-
legen.
Dieſelbe giebt uns ihre Bluhmen, auch ihre Fruͤchte,
Wieſen, Felder,
Erhabne Huͤgel, ſanfte Flaͤchen, Gebuͤrge, Thaͤler, Buͤſch’
und Waͤlder.
Da ſind die Waſſer uͤberall, die ſich, wie eine Schlange,
winden,
Die Erde ſchoͤn ſowohl, als fruchtbar zu machen, uͤberall
zu finden.
Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0724" n="706"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Nu&#x0364;tzliche Betrachtung</hi> </fw><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Es lehrt uns dieß des Himmels Blau, worinn &#x017F;ich das</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Ge&#x017F;icht verlieret,</hi> </l><lb/>
                <l>Wenn uns, &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eine Dunkelheit, mit einer Art von Ehr-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">furcht, ru&#x0364;hret.</hi> </l><lb/>
                <l>Die Sonne, die, durch ihre Ferne, wie groß &#x017F;ie gleich,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">uns dennoch klein,</hi> </l><lb/>
                <l>Durch den Betrug der Augen, &#x017F;cheint, ho&#x0364;rt nimmer auf,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">den Lebens-Schein</hi> </l><lb/>
                <l>An allen Orten zu verbreiten. Die Nacht la&#x0364;ßt, mitten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">in dem Dunkeln,</hi> </l><lb/>
                <l>Die Stern&#x2019;, und zwar fa&#x017F;t alle Wochen den Augen andre</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Sterne funkeln.</hi> </l><lb/>
                <l>Der Tages-Wech&#x017F;el macht, daß wir zur Ruhe von der</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Arbeit gehn,</hi> </l><lb/>
                <l>Des Jahres Wech&#x017F;el, daß von Arbeit ver&#x017F;chiedne Arten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;tets ge&#x017F;chehn.</hi> </l><lb/>
                <l>Berufet die&#x017F;es uns nun gleich zu neuen Sorgen; &#x017F;o ent-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;tehn</hi> </l><lb/>
                <l>Daraus auch neue Lieblichkeiten, Belohnungen und neuer</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Segen,</hi> </l><lb/>
                <l>Worunter denn die Erde &#x017F;elb&#x017F;t, die &#x017F;o ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt, &#x017F;o reich,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n,</hi> </l><lb/>
                <l>Fa&#x017F;t ungeza&#x0364;hlte Seltenheiten gewohnet i&#x017F;t uns darzu-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">legen.</hi> </l><lb/>
                <l>Die&#x017F;elbe giebt uns ihre Bluhmen, auch ihre Fru&#x0364;chte,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Wie&#x017F;en, Felder,</hi> </l><lb/>
                <l>Erhabne Hu&#x0364;gel, &#x017F;anfte Fla&#x0364;chen, Gebu&#x0364;rge, Tha&#x0364;ler, Bu&#x0364;&#x017F;ch&#x2019;</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">und Wa&#x0364;lder.</hi> </l><lb/>
                <l>Da &#x017F;ind die Wa&#x017F;&#x017F;er u&#x0364;berall, die &#x017F;ich, wie eine Schlange,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">winden,</hi> </l><lb/>
                <l>Die Erde &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;owohl, als fruchtbar zu machen, u&#x0364;berall</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zu finden.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[706/0724] Nuͤtzliche Betrachtung Es lehrt uns dieß des Himmels Blau, worinn ſich das Geſicht verlieret, Wenn uns, ſelbſt ſeine Dunkelheit, mit einer Art von Ehr- furcht, ruͤhret. Die Sonne, die, durch ihre Ferne, wie groß ſie gleich, uns dennoch klein, Durch den Betrug der Augen, ſcheint, hoͤrt nimmer auf, den Lebens-Schein An allen Orten zu verbreiten. Die Nacht laͤßt, mitten in dem Dunkeln, Die Stern’, und zwar faſt alle Wochen den Augen andre Sterne funkeln. Der Tages-Wechſel macht, daß wir zur Ruhe von der Arbeit gehn, Des Jahres Wechſel, daß von Arbeit verſchiedne Arten ſtets geſchehn. Berufet dieſes uns nun gleich zu neuen Sorgen; ſo ent- ſtehn Daraus auch neue Lieblichkeiten, Belohnungen und neuer Segen, Worunter denn die Erde ſelbſt, die ſo geſchmuͤckt, ſo reich, ſo ſchoͤn, Faſt ungezaͤhlte Seltenheiten gewohnet iſt uns darzu- legen. Dieſelbe giebt uns ihre Bluhmen, auch ihre Fruͤchte, Wieſen, Felder, Erhabne Huͤgel, ſanfte Flaͤchen, Gebuͤrge, Thaͤler, Buͤſch’ und Waͤlder. Da ſind die Waſſer uͤberall, die ſich, wie eine Schlange, winden, Die Erde ſchoͤn ſowohl, als fruchtbar zu machen, uͤberall zu finden. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/724
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 706. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/724>, abgerufen am 01.06.2024.