Welch ein Bewunderns-wehrter Cirkel! Was, nach so emsigem Bemühen, Der Landmann in dem Stand gewesen, dem Schooß der Erden zu entziehen, Was hier nunmehr zu Hauf geliefert, und, wohl bedeckt, in Ruhe liegt, Wird bald von neuem aufgemessen, zum Müller und zum Becker kommen, Und wenn es vieler tausend Münde, zum Nutzen und zur Lust, gefüllet, Und theils im Magen uns den Hunger, theils auch, im Bier, den Durst gestillet, Da sie, statt abgegangner Theilchen, an neuen Theilchen zugenommen; Wird alles wiederum getrennt, vermischt, und größten- theils der Erden, Zur abermahligen Bereitung von neuem einverleibet wer- den, Um, nach der wunderbaren Ordnung, in allen uns bekann- ten Dingen, Jn seinem unverrückten Wechsel, den grossen Kreis-Lauf zu vollbringen. Jch dachte den Partikeln nach, aus welchen Fleisch und Blut formiert, Ob etwan etwas Geistiges damit verbunden, welches nur Allein in Fleisch sich zu verkehren, und, nach den Regeln der Natur, Das Thier-Reich zu ernähren tüchtig. Aufs wenigste wird man sie können, Wofern nicht wirklich Geistigkeiten, doch ganz besondre Kräfte nennen,
Wovon
Der Korn-Boden.
Welch ein Bewunderns-wehrter Cirkel! Was, nach ſo emſigem Bemuͤhen, Der Landmann in dem Stand geweſen, dem Schooß der Erden zu entziehen, Was hier nunmehr zu Hauf geliefert, und, wohl bedeckt, in Ruhe liegt, Wird bald von neuem aufgemeſſen, zum Muͤller und zum Becker kommen, Und wenn es vieler tauſend Muͤnde, zum Nutzen und zur Luſt, gefuͤllet, Und theils im Magen uns den Hunger, theils auch, im Bier, den Durſt geſtillet, Da ſie, ſtatt abgegangner Theilchen, an neuen Theilchen zugenommen; Wird alles wiederum getrennt, vermiſcht, und groͤßten- theils der Erden, Zur abermahligen Bereitung von neuem einverleibet wer- den, Um, nach der wunderbaren Ordnung, in allen uns bekann- ten Dingen, Jn ſeinem unverruͤckten Wechſel, den groſſen Kreis-Lauf zu vollbringen. Jch dachte den Partikeln nach, aus welchen Fleiſch und Blut formiert, Ob etwan etwas Geiſtiges damit verbunden, welches nur Allein in Fleiſch ſich zu verkehren, und, nach den Regeln der Natur, Das Thier-Reich zu ernaͤhren tuͤchtig. Aufs wenigſte wird man ſie koͤnnen, Wofern nicht wirklich Geiſtigkeiten, doch ganz beſondre Kraͤfte nennen,
Wovon
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Der Korn-Boden.
Welch ein Bewunderns-wehrter Cirkel! Was, nach ſo
emſigem Bemuͤhen,
Der Landmann in dem Stand geweſen, dem Schooß der
Erden zu entziehen,
Was hier nunmehr zu Hauf geliefert, und, wohl bedeckt,
in Ruhe liegt,
Wird bald von neuem aufgemeſſen, zum Muͤller und zum
Becker kommen,
Und wenn es vieler tauſend Muͤnde, zum Nutzen und zur
Luſt, gefuͤllet,
Und theils im Magen uns den Hunger, theils auch, im
Bier, den Durſt geſtillet,
Da ſie, ſtatt abgegangner Theilchen, an neuen Theilchen
zugenommen;
Wird alles wiederum getrennt, vermiſcht, und groͤßten-
theils der Erden,
Zur abermahligen Bereitung von neuem einverleibet wer-
den,
Um, nach der wunderbaren Ordnung, in allen uns bekann-
ten Dingen,
Jn ſeinem unverruͤckten Wechſel, den groſſen Kreis-Lauf
zu vollbringen.
Jch dachte den Partikeln nach, aus welchen Fleiſch und
Blut formiert,
Ob etwan etwas Geiſtiges damit verbunden, welches nur
Allein in Fleiſch ſich zu verkehren, und, nach den Regeln
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/660>, abgerufen am 22.11.2024.
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