Allein so schnell als er entstand, so schnell sah man ihn auch vergehn. Er kam nachher noch einmahl wieder; doch wie er sich kaum eingefunden, War er auch, durch der Sonnen Kraft, zertheilt, besieget und verschwunden, So daß die Luft aufs neue rein, voll warmer Strahlen, hell und klar, Als wie sie kurz vorhero rein, und hell und klar gewesen war.
30 Der dreißigste war etwas trübe, die unentwölkte Luft war grau, Die Winde regten sich ein wenig, und wehten etwas kalt und rauh; Doch war dieß alles sehr erträglich, indem es weder regnete, Noch schlackrigt war, noch fror, noch stürmte, auch weder Schlossen oder Schnee Die Luft, auch nicht den Erd-Kreis füllten. Des Abends war der Wind gestillt, Es war zwar hell vom Mondenschein, doch war der Mond vom Duft verhüllt.
31 Nunmehr erschien der letzte Tag des Jenners, der nicht minder schön, Als viele vorige gewesen. Die Sonne ließ um neun sich sehn, Nachdem es frühe sanft geregnet, vergüldete so Thal, als Höh'n, Und drückte, durch entwölkte Strahlen, und ihren Flam- men-reichen Schein, Fast eine warme Lauigkeit dem ausgespannten Luft-Kreis ein,
Daß
Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
Allein ſo ſchnell als er entſtand, ſo ſchnell ſah man ihn auch vergehn. Er kam nachher noch einmahl wieder; doch wie er ſich kaum eingefunden, War er auch, durch der Sonnen Kraft, zertheilt, beſieget und verſchwunden, So daß die Luft aufs neue rein, voll warmer Strahlen, hell und klar, Als wie ſie kurz vorhero rein, und hell und klar geweſen war.
30 Der dreißigſte war etwas truͤbe, die unentwoͤlkte Luft war grau, Die Winde regten ſich ein wenig, und wehten etwas kalt und rauh; Doch war dieß alles ſehr ertraͤglich, indem es weder regnete, Noch ſchlackrigt war, noch fror, noch ſtuͤrmte, auch weder Schloſſen oder Schnee Die Luft, auch nicht den Erd-Kreis fuͤllten. Des Abends war der Wind geſtillt, Es war zwar hell vom Mondenſchein, doch war der Mond vom Duft verhuͤllt.
31 Nunmehr erſchien der letzte Tag des Jenners, der nicht minder ſchoͤn, Als viele vorige geweſen. Die Sonne ließ um neun ſich ſehn, Nachdem es fruͤhe ſanft geregnet, verguͤldete ſo Thal, als Hoͤh’n, Und druͤckte, durch entwoͤlkte Strahlen, und ihren Flam- men-reichen Schein, Faſt eine warme Lauigkeit dem ausgeſpannten Luft-Kreis ein,
Daß
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Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
Allein ſo ſchnell als er entſtand, ſo ſchnell ſah man ihn auch
vergehn.
Er kam nachher noch einmahl wieder; doch wie er ſich
kaum eingefunden,
War er auch, durch der Sonnen Kraft, zertheilt, beſieget
und verſchwunden,
So daß die Luft aufs neue rein, voll warmer Strahlen,
hell und klar,
Als wie ſie kurz vorhero rein, und hell und klar geweſen
war.
Der dreißigſte war etwas truͤbe, die unentwoͤlkte Luft
war grau,
Die Winde regten ſich ein wenig, und wehten etwas
kalt und rauh;
Doch war dieß alles ſehr ertraͤglich, indem es weder
regnete,
Noch ſchlackrigt war, noch fror, noch ſtuͤrmte, auch
weder Schloſſen oder Schnee
Die Luft, auch nicht den Erd-Kreis fuͤllten. Des Abends
war der Wind geſtillt,
Es war zwar hell vom Mondenſchein, doch war der Mond
vom Duft verhuͤllt.
Nunmehr erſchien der letzte Tag des Jenners, der nicht
minder ſchoͤn,
Als viele vorige geweſen. Die Sonne ließ um neun
ſich ſehn,
Nachdem es fruͤhe ſanft geregnet, verguͤldete ſo Thal,
als Hoͤh’n,
Und druͤckte, durch entwoͤlkte Strahlen, und ihren Flam-
men-reichen Schein,
Faſt eine warme Lauigkeit dem ausgeſpannten Luft-Kreis
ein,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/577>, abgerufen am 22.11.2024.
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