Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.Winter-Witterung in Ritzebüttel. Das Eis thut nichts, als daß der Strahl sich nur auf ihnverschiedlich bricht. Mir ward, durch dieses Licht, ein Licht in meiner Seele angezündet, Da sie in des Geschöpfes Schönheit die Herrlichkeit des Schöpfers findet. Denn, dacht' ich, was für Herrlichkeit muß doch der Schöpfer selbst besitzen, Durch Den nicht eine Sonne nur, viel' Millionen Sonner blitzen, Erleuchten, strahlen, funkeln, brennen! Ach, betete doch jedermann, Jn Seiner Creatur Betrachtung, Sein' Allmacht, Lieb' und Weisheit an! Der noch viel' wahre Sonnen mehr durch Seinen Wink hervorgebracht, Als Millionen Sonnen-Bilder die Sonn' im klaren Eise macht. 21 Am ein und zwanzigsten war wieder die Luft bedecket und gelinde, Es thauete gemählich auf, beym nicht gar starken Sü- den-Winde, Der Frost, der gestern ziemlich strenge, veränderte sich allgemach, Und, wie gesagt, es thauete, doch sonder Regen, nach und nach. 22 Des Tages drauf erschien aufs neu an dem entwölkten Firmament, Wovon sich aller Nebel-Duft des Morgens unverhoft getrennt, Das Sonnen-Licht in solcher Klarheit, in solcher reinen Heiterkeit, Daß es kaum schöner im April, ja selber in der Mayen-Zeit, Kaum M m 5
Winter-Witterung in Ritzebuͤttel. Das Eis thut nichts, als daß der Strahl ſich nur auf ihnverſchiedlich bricht. Mir ward, durch dieſes Licht, ein Licht in meiner Seele angezuͤndet, Da ſie in des Geſchoͤpfes Schoͤnheit die Herrlichkeit des Schoͤpfers findet. Denn, dacht’ ich, was fuͤr Herrlichkeit muß doch der Schoͤpfer ſelbſt beſitzen, Durch Den nicht eine Sonne nur, viel’ Millionen Sonner blitzen, Erleuchten, ſtrahlen, funkeln, brennen! Ach, betete doch jedermann, Jn Seiner Creatur Betrachtung, Sein’ Allmacht, Lieb’ und Weisheit an! Der noch viel’ wahre Sonnen mehr durch Seinen Wink hervorgebracht, Als Millionen Sonnen-Bilder die Sonn’ im klaren Eiſe macht. 21 Am ein und zwanzigſten war wieder die Luft bedecket und gelinde, Es thauete gemaͤhlich auf, beym nicht gar ſtarken Suͤ- den-Winde, Der Froſt, der geſtern ziemlich ſtrenge, veraͤnderte ſich allgemach, Und, wie geſagt, es thauete, doch ſonder Regen, nach und nach. 22 Des Tages drauf erſchien aufs neu an dem entwoͤlkten Firmament, Wovon ſich aller Nebel-Duft des Morgens unverhoft getrennt, Das Sonnen-Licht in ſolcher Klarheit, in ſolcher reinen Heiterkeit, Daß es kaum ſchoͤner im April, ja ſelber in der Mayen-Zeit, Kaum M m 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <lg n="19"> <pb facs="#f0571" n="553"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.</hi> </fw><lb/> <l>Das Eis thut nichts, als daß der Strahl ſich nur auf ihn</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">verſchiedlich bricht.</hi> </l><lb/> <l>Mir ward, durch dieſes Licht, ein Licht in meiner Seele</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">angezuͤndet,</hi> </l><lb/> <l>Da ſie in des Geſchoͤpfes Schoͤnheit die Herrlichkeit des</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Schoͤpfers findet.</hi> </l><lb/> <l>Denn, dacht’ ich, was fuͤr Herrlichkeit muß doch der</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Schoͤpfer ſelbſt beſitzen,</hi> </l><lb/> <l>Durch Den nicht eine Sonne nur, viel’ Millionen Sonner</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">blitzen,</hi> </l><lb/> <l>Erleuchten, ſtrahlen, funkeln, brennen! Ach, betete</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">doch jedermann,</hi> </l><lb/> <l>Jn Seiner Creatur Betrachtung, Sein’ Allmacht, Lieb’</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">und Weisheit an!</hi> </l><lb/> <l>Der noch viel’ wahre Sonnen mehr durch Seinen Wink</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">hervorgebracht,</hi> </l><lb/> <l>Als Millionen Sonnen-Bilder die Sonn’ im klaren</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Eiſe macht.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="20"> <l><note place="left">21</note> Am ein und zwanzigſten war wieder die Luft bedecket und</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gelinde,</hi> </l><lb/> <l>Es thauete gemaͤhlich auf, beym nicht gar ſtarken Suͤ-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">den-Winde,</hi> </l><lb/> <l>Der Froſt, der geſtern ziemlich ſtrenge, veraͤnderte ſich</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">allgemach,</hi> </l><lb/> <l>Und, wie geſagt, es thauete, doch ſonder Regen, nach</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">und nach.</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="21"> <l><note place="left">22</note> Des Tages drauf erſchien aufs neu an dem entwoͤlkten</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Firmament,</hi> </l><lb/> <l>Wovon ſich aller Nebel-Duft des Morgens unverhoft</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">getrennt,</hi> </l><lb/> <l>Das Sonnen-Licht in ſolcher Klarheit, in ſolcher reinen</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Heiterkeit,</hi> </l><lb/> <l>Daß es kaum ſchoͤner im April, ja ſelber in der Mayen-Zeit,</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">M m 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Kaum</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [553/0571]
Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
Das Eis thut nichts, als daß der Strahl ſich nur auf ihn
verſchiedlich bricht.
Mir ward, durch dieſes Licht, ein Licht in meiner Seele
angezuͤndet,
Da ſie in des Geſchoͤpfes Schoͤnheit die Herrlichkeit des
Schoͤpfers findet.
Denn, dacht’ ich, was fuͤr Herrlichkeit muß doch der
Schoͤpfer ſelbſt beſitzen,
Durch Den nicht eine Sonne nur, viel’ Millionen Sonner
blitzen,
Erleuchten, ſtrahlen, funkeln, brennen! Ach, betete
doch jedermann,
Jn Seiner Creatur Betrachtung, Sein’ Allmacht, Lieb’
und Weisheit an!
Der noch viel’ wahre Sonnen mehr durch Seinen Wink
hervorgebracht,
Als Millionen Sonnen-Bilder die Sonn’ im klaren
Eiſe macht.
Am ein und zwanzigſten war wieder die Luft bedecket und
gelinde,
Es thauete gemaͤhlich auf, beym nicht gar ſtarken Suͤ-
den-Winde,
Der Froſt, der geſtern ziemlich ſtrenge, veraͤnderte ſich
allgemach,
Und, wie geſagt, es thauete, doch ſonder Regen, nach
und nach.
Des Tages drauf erſchien aufs neu an dem entwoͤlkten
Firmament,
Wovon ſich aller Nebel-Duft des Morgens unverhoft
getrennt,
Das Sonnen-Licht in ſolcher Klarheit, in ſolcher reinen
Heiterkeit,
Daß es kaum ſchoͤner im April, ja ſelber in der Mayen-Zeit,
Kaum
M m 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |