Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Winter-Witterung in Ritzebüttel.
Und, voller Lust ob Deinen Wundern, o HErr! erheb
und lob ich Dich.
Noch mehr, als ich nachher so gar
Noch in des Winter-Monats Mitte die Witterung im
selben Jahr
Nicht nur so leidlich bleiben sah, ja, daß ich gar am kürz-
sten Tage
Zwar etwas Eis und etwas Schnee, der hin und her zer-
streuet lage,
Doch selbes in der Mittags-Sonne so hell und schön
bestrahlt erblickte,
Daß sich der Acker überall, als wär er übersilbert, schmückte.
Wobey ich denn, vom Sonnen-Strahl, in welchem ich
bewundernd stand,
Sowohl die stille Luft fast lau, als, mit der ausgestreckten
Hand,
Vom Sonnenschein bestrahlte Bretter recht warm, als
wie im Sommer, fand.
Es ließ dadurch sich auch der Schnee, der auf den brau-
nen Kohl gefallen,
Und in den krausen Ecken hing, zumtheil geschmolzen,
wunderschön,
Jn den durchstrahlten grossen Tropfen, als rein-geschlisne
Berg-Krystallen,
Bey auch durchstrahltem bunten Laub, in tausend bunten
Blitzen seh'n.

Jch dacht hierüber bey mir selbst, wie kann doch dieses
möglich seyn,
Daß wir noch so viel Wärme spühren bey so entferntem
Sonnenschein?
Und fand, es sey dieß ein Beweis von unsrer Sonnen
eignen Kraft,
Daß

Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
Und, voller Luſt ob Deinen Wundern, o HErr! erheb
und lob ich Dich.
Noch mehr, als ich nachher ſo gar
Noch in des Winter-Monats Mitte die Witterung im
ſelben Jahr
Nicht nur ſo leidlich bleiben ſah, ja, daß ich gar am kuͤrz-
ſten Tage
Zwar etwas Eis und etwas Schnee, der hin und her zer-
ſtreuet lage,
Doch ſelbes in der Mittags-Sonne ſo hell und ſchoͤn
beſtrahlt erblickte,
Daß ſich der Acker uͤberall, als waͤr er uͤberſilbert, ſchmuͤckte.
Wobey ich denn, vom Sonnen-Strahl, in welchem ich
bewundernd ſtand,
Sowohl die ſtille Luft faſt lau, als, mit der ausgeſtreckten
Hand,
Vom Sonnenſchein beſtrahlte Bretter recht warm, als
wie im Sommer, fand.
Es ließ dadurch ſich auch der Schnee, der auf den brau-
nen Kohl gefallen,
Und in den krauſen Ecken hing, zumtheil geſchmolzen,
wunderſchoͤn,
Jn den durchſtrahlten groſſen Tropfen, als rein-geſchliſne
Berg-Kryſtallen,
Bey auch durchſtrahltem bunten Laub, in tauſend bunten
Blitzen ſeh’n.

Jch dacht hieruͤber bey mir ſelbſt, wie kann doch dieſes
moͤglich ſeyn,
Daß wir noch ſo viel Waͤrme ſpuͤhren bey ſo entferntem
Sonnenſchein?
Und fand, es ſey dieß ein Beweis von unſrer Sonnen
eignen Kraft,
Daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="3">
                <pb facs="#f0557" n="539"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Winter-Witterung in Ritzebu&#x0364;ttel.</hi> </fw><lb/>
                <l>Und, voller Lu&#x017F;t ob Deinen Wundern, o HErr! erheb</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">und lob ich Dich.</hi> </l><lb/>
                <l>Noch mehr, als ich nachher &#x017F;o gar</l><lb/>
                <l>Noch in des Winter-Monats Mitte die Witterung im</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;elben Jahr</hi> </l><lb/>
                <l>Nicht nur &#x017F;o leidlich bleiben &#x017F;ah, ja, daß ich gar am ku&#x0364;rz-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ten Tage</hi> </l><lb/>
                <l>Zwar etwas Eis und etwas Schnee, der hin und her zer-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;treuet lage,</hi> </l><lb/>
                <l>Doch &#x017F;elbes in der Mittags-Sonne &#x017F;o hell und &#x017F;cho&#x0364;n</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">be&#x017F;trahlt erblickte,</hi> </l><lb/>
                <l>Daß &#x017F;ich der Acker u&#x0364;berall, als wa&#x0364;r er u&#x0364;ber&#x017F;ilbert, &#x017F;chmu&#x0364;ckte.</l><lb/>
                <l>Wobey ich denn, vom Sonnen-Strahl, in welchem ich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">bewundernd &#x017F;tand,</hi> </l><lb/>
                <l>Sowohl die &#x017F;tille Luft fa&#x017F;t lau, als, mit der ausge&#x017F;treckten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Hand,</hi> </l><lb/>
                <l>Vom Sonnen&#x017F;chein be&#x017F;trahlte Bretter recht warm, als</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">wie im Sommer, fand.</hi> </l><lb/>
                <l>Es ließ dadurch &#x017F;ich auch der Schnee, der auf den brau-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">nen Kohl gefallen,</hi> </l><lb/>
                <l>Und in den krau&#x017F;en Ecken hing, zumtheil ge&#x017F;chmolzen,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">wunder&#x017F;cho&#x0364;n,</hi> </l><lb/>
                <l>Jn den durch&#x017F;trahlten gro&#x017F;&#x017F;en Tropfen, als rein-ge&#x017F;chli&#x017F;ne</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Berg-Kry&#x017F;tallen,</hi> </l><lb/>
                <l>Bey auch durch&#x017F;trahltem bunten Laub, in tau&#x017F;end bunten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Blitzen &#x017F;eh&#x2019;n.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Jch dacht hieru&#x0364;ber bey mir &#x017F;elb&#x017F;t, wie kann doch die&#x017F;es</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">mo&#x0364;glich &#x017F;eyn,</hi> </l><lb/>
                <l>Daß wir noch &#x017F;o viel Wa&#x0364;rme &#x017F;pu&#x0364;hren bey &#x017F;o entferntem</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Sonnen&#x017F;chein?</hi> </l><lb/>
                <l>Und fand, es &#x017F;ey dieß ein Beweis von un&#x017F;rer Sonnen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">eignen Kraft,</hi> </l><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Daß</fw><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[539/0557] Winter-Witterung in Ritzebuͤttel. Und, voller Luſt ob Deinen Wundern, o HErr! erheb und lob ich Dich. Noch mehr, als ich nachher ſo gar Noch in des Winter-Monats Mitte die Witterung im ſelben Jahr Nicht nur ſo leidlich bleiben ſah, ja, daß ich gar am kuͤrz- ſten Tage Zwar etwas Eis und etwas Schnee, der hin und her zer- ſtreuet lage, Doch ſelbes in der Mittags-Sonne ſo hell und ſchoͤn beſtrahlt erblickte, Daß ſich der Acker uͤberall, als waͤr er uͤberſilbert, ſchmuͤckte. Wobey ich denn, vom Sonnen-Strahl, in welchem ich bewundernd ſtand, Sowohl die ſtille Luft faſt lau, als, mit der ausgeſtreckten Hand, Vom Sonnenſchein beſtrahlte Bretter recht warm, als wie im Sommer, fand. Es ließ dadurch ſich auch der Schnee, der auf den brau- nen Kohl gefallen, Und in den krauſen Ecken hing, zumtheil geſchmolzen, wunderſchoͤn, Jn den durchſtrahlten groſſen Tropfen, als rein-geſchliſne Berg-Kryſtallen, Bey auch durchſtrahltem bunten Laub, in tauſend bunten Blitzen ſeh’n. Jch dacht hieruͤber bey mir ſelbſt, wie kann doch dieſes moͤglich ſeyn, Daß wir noch ſo viel Waͤrme ſpuͤhren bey ſo entferntem Sonnenſchein? Und fand, es ſey dieß ein Beweis von unſrer Sonnen eignen Kraft, Daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/557
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/557>, abgerufen am 22.11.2024.