So daß, selbst bey bedecktem Wetter, und wo es schattig ist, man meynt, Als ob, auch selbst auf dunklen Stellen, im schnellen Licht die Sonne strahlet, Und recht, als ob derselben Gluht, und güldner Glanz im Dunklen scheint. Ja, da in Wäldern überall die Vorwürf' itzo meistens kühl, So scheinen, durch dieß röhtlich-gelbe, sehr viele Stellen warm und schwühl.
Sind nun die niedern Oerter bunt; so siehet man, nicht minder schön, Die annoch Blätter-reichen Eichen in ihrer Wipfel bunten Höh'n, Als wären sie mit tausend sanften, gebrochnen, nach der Kunst gemischten Und temperirten Farben, lieblich so angelegt, als übermahlt. Die denn, zumahl vom hellen Licht der Sonne durch- und angestrahlt, Jn einer lieblich-bunten Gluht, durchs Auge, Sinn und Herz erfrischten. Unzählbar ist der bunten Stellen verschiedne Mannigfal- tigkeit, Unzählbar Farben, Licht und Schatten. Hier sieht man, hinter grünen Zweigen, Sich gelbe, gleich dem Golde, zeigen, Dort hinter gelben dunkel-grüne, ja gleichsam brennend, rohte dort Jn heller bald, bald dunkler Gluht: und kurz, an einem jeden Ort Verspühret ein vernünftigs Aug' ein angenehmes Farben- Spiel.
Es
E e 3
Die Schoͤnheit der Waͤlder im Herbſt.
So daß, ſelbſt bey bedecktem Wetter, und wo es ſchattig iſt, man meynt, Als ob, auch ſelbſt auf dunklen Stellen, im ſchnellen Licht die Sonne ſtrahlet, Und recht, als ob derſelben Gluht, und guͤldner Glanz im Dunklen ſcheint. Ja, da in Waͤldern uͤberall die Vorwuͤrf’ itzo meiſtens kuͤhl, So ſcheinen, durch dieß roͤhtlich-gelbe, ſehr viele Stellen warm und ſchwuͤhl.
Sind nun die niedern Oerter bunt; ſo ſiehet man, nicht minder ſchoͤn, Die annoch Blaͤtter-reichen Eichen in ihrer Wipfel bunten Hoͤh’n, Als waͤren ſie mit tauſend ſanften, gebrochnen, nach der Kunſt gemiſchten Und temperirten Farben, lieblich ſo angelegt, als uͤbermahlt. Die denn, zumahl vom hellen Licht der Sonne durch- und angeſtrahlt, Jn einer lieblich-bunten Gluht, durchs Auge, Sinn und Herz erfriſchten. Unzaͤhlbar iſt der bunten Stellen verſchiedne Mannigfal- tigkeit, Unzaͤhlbar Farben, Licht und Schatten. Hier ſieht man, hinter gruͤnen Zweigen, Sich gelbe, gleich dem Golde, zeigen, Dort hinter gelben dunkel-gruͤne, ja gleichſam brennend, rohte dort Jn heller bald, bald dunkler Gluht: und kurz, an einem jeden Ort Verſpuͤhret ein vernuͤnftigs Aug’ ein angenehmes Farben- Spiel.
Es
E e 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0455"n="437"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die Schoͤnheit der Waͤlder im Herbſt.</hi></fw><lb/><lgn="3"><l>So daß, ſelbſt bey bedecktem Wetter, und wo es ſchattig iſt,</l><lb/><l><hirendition="#et">man meynt,</hi></l><lb/><l>Als ob, auch ſelbſt auf dunklen Stellen, im ſchnellen Licht</l><lb/><l><hirendition="#et">die Sonne ſtrahlet,</hi></l><lb/><l>Und recht, als ob derſelben Gluht, und guͤldner Glanz im</l><lb/><l><hirendition="#et">Dunklen ſcheint.</hi></l><lb/><l>Ja, da in Waͤldern uͤberall die Vorwuͤrf’ itzo meiſtens</l><lb/><l><hirendition="#et">kuͤhl,</hi></l><lb/><l>So ſcheinen, durch dieß roͤhtlich-gelbe, ſehr viele Stellen</l><lb/><l><hirendition="#et">warm und ſchwuͤhl.</hi></l></lg><lb/><lgn="4"><l>Sind nun die niedern Oerter bunt; ſo ſiehet man, nicht</l><lb/><l><hirendition="#et">minder ſchoͤn,</hi></l><lb/><l>Die annoch Blaͤtter-reichen Eichen in ihrer Wipfel bunten</l><lb/><l><hirendition="#et">Hoͤh’n,</hi></l><lb/><l>Als waͤren ſie mit tauſend ſanften, gebrochnen, nach der Kunſt</l><lb/><l><hirendition="#et">gemiſchten</hi></l><lb/><l>Und temperirten Farben, lieblich ſo angelegt, als uͤbermahlt.</l><lb/><l>Die denn, zumahl vom hellen Licht der Sonne durch- und</l><lb/><l><hirendition="#et">angeſtrahlt,</hi></l><lb/><l>Jn einer lieblich-bunten Gluht, durchs Auge, Sinn und</l><lb/><l><hirendition="#et">Herz erfriſchten.</hi></l><lb/><l>Unzaͤhlbar iſt der bunten Stellen verſchiedne Mannigfal-</l><lb/><l><hirendition="#et">tigkeit,</hi></l><lb/><l>Unzaͤhlbar Farben, Licht und Schatten. Hier ſieht man,</l><lb/><l><hirendition="#et">hinter gruͤnen Zweigen,</hi></l><lb/><l>Sich gelbe, gleich dem Golde, zeigen,</l><lb/><l>Dort hinter gelben dunkel-gruͤne, ja gleichſam brennend,</l><lb/><l><hirendition="#et">rohte dort</hi></l><lb/><l>Jn heller bald, bald dunkler Gluht: und kurz, an einem jeden</l><lb/><l><hirendition="#et">Ort</hi></l><lb/><l>Verſpuͤhret ein vernuͤnftigs Aug’ ein angenehmes Farben-</l><lb/><l><hirendition="#et">Spiel.</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">E e 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Es</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[437/0455]
Die Schoͤnheit der Waͤlder im Herbſt.
So daß, ſelbſt bey bedecktem Wetter, und wo es ſchattig iſt,
man meynt,
Als ob, auch ſelbſt auf dunklen Stellen, im ſchnellen Licht
die Sonne ſtrahlet,
Und recht, als ob derſelben Gluht, und guͤldner Glanz im
Dunklen ſcheint.
Ja, da in Waͤldern uͤberall die Vorwuͤrf’ itzo meiſtens
kuͤhl,
So ſcheinen, durch dieß roͤhtlich-gelbe, ſehr viele Stellen
warm und ſchwuͤhl.
Sind nun die niedern Oerter bunt; ſo ſiehet man, nicht
minder ſchoͤn,
Die annoch Blaͤtter-reichen Eichen in ihrer Wipfel bunten
Hoͤh’n,
Als waͤren ſie mit tauſend ſanften, gebrochnen, nach der Kunſt
gemiſchten
Und temperirten Farben, lieblich ſo angelegt, als uͤbermahlt.
Die denn, zumahl vom hellen Licht der Sonne durch- und
angeſtrahlt,
Jn einer lieblich-bunten Gluht, durchs Auge, Sinn und
Herz erfriſchten.
Unzaͤhlbar iſt der bunten Stellen verſchiedne Mannigfal-
tigkeit,
Unzaͤhlbar Farben, Licht und Schatten. Hier ſieht man,
hinter gruͤnen Zweigen,
Sich gelbe, gleich dem Golde, zeigen,
Dort hinter gelben dunkel-gruͤne, ja gleichſam brennend,
rohte dort
Jn heller bald, bald dunkler Gluht: und kurz, an einem jeden
Ort
Verſpuͤhret ein vernuͤnftigs Aug’ ein angenehmes Farben-
Spiel.
Es
E e 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/455>, abgerufen am 01.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.