Auf denn, mein Geist! trit eine neue Bahn Jn dieser Zeiten Theilung an! Betrachte die Gestalt und Schönheit unsrer Welt Jtzt, da des Sommers Glanz annoch nicht ganz verschwun- den, Die dritte Jahres-Zeit sich noch nicht eingefunden, Der Herbst sich noch nicht eingestellt. Wie wenn der Schatten und das Licht Jn einer Dämmrung sich verbinden, Und wir ein Abend-Roht, das schön, Noch kurz vorher am Himmel seh'n; So werden wir nicht minder finden, Daß in des Sommers letzten Tagen, Und eh der Herbst noch selbst sich zu uns naht, Man überall noch manch Behagen Auf Erden zu geniessen hat.
Die Lüfte sind nicht mehr so heftig schwühl, Doch noch nicht kalt, sie werden kühl. Das Laub ist noch nicht welk, es ist noch grün und schön, Wozwischen Frucht und Obst im rohten Schmuck zu sehn. Das Feld ist theils noch grün, und theils bereits gepflü- get, Wovon uns denn so wohl der Unterscheid, Als beydes vor sich selbst vergnüget. Die Purpur-farbne Lieblichkeit Der noch nicht schwarzen Flieder-Beeren, Die ihre Zweig', wie vormahls mit der Blüht', Mit der nur uns gesunden Last beschwehren, Vergnügen itzt den Blick. Beschaut sie wohl! denn bald Verändert sich in Schwarz die purpurne Gestalt. Wir können schon auf noch belaubten Hecken Der Hagebutten Roht entdecken,
So
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Eintheilung der Jahrs-Zeiten.
Auf denn, mein Geiſt! trit eine neue Bahn Jn dieſer Zeiten Theilung an! Betrachte die Geſtalt und Schoͤnheit unſrer Welt Jtzt, da des Sommers Glanz annoch nicht ganz verſchwun- den, Die dritte Jahres-Zeit ſich noch nicht eingefunden, Der Herbſt ſich noch nicht eingeſtellt. Wie wenn der Schatten und das Licht Jn einer Daͤmmrung ſich verbinden, Und wir ein Abend-Roht, das ſchoͤn, Noch kurz vorher am Himmel ſeh’n; So werden wir nicht minder finden, Daß in des Sommers letzten Tagen, Und eh der Herbſt noch ſelbſt ſich zu uns naht, Man uͤberall noch manch Behagen Auf Erden zu genieſſen hat.
Die Luͤfte ſind nicht mehr ſo heftig ſchwuͤhl, Doch noch nicht kalt, ſie werden kuͤhl. Das Laub iſt noch nicht welk, es iſt noch gruͤn und ſchoͤn, Wozwiſchen Frucht und Obſt im rohten Schmuck zu ſehn. Das Feld iſt theils noch gruͤn, und theils bereits gepfluͤ- get, Wovon uns denn ſo wohl der Unterſcheid, Als beydes vor ſich ſelbſt vergnuͤget. Die Purpur-farbne Lieblichkeit Der noch nicht ſchwarzen Flieder-Beeren, Die ihre Zweig’, wie vormahls mit der Bluͤht’, Mit der nur uns geſunden Laſt beſchwehren, Vergnuͤgen itzt den Blick. Beſchaut ſie wohl! denn bald Veraͤndert ſich in Schwarz die purpurne Geſtalt. Wir koͤnnen ſchon auf noch belaubten Hecken Der Hagebutten Roht entdecken,
So
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Eintheilung der Jahrs-Zeiten.
Auf denn, mein Geiſt! trit eine neue Bahn
Jn dieſer Zeiten Theilung an!
Betrachte die Geſtalt und Schoͤnheit unſrer Welt
Jtzt, da des Sommers Glanz annoch nicht ganz verſchwun-
den,
Die dritte Jahres-Zeit ſich noch nicht eingefunden,
Der Herbſt ſich noch nicht eingeſtellt.
Wie wenn der Schatten und das Licht
Jn einer Daͤmmrung ſich verbinden,
Und wir ein Abend-Roht, das ſchoͤn,
Noch kurz vorher am Himmel ſeh’n;
So werden wir nicht minder finden,
Daß in des Sommers letzten Tagen,
Und eh der Herbſt noch ſelbſt ſich zu uns naht,
Man uͤberall noch manch Behagen
Auf Erden zu genieſſen hat.
Die Luͤfte ſind nicht mehr ſo heftig ſchwuͤhl,
Doch noch nicht kalt, ſie werden kuͤhl.
Das Laub iſt noch nicht welk, es iſt noch gruͤn und ſchoͤn,
Wozwiſchen Frucht und Obſt im rohten Schmuck zu ſehn.
Das Feld iſt theils noch gruͤn, und theils bereits gepfluͤ-
get,
Wovon uns denn ſo wohl der Unterſcheid,
Als beydes vor ſich ſelbſt vergnuͤget.
Die Purpur-farbne Lieblichkeit
Der noch nicht ſchwarzen Flieder-Beeren,
Die ihre Zweig’, wie vormahls mit der Bluͤht’,
Mit der nur uns geſunden Laſt beſchwehren,
Vergnuͤgen itzt den Blick. Beſchaut ſie wohl! denn bald
Veraͤndert ſich in Schwarz die purpurne Geſtalt.
Wir koͤnnen ſchon auf noch belaubten Hecken
Der Hagebutten Roht entdecken,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/443>, abgerufen am 26.06.2024.
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