Der Schatten dunkle Nachbarschaft Vermehrt des güldnen Lichtes Kraft.
Jn der sonst rein- und heitern Luft Schwebt hie und da ein zarter Duft, An welchem, wenn er sich vereint, Und hin und wieder Wolken bildet, Die Sonne so vortreflich scheint, Daß sie, recht in der That vergüldet, Ein wirklich Meer vom Golde zeigen, Aus welchem Strahlen abwerts steigen. So hell, so feurig ist ihr Schein, Daß, sähe man die Sonne nicht, Jhr Schimmer selbst ein Sonnen-Licht, Und eine Licht-Quell könnte seyn. Es scheint auch, daß auf unsrer Erde, Vom Strahl, der sich an ihnen bricht, Das sonst schon schöne Sonnen-Licht, Der rohte Glanz, vermehret werde, Und daß sichs noch zu andern füge. Man bildet sich von diesem Schein Unmöglich fast was anders ein, Als daß vom Himmels-Abend-Roht Auch etwas auf der Erden liege. Die Schönheit rührte meine Brust Mit einer ganz besondern Lust, Es ward durch die so schöne Pracht Ein Andacht-Feuer angefacht, Es fing so kräftig an zu glimmen, Und mein dadurch bewegter Mund, Der gleich zum Singen fertig stund, Ein frohes Lob-Lied anzustimmen:
HErr,
X 5
zur Abend-Zeit.
Der Schatten dunkle Nachbarſchaft Vermehrt des guͤldnen Lichtes Kraft.
Jn der ſonſt rein- und heitern Luft Schwebt hie und da ein zarter Duft, An welchem, wenn er ſich vereint, Und hin und wieder Wolken bildet, Die Sonne ſo vortreflich ſcheint, Daß ſie, recht in der That verguͤldet, Ein wirklich Meer vom Golde zeigen, Aus welchem Strahlen abwerts ſteigen. So hell, ſo feurig iſt ihr Schein, Daß, ſaͤhe man die Sonne nicht, Jhr Schimmer ſelbſt ein Sonnen-Licht, Und eine Licht-Quell koͤnnte ſeyn. Es ſcheint auch, daß auf unſrer Erde, Vom Strahl, der ſich an ihnen bricht, Das ſonſt ſchon ſchoͤne Sonnen-Licht, Der rohte Glanz, vermehret werde, Und daß ſichs noch zu andern fuͤge. Man bildet ſich von dieſem Schein Unmoͤglich faſt was anders ein, Als daß vom Himmels-Abend-Roht Auch etwas auf der Erden liege. Die Schoͤnheit ruͤhrte meine Bruſt Mit einer ganz beſondern Luſt, Es ward durch die ſo ſchoͤne Pracht Ein Andacht-Feuer angefacht, Es fing ſo kraͤftig an zu glimmen, Und mein dadurch bewegter Mund, Der gleich zum Singen fertig ſtund, Ein frohes Lob-Lied anzuſtimmen:
HErr,
X 5
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zur Abend-Zeit.
Der Schatten dunkle Nachbarſchaft
Vermehrt des guͤldnen Lichtes Kraft.
Jn der ſonſt rein- und heitern Luft
Schwebt hie und da ein zarter Duft,
An welchem, wenn er ſich vereint,
Und hin und wieder Wolken bildet,
Die Sonne ſo vortreflich ſcheint,
Daß ſie, recht in der That verguͤldet,
Ein wirklich Meer vom Golde zeigen,
Aus welchem Strahlen abwerts ſteigen.
So hell, ſo feurig iſt ihr Schein,
Daß, ſaͤhe man die Sonne nicht,
Jhr Schimmer ſelbſt ein Sonnen-Licht,
Und eine Licht-Quell koͤnnte ſeyn.
Es ſcheint auch, daß auf unſrer Erde,
Vom Strahl, der ſich an ihnen bricht,
Das ſonſt ſchon ſchoͤne Sonnen-Licht,
Der rohte Glanz, vermehret werde,
Und daß ſichs noch zu andern fuͤge.
Man bildet ſich von dieſem Schein
Unmoͤglich faſt was anders ein,
Als daß vom Himmels-Abend-Roht
Auch etwas auf der Erden liege.
Die Schoͤnheit ruͤhrte meine Bruſt
Mit einer ganz beſondern Luſt,
Es ward durch die ſo ſchoͤne Pracht
Ein Andacht-Feuer angefacht,
Es fing ſo kraͤftig an zu glimmen,
Und mein dadurch bewegter Mund,
Der gleich zum Singen fertig ſtund,
Ein frohes Lob-Lied anzuſtimmen:
HErr,
X 5
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/347>, abgerufen am 23.11.2024.
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