Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Rosen-Gedanken.
Sich etwa könne länger halten.
Jedoch gesteh ich gern, daß ichs nicht völlig fasse,
Und es daher an witzigern, als ich,
Bescheidentlich
Zu untersuchen überlasse.

Wie ich nachher, und zwar bey Licht,
Das mannigfaltige Gepränge
Der Rosen, die in solcher Menge,
(O wunderschönes Schaugericht)
Jn einer großen Schüssel lagen,
Für Lust halb ausser mir, besah,
Und gar, um mein Gesicht dadurch zu stärken,
Und sie noch besser zu bemerken,
Die offne Hand zum Lichte nah,
Doch mit gefügten Fingern, streckte,
Wodurch ich selbiges bedeckte,
Daß aller Stralen Schein
Nicht in mein Aug, auf sie allein,
Jn voller Fülle fiel;
Mein Gott! welch eine Gluht, und welch ein Farben-Spiel,
Von lieblich funkelnden Rubinen,
So wohl als von Smaragden-gleichem Grünen,
Ward ich auf ihnen,
Vor Lust erstaunt, gewahr!
So roth als grün schien hundermal so klar,
Als wie vorhin. Ein fast nicht irdscher Glanz
Erfüllte meine Schüssel ganz,
Und, durch die Augen, mein Gemüthe,
Daß ich mich nicht enthalten kunnt,
O Schöpfer, dir, der solche Pracht,
Aus lauter Liebe, Huld und Güte,
Fürs menschliche Geschlecht hervor gebracht,
Nebst

Roſen-Gedanken.
Sich etwa koͤnne laͤnger halten.
Jedoch geſteh ich gern, daß ichs nicht voͤllig faſſe,
Und es daher an witzigern, als ich,
Beſcheidentlich
Zu unterſuchen uͤberlaſſe.

Wie ich nachher, und zwar bey Licht,
Das mannigfaltige Gepraͤnge
Der Roſen, die in ſolcher Menge,
(O wunderſchoͤnes Schaugericht)
Jn einer großen Schuͤſſel lagen,
Fuͤr Luſt halb auſſer mir, beſah,
Und gar, um mein Geſicht dadurch zu ſtaͤrken,
Und ſie noch beſſer zu bemerken,
Die offne Hand zum Lichte nah,
Doch mit gefuͤgten Fingern, ſtreckte,
Wodurch ich ſelbiges bedeckte,
Daß aller Stralen Schein
Nicht in mein Aug, auf ſie allein,
Jn voller Fuͤlle fiel;
Mein Gott! welch eine Gluht, und welch ein Farben-Spiel,
Von lieblich funkelnden Rubinen,
So wohl als von Smaragden-gleichem Gruͤnen,
Ward ich auf ihnen,
Vor Luſt erſtaunt, gewahr!
So roth als gruͤn ſchien hundermal ſo klar,
Als wie vorhin. Ein faſt nicht irdſcher Glanz
Erfuͤllte meine Schuͤſſel ganz,
Und, durch die Augen, mein Gemuͤthe,
Daß ich mich nicht enthalten kunnt,
O Schoͤpfer, dir, der ſolche Pracht,
Aus lauter Liebe, Huld und Guͤte,
Fuͤrs menſchliche Geſchlecht hervor gebracht,
Nebſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="24">
            <l><pb facs="#f0071" n="47"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ro&#x017F;en-Gedanken.</hi></fw><lb/>
Sich etwa ko&#x0364;nne la&#x0364;nger halten.</l><lb/>
            <l>Jedoch ge&#x017F;teh ich gern, daß ichs nicht vo&#x0364;llig fa&#x017F;&#x017F;e,</l><lb/>
            <l>Und es daher an witzigern, als ich,</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;cheidentlich</l><lb/>
            <l>Zu unter&#x017F;uchen u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="25">
            <l>Wie ich nachher, und zwar bey Licht,</l><lb/>
            <l>Das mannigfaltige Gepra&#x0364;nge</l><lb/>
            <l>Der Ro&#x017F;en, die in &#x017F;olcher Menge,</l><lb/>
            <l>(O wunder&#x017F;cho&#x0364;nes Schaugericht)</l><lb/>
            <l>Jn einer großen Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el lagen,</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;r Lu&#x017F;t halb au&#x017F;&#x017F;er mir, be&#x017F;ah,</l><lb/>
            <l>Und gar, um mein Ge&#x017F;icht dadurch zu &#x017F;ta&#x0364;rken,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie noch be&#x017F;&#x017F;er zu bemerken,</l><lb/>
            <l>Die offne Hand zum Lichte nah,</l><lb/>
            <l>Doch mit gefu&#x0364;gten Fingern, &#x017F;treckte,</l><lb/>
            <l>Wodurch ich &#x017F;elbiges bedeckte,</l><lb/>
            <l>Daß aller Stralen Schein</l><lb/>
            <l>Nicht in mein Aug, auf &#x017F;ie allein,</l><lb/>
            <l>Jn voller Fu&#x0364;lle fiel;</l><lb/>
            <l>Mein Gott! welch eine Gluht, und welch ein Farben-Spiel,</l><lb/>
            <l>Von lieblich funkelnden Rubinen,</l><lb/>
            <l>So wohl als von Smaragden-gleichem Gru&#x0364;nen,</l><lb/>
            <l>Ward ich auf ihnen,</l><lb/>
            <l>Vor Lu&#x017F;t er&#x017F;taunt, gewahr!</l><lb/>
            <l>So roth als gru&#x0364;n &#x017F;chien hundermal &#x017F;o klar,</l><lb/>
            <l>Als wie vorhin. Ein fa&#x017F;t nicht ird&#x017F;cher Glanz</l><lb/>
            <l>Erfu&#x0364;llte meine Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el ganz,</l><lb/>
            <l>Und, durch die Augen, mein Gemu&#x0364;the,</l><lb/>
            <l>Daß ich mich nicht enthalten kunnt,</l><lb/>
            <l>O Scho&#x0364;pfer, dir, der &#x017F;olche Pracht,</l><lb/>
            <l>Aus lauter Liebe, Huld und Gu&#x0364;te,</l><lb/>
            <l>Fu&#x0364;rs men&#x017F;chliche Ge&#x017F;chlecht hervor gebracht,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Neb&#x017F;t</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0071] Roſen-Gedanken. Sich etwa koͤnne laͤnger halten. Jedoch geſteh ich gern, daß ichs nicht voͤllig faſſe, Und es daher an witzigern, als ich, Beſcheidentlich Zu unterſuchen uͤberlaſſe. Wie ich nachher, und zwar bey Licht, Das mannigfaltige Gepraͤnge Der Roſen, die in ſolcher Menge, (O wunderſchoͤnes Schaugericht) Jn einer großen Schuͤſſel lagen, Fuͤr Luſt halb auſſer mir, beſah, Und gar, um mein Geſicht dadurch zu ſtaͤrken, Und ſie noch beſſer zu bemerken, Die offne Hand zum Lichte nah, Doch mit gefuͤgten Fingern, ſtreckte, Wodurch ich ſelbiges bedeckte, Daß aller Stralen Schein Nicht in mein Aug, auf ſie allein, Jn voller Fuͤlle fiel; Mein Gott! welch eine Gluht, und welch ein Farben-Spiel, Von lieblich funkelnden Rubinen, So wohl als von Smaragden-gleichem Gruͤnen, Ward ich auf ihnen, Vor Luſt erſtaunt, gewahr! So roth als gruͤn ſchien hundermal ſo klar, Als wie vorhin. Ein faſt nicht irdſcher Glanz Erfuͤllte meine Schuͤſſel ganz, Und, durch die Augen, mein Gemuͤthe, Daß ich mich nicht enthalten kunnt, O Schoͤpfer, dir, der ſolche Pracht, Aus lauter Liebe, Huld und Guͤte, Fuͤrs menſchliche Geſchlecht hervor gebracht, Nebſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/71
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/71>, abgerufen am 05.12.2024.