Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
der Menschen gegen Gott.
So lernet denn den Kern der Seelen, derselben allerbeste
Kraft,

Wodurch sie, nebst der sinnlichen, auch eine denkend' Eigen-
schaft,

So lange sie hier lebt, besitzt, auf eine solche Weise brauchen,
Wozu sie eigentlich gegeben. Das heisset: Unsern Gott zu
ehren,

Der ihr und aller Dinge Schöpfer, zu sehn, zu schme-
cken und zu hören.

Hiedurch wird Gott, in unsrer Lust, ein stetig Lobes-Opfer
rauchen.

Wenn dieß geschicht, entdecken wir viel Millionen Wunder-
werke,

Jn Erde, Wasser, Luft und Himmel, und in demselben Got-
tes Stärke,

Und Lieb und Weisheit überzeuglich, da von den großen Him-
mels-Kreisen,

Und ihrer Meng an bis zum Staub, ihn all in ihrem Wesen
weisen,

Jn ihrer Ordnung, Schmuck und Schönheit, ihn all, als ih-
ren Schöpfer, preisen.
So, wie die Seele mit den Körpern, durch Gottes Ordnung,
fest verbunden:

So muß mit unsern äussern Sinnen, den gleichsam körperli-
chen Thüren,

Wodurch, und ohne welche nicht, wir aller Körper Arten
spüren,

Dasjenige, was in uns denket, ohn Unterlaß vereint gefunden,
Und billig nie geschieden seyn. Wofern wir so die Kraft der
Seelen,

Mit Gottes Creaturen hier durch Maaß, untadelhaft vermählen:
So
der Menſchen gegen Gott.
So lernet denn den Kern der Seelen, derſelben allerbeſte
Kraft,

Wodurch ſie, nebſt der ſinnlichen, auch eine denkend’ Eigen-
ſchaft,

So lange ſie hier lebt, beſitzt, auf eine ſolche Weiſe brauchen,
Wozu ſie eigentlich gegeben. Das heiſſet: Unſern Gott zu
ehren,

Der ihr und aller Dinge Schoͤpfer, zu ſehn, zu ſchme-
cken und zu hoͤren.

Hiedurch wird Gott, in unſrer Luſt, ein ſtetig Lobes-Opfer
rauchen.

Wenn dieß geſchicht, entdecken wir viel Millionen Wunder-
werke,

Jn Erde, Waſſer, Luft und Himmel, und in demſelben Got-
tes Staͤrke,

Und Lieb und Weisheit uͤberzeuglich, da von den großen Him-
mels-Kreiſen,

Und ihrer Meng an bis zum Staub, ihn all in ihrem Weſen
weiſen,

Jn ihrer Ordnung, Schmuck und Schoͤnheit, ihn all, als ih-
ren Schoͤpfer, preiſen.
So, wie die Seele mit den Koͤrpern, durch Gottes Ordnung,
feſt verbunden:

So muß mit unſern aͤuſſern Sinnen, den gleichſam koͤrperli-
chen Thuͤren,

Wodurch, und ohne welche nicht, wir aller Koͤrper Arten
ſpuͤren,

Dasjenige, was in uns denket, ohn Unterlaß vereint gefunden,
Und billig nie geſchieden ſeyn. Wofern wir ſo die Kraft der
Seelen,

Mit Gottes Creaturen hier durch Maaß, untadelhaft vermaͤhlen:
So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0679" n="655"/>
            <fw place="top" type="header">der Men&#x017F;chen gegen Gott.</fw><lb/>
            <lg n="51">
              <l>So lernet denn den Kern der Seelen, der&#x017F;elben allerbe&#x017F;te<lb/><hi rendition="#et">Kraft,</hi></l><lb/>
              <l>Wodurch &#x017F;ie, neb&#x017F;t der &#x017F;innlichen, auch eine denkend&#x2019; Eigen-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chaft,</hi></l><lb/>
              <l>So lange &#x017F;ie hier lebt, be&#x017F;itzt, auf eine &#x017F;olche Wei&#x017F;e brauchen,</l><lb/>
              <l>Wozu &#x017F;ie eigentlich gegeben. Das hei&#x017F;&#x017F;et: <hi rendition="#fr">Un&#x017F;ern Gott zu<lb/><hi rendition="#et">ehren,</hi></hi></l><lb/>
              <l>Der ihr und aller Dinge Scho&#x0364;pfer, <hi rendition="#fr">zu &#x017F;ehn, zu &#x017F;chme-<lb/><hi rendition="#et">cken und zu ho&#x0364;ren.</hi></hi></l><lb/>
              <l>Hiedurch wird Gott, in un&#x017F;rer Lu&#x017F;t, ein &#x017F;tetig Lobes-Opfer<lb/><hi rendition="#et">rauchen.</hi></l><lb/>
              <l>Wenn dieß ge&#x017F;chicht, entdecken wir viel Millionen Wunder-<lb/><hi rendition="#et">werke,</hi></l><lb/>
              <l>Jn Erde, Wa&#x017F;&#x017F;er, Luft und Himmel, und in dem&#x017F;elben Got-<lb/><hi rendition="#et">tes Sta&#x0364;rke,</hi></l><lb/>
              <l>Und Lieb und Weisheit u&#x0364;berzeuglich, da von den großen Him-<lb/><hi rendition="#et">mels-Krei&#x017F;en,</hi></l><lb/>
              <l>Und ihrer Meng an bis zum Staub, ihn all in ihrem We&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">wei&#x017F;en,</hi></l><lb/>
              <l>Jn ihrer Ordnung, Schmuck und Scho&#x0364;nheit, ihn all, als ih-<lb/><hi rendition="#et">ren Scho&#x0364;pfer, prei&#x017F;en.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="52">
              <l>So, wie die Seele mit den Ko&#x0364;rpern, durch Gottes Ordnung,<lb/><hi rendition="#et">fe&#x017F;t verbunden:</hi></l><lb/>
              <l>So muß mit un&#x017F;ern a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern Sinnen, den gleich&#x017F;am ko&#x0364;rperli-<lb/><hi rendition="#et">chen Thu&#x0364;ren,</hi></l><lb/>
              <l>Wodurch, und ohne welche nicht, wir aller Ko&#x0364;rper Arten<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;pu&#x0364;ren,</hi></l><lb/>
              <l>Dasjenige, was in uns denket, ohn Unterlaß vereint gefunden,</l><lb/>
              <l>Und billig nie ge&#x017F;chieden &#x017F;eyn. Wofern wir &#x017F;o die Kraft der<lb/><hi rendition="#et">Seelen,</hi></l><lb/>
              <l>Mit Gottes Creaturen hier durch Maaß, untadelhaft verma&#x0364;hlen:<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/></l>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[655/0679] der Menſchen gegen Gott. So lernet denn den Kern der Seelen, derſelben allerbeſte Kraft, Wodurch ſie, nebſt der ſinnlichen, auch eine denkend’ Eigen- ſchaft, So lange ſie hier lebt, beſitzt, auf eine ſolche Weiſe brauchen, Wozu ſie eigentlich gegeben. Das heiſſet: Unſern Gott zu ehren, Der ihr und aller Dinge Schoͤpfer, zu ſehn, zu ſchme- cken und zu hoͤren. Hiedurch wird Gott, in unſrer Luſt, ein ſtetig Lobes-Opfer rauchen. Wenn dieß geſchicht, entdecken wir viel Millionen Wunder- werke, Jn Erde, Waſſer, Luft und Himmel, und in demſelben Got- tes Staͤrke, Und Lieb und Weisheit uͤberzeuglich, da von den großen Him- mels-Kreiſen, Und ihrer Meng an bis zum Staub, ihn all in ihrem Weſen weiſen, Jn ihrer Ordnung, Schmuck und Schoͤnheit, ihn all, als ih- ren Schoͤpfer, preiſen. So, wie die Seele mit den Koͤrpern, durch Gottes Ordnung, feſt verbunden: So muß mit unſern aͤuſſern Sinnen, den gleichſam koͤrperli- chen Thuͤren, Wodurch, und ohne welche nicht, wir aller Koͤrper Arten ſpuͤren, Dasjenige, was in uns denket, ohn Unterlaß vereint gefunden, Und billig nie geſchieden ſeyn. Wofern wir ſo die Kraft der Seelen, Mit Gottes Creaturen hier durch Maaß, untadelhaft vermaͤhlen: So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/679
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/679>, abgerufen am 28.05.2024.