Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrachtung einiger Pflichteu
Gethan zu haben, auch entstanden? Auch ob dieselben, wie sie
dich
Erzeugten, das Geringste nur von dir, so wohl was äusserlich
Als innerlich an dir vorhanden, auch das Geringste nur gewußt,
Ob etwas, ja nicht einst einmal die blinde seltsam-süsse Lust,
Die ihnen auch geschenkt, hiebey fürs Jhrige zu rechnen sey.

So siehest du unwidersprechlich und überzeuglich ja die Spur,
Daß sie zu dem, was du geworden, nichts anders, als das
Werkzeug nur,

Ohn Witz und sonder Kunst gewesen. Wie künstlich nun dein
Leib formiret,

Von dem, was ihn so Regel-recht, aus fast untheilbarn Thei-
len zieret.

Der Sinnen Kunst und Wunderwerk, sammt andern unge-
zählten Gaben,

Weil wir davon schon anderwerts verschiedenes beschrie-
ben haben,

Will ich allhier nicht wiederholen. Nur muß ich etwas von
der Weise,

Die ihn ernährt und wachsen macht, von seinem Trank und
seiner Speise,

Mit kurzen sehn. Dasjenige, wodurch er wächst, und was ihn
nährt,

Sind Erdgewächse, Fleisch und Fisch. Wer ist es, der ihm
die beschehrt?

Wer ist es, der derselben Theile so wunder-wunderbarlich
füget,

Daß es ihn nicht allein erhält, auch ihn, wenn er es nimmt,
vergnüget,

Daß es sich in sein wirklich Fleisch, und in sein Wesen selbst
verkehrt?
Wer

Betrachtung einiger Pflichteu
Gethan zu haben, auch entſtanden? Auch ob dieſelben, wie ſie
dich
Erzeugten, das Geringſte nur von dir, ſo wohl was aͤuſſerlich
Als innerlich an dir vorhanden, auch das Geringſte nur gewußt,
Ob etwas, ja nicht einſt einmal die blinde ſeltſam-ſuͤſſe Luſt,
Die ihnen auch geſchenkt, hiebey fuͤrs Jhrige zu rechnen ſey.

So ſieheſt du unwiderſprechlich und uͤberzeuglich ja die Spur,
Daß ſie zu dem, was du geworden, nichts anders, als das
Werkzeug nur,

Ohn Witz und ſonder Kunſt geweſen. Wie kuͤnſtlich nun dein
Leib formiret,

Von dem, was ihn ſo Regel-recht, aus faſt untheilbarn Thei-
len zieret.

Der Sinnen Kunſt und Wunderwerk, ſammt andern unge-
zaͤhlten Gaben,

Weil wir davon ſchon anderwerts verſchiedenes beſchrie-
ben haben,

Will ich allhier nicht wiederholen. Nur muß ich etwas von
der Weiſe,

Die ihn ernaͤhrt und wachſen macht, von ſeinem Trank und
ſeiner Speiſe,

Mit kurzen ſehn. Dasjenige, wodurch er waͤchſt, und was ihn
naͤhrt,

Sind Erdgewaͤchſe, Fleiſch und Fiſch. Wer iſt es, der ihm
die beſchehrt?

Wer iſt es, der derſelben Theile ſo wunder-wunderbarlich
fuͤget,

Daß es ihn nicht allein erhaͤlt, auch ihn, wenn er es nimmt,
vergnuͤget,

Daß es ſich in ſein wirklich Fleiſch, und in ſein Weſen ſelbſt
verkehrt?
Wer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg n="46">
              <l><pb facs="#f0676" n="652"/><fw place="top" type="header">Betrachtung einiger Pflichteu</fw><lb/>
Gethan zu haben, auch ent&#x017F;tanden? Auch ob die&#x017F;elben, wie &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#et">dich</hi></l><lb/>
              <l>Erzeugten, das Gering&#x017F;te nur von dir, &#x017F;o wohl was a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich</l><lb/>
              <l>Als innerlich an dir vorhanden, auch das Gering&#x017F;te nur gewußt,</l><lb/>
              <l>Ob etwas, ja nicht ein&#x017F;t einmal die blinde &#x017F;elt&#x017F;am-&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Lu&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Die ihnen auch ge&#x017F;chenkt, hiebey fu&#x0364;rs Jhrige zu rechnen &#x017F;ey.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="47">
              <l>So &#x017F;iehe&#x017F;t du unwider&#x017F;prechlich und u&#x0364;berzeuglich ja die Spur,</l><lb/>
              <l>Daß &#x017F;ie zu dem, was du geworden, nichts anders, als das<lb/><hi rendition="#et">Werkzeug nur,</hi></l><lb/>
              <l>Ohn Witz und &#x017F;onder Kun&#x017F;t gewe&#x017F;en. Wie ku&#x0364;n&#x017F;tlich nun dein<lb/><hi rendition="#et">Leib formiret,</hi></l><lb/>
              <l>Von dem, was ihn &#x017F;o Regel-recht, aus fa&#x017F;t untheilbarn Thei-<lb/><hi rendition="#et">len zieret.</hi></l><lb/>
              <l>Der Sinnen Kun&#x017F;t und Wunderwerk, &#x017F;ammt andern unge-<lb/><hi rendition="#et">za&#x0364;hlten Gaben,</hi></l><lb/>
              <l>Weil wir davon &#x017F;chon anderwerts ver&#x017F;chiedenes be&#x017F;chrie-<lb/><hi rendition="#et">ben haben,</hi></l><lb/>
              <l>Will ich allhier nicht wiederholen. Nur muß ich etwas von<lb/><hi rendition="#et">der Wei&#x017F;e,</hi></l><lb/>
              <l>Die ihn erna&#x0364;hrt und wach&#x017F;en macht, von &#x017F;einem Trank und<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;einer Spei&#x017F;e,</hi></l><lb/>
              <l>Mit kurzen &#x017F;ehn. Dasjenige, wodurch er wa&#x0364;ch&#x017F;t, und was ihn<lb/><hi rendition="#et">na&#x0364;hrt,</hi></l><lb/>
              <l>Sind Erdgewa&#x0364;ch&#x017F;e, Flei&#x017F;ch und Fi&#x017F;ch. Wer i&#x017F;t es, der ihm<lb/><hi rendition="#et">die be&#x017F;chehrt?</hi></l><lb/>
              <l>Wer i&#x017F;t es, der der&#x017F;elben Theile &#x017F;o wunder-wunderbarlich<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;get,</hi></l><lb/>
              <l>Daß es ihn nicht allein erha&#x0364;lt, auch ihn, wenn er es nimmt,<lb/><hi rendition="#et">vergnu&#x0364;get,</hi></l><lb/>
              <l>Daß es &#x017F;ich in &#x017F;ein wirklich Flei&#x017F;ch, und in &#x017F;ein We&#x017F;en &#x017F;elb&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">verkehrt?</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wer</fw><lb/></l>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[652/0676] Betrachtung einiger Pflichteu Gethan zu haben, auch entſtanden? Auch ob dieſelben, wie ſie dich Erzeugten, das Geringſte nur von dir, ſo wohl was aͤuſſerlich Als innerlich an dir vorhanden, auch das Geringſte nur gewußt, Ob etwas, ja nicht einſt einmal die blinde ſeltſam-ſuͤſſe Luſt, Die ihnen auch geſchenkt, hiebey fuͤrs Jhrige zu rechnen ſey. So ſieheſt du unwiderſprechlich und uͤberzeuglich ja die Spur, Daß ſie zu dem, was du geworden, nichts anders, als das Werkzeug nur, Ohn Witz und ſonder Kunſt geweſen. Wie kuͤnſtlich nun dein Leib formiret, Von dem, was ihn ſo Regel-recht, aus faſt untheilbarn Thei- len zieret. Der Sinnen Kunſt und Wunderwerk, ſammt andern unge- zaͤhlten Gaben, Weil wir davon ſchon anderwerts verſchiedenes beſchrie- ben haben, Will ich allhier nicht wiederholen. Nur muß ich etwas von der Weiſe, Die ihn ernaͤhrt und wachſen macht, von ſeinem Trank und ſeiner Speiſe, Mit kurzen ſehn. Dasjenige, wodurch er waͤchſt, und was ihn naͤhrt, Sind Erdgewaͤchſe, Fleiſch und Fiſch. Wer iſt es, der ihm die beſchehrt? Wer iſt es, der derſelben Theile ſo wunder-wunderbarlich fuͤget, Daß es ihn nicht allein erhaͤlt, auch ihn, wenn er es nimmt, vergnuͤget, Daß es ſich in ſein wirklich Fleiſch, und in ſein Weſen ſelbſt verkehrt? Wer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/676
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/676>, abgerufen am 24.11.2024.