Betrachtung einiger hauptsächlichen Pflichten der Menschen, gegen Gott.
Neu-Jahrs Gedicht, auf das 1737. Jahr.
Woher entsteht itzt scharfer Frost? Woher auch oft ein schlackigt Wetter? Wie kömmts, daß Gras und Kraut vergeht? daß alle Blumen, alle Blätter Verschrumpfen, welken und verschwinden? Wie kömmts, daß alles unfruchtbar, Daß jetzt die Erde ganz morastig, die dicke Luft fast nim- mer klar, Das Wasser wild und wütend ist, daß seine Wellen wallend brausen, Daß, voller Hagel und voll Schnee, die stürmerischen Winde sausen, Daß alles, was man sieht, verwildert, daß alles, was man sieht, verstört, Daß was man fühlt, unangenehm, daß Acker, Wald und Feld verheert, Daß wir, in einer wilden Gährung, der Elementen Kräfte sehn, Als wie in einem scharfen Kampf, verwirret durch einander gehn, Mit einer ungestümen Wuth, mit ungebundener Gewalt? Und kurz; daß gleichsam die Natur in einer widrigern Ge- stalt,
Als
Betrachtung einiger Pflichten
Betrachtung einiger hauptſaͤchlichen Pflichten der Menſchen, gegen Gott.
Neu-Jahrs Gedicht, auf das 1737. Jahr.
Woher entſteht itzt ſcharfer Froſt? Woher auch oft ein ſchlackigt Wetter? Wie koͤmmts, daß Gras und Kraut vergeht? daß alle Blumen, alle Blaͤtter Verſchrumpfen, welken und verſchwinden? Wie koͤmmts, daß alles unfruchtbar, Daß jetzt die Erde ganz moraſtig, die dicke Luft faſt nim- mer klar, Das Waſſer wild und wuͤtend iſt, daß ſeine Wellen wallend brauſen, Daß, voller Hagel und voll Schnee, die ſtuͤrmeriſchen Winde ſauſen, Daß alles, was man ſieht, verwildert, daß alles, was man ſieht, verſtoͤrt, Daß was man fuͤhlt, unangenehm, daß Acker, Wald und Feld verheert, Daß wir, in einer wilden Gaͤhrung, der Elementen Kraͤfte ſehn, Als wie in einem ſcharfen Kampf, verwirret durch einander gehn, Mit einer ungeſtuͤmen Wuth, mit ungebundener Gewalt? Und kurz; daß gleichſam die Natur in einer widrigern Ge- ſtalt,
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Betrachtung einiger Pflichten
Betrachtung
einiger hauptſaͤchlichen Pflichten
der Menſchen, gegen Gott.
Neu-Jahrs Gedicht, auf das 1737. Jahr.
Woher entſteht itzt ſcharfer Froſt? Woher auch oft ein
ſchlackigt Wetter?
Wie koͤmmts, daß Gras und Kraut vergeht? daß alle Blumen,
alle Blaͤtter
Verſchrumpfen, welken und verſchwinden? Wie koͤmmts, daß
alles unfruchtbar,
Daß jetzt die Erde ganz moraſtig, die dicke Luft faſt nim-
mer klar,
Das Waſſer wild und wuͤtend iſt, daß ſeine Wellen wallend
brauſen,
Daß, voller Hagel und voll Schnee, die ſtuͤrmeriſchen Winde
ſauſen,
Daß alles, was man ſieht, verwildert, daß alles, was man
ſieht, verſtoͤrt,
Daß was man fuͤhlt, unangenehm, daß Acker, Wald und Feld
verheert,
Daß wir, in einer wilden Gaͤhrung, der Elementen Kraͤfte ſehn,
Als wie in einem ſcharfen Kampf, verwirret durch einander gehn,
Mit einer ungeſtuͤmen Wuth, mit ungebundener Gewalt?
Und kurz; daß gleichſam die Natur in einer widrigern Ge-
ſtalt,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/672>, abgerufen am 24.11.2024.
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