Wie Smaragd und wie Rubin, Jn der schönsten Mischung hier, Jn besonders holder Zier. Seht, wie sichs so lieblich mischt, Daß es Blick und Herz erfrischt!
Doch ist dieß noch nicht genug; An durchdringendem Geruch, Welcher edlen Myrrhen gleich, Jst dieß grüne Sternchen reich. Diese Bitterkeit, gemischet Mit der Süßigkeit der Rosen, Dient, da sie uns recht erfrischet, Unsern Nasen liebzukosen, Wie ich denn von der Mixtur Die geheime Kraft erfuhr, Und den holden Einfluß fühlte, Als ich sie beym Stiel ergriff, Sanfte vor die Nase hielte, Da ich gleich vor Anmuth rief, Und dieß Loblied hören ließ:
O mein Gott! wie wundersüß Sind, durch deinen Gnaden-Willen, Diese Kräfte, die hier quillen! Ob uns mehr die zarte Fluht, Die zwar kühlet, doch nicht netzet, Oder die Rubinen-Gluht, Die zwar brennt, doch nicht verletzet, Oder aber obs Gefühl, Da so Duft als Blätter kühl, Unsre Seele mehr ergötzet, Weis die Seele selber nicht. Aber sie erblickt ein Licht,
Da
Abermalige Betrachtung der Roſe.
Wie Smaragd und wie Rubin, Jn der ſchoͤnſten Miſchung hier, Jn beſonders holder Zier. Seht, wie ſichs ſo lieblich miſcht, Daß es Blick und Herz erfriſcht!
Doch iſt dieß noch nicht genug; An durchdringendem Geruch, Welcher edlen Myrrhen gleich, Jſt dieß gruͤne Sternchen reich. Dieſe Bitterkeit, gemiſchet Mit der Suͤßigkeit der Roſen, Dient, da ſie uns recht erfriſchet, Unſern Naſen liebzukoſen, Wie ich denn von der Mixtur Die geheime Kraft erfuhr, Und den holden Einfluß fuͤhlte, Als ich ſie beym Stiel ergriff, Sanfte vor die Naſe hielte, Da ich gleich vor Anmuth rief, Und dieß Loblied hoͤren ließ:
O mein Gott! wie wunderſuͤß Sind, durch deinen Gnaden-Willen, Dieſe Kraͤfte, die hier quillen! Ob uns mehr die zarte Fluht, Die zwar kuͤhlet, doch nicht netzet, Oder die Rubinen-Gluht, Die zwar brennt, doch nicht verletzet, Oder aber obs Gefuͤhl, Da ſo Duft als Blaͤtter kuͤhl, Unſre Seele mehr ergoͤtzet, Weis die Seele ſelber nicht. Aber ſie erblickt ein Licht,
Da
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Abermalige Betrachtung der Roſe.
Wie Smaragd und wie Rubin,
Jn der ſchoͤnſten Miſchung hier,
Jn beſonders holder Zier.
Seht, wie ſichs ſo lieblich miſcht,
Daß es Blick und Herz erfriſcht!
Doch iſt dieß noch nicht genug;
An durchdringendem Geruch,
Welcher edlen Myrrhen gleich,
Jſt dieß gruͤne Sternchen reich.
Dieſe Bitterkeit, gemiſchet
Mit der Suͤßigkeit der Roſen,
Dient, da ſie uns recht erfriſchet,
Unſern Naſen liebzukoſen,
Wie ich denn von der Mixtur
Die geheime Kraft erfuhr,
Und den holden Einfluß fuͤhlte,
Als ich ſie beym Stiel ergriff,
Sanfte vor die Naſe hielte,
Da ich gleich vor Anmuth rief,
Und dieß Loblied hoͤren ließ:
O mein Gott! wie wunderſuͤß
Sind, durch deinen Gnaden-Willen,
Dieſe Kraͤfte, die hier quillen!
Ob uns mehr die zarte Fluht,
Die zwar kuͤhlet, doch nicht netzet,
Oder die Rubinen-Gluht,
Die zwar brennt, doch nicht verletzet,
Oder aber obs Gefuͤhl,
Da ſo Duft als Blaͤtter kuͤhl,
Unſre Seele mehr ergoͤtzet,
Weis die Seele ſelber nicht.
Aber ſie erblickt ein Licht,
Da
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/62>, abgerufen am 05.12.2024.
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