Dieß waren Früchte nun von ihrer zu sehr gerührten Phan- tasey, So uns wahrhaftig lehren sollte, die klägliche Melancholey Noch ärger, als ein Gift, zu fliehn, noch schlimmer, als die Pest, zu meiden, Weil sie, auch mitten im Vergnügen, ein schwarzes Leid, ein bitter Leiden Uns zu zufügen, sich bemüht. Man kann Belisen Stand er- messen, Und wie so groß ihr Gram gewesen, wie unerträglich ihre Pein, Durch ihr betrübt Geständniß selbst: Der Worte werd ich nie vergessen: Was ich auf Erden ausgestanden, sprach sie, das weist du, Gott, allein.
A.
Bey diesem recht betrübten Zufall, fällt mir von neuen et- was ein, Worüber ich mich oft geärgert, daß wir den Tod so gräßlich machen, Jhn, als das allerschrecklichste von allem Schrecklichen, be- schreiben, Ja nicht einmal bey dieser Larv, die wir selbst scheuslich ma- chen, bleiben. Nein, schwarze Teufel noch, mit Hörnern, im angeschührten Höllen-Rachen, Den Sterblichen vor Augen malen, wodurch, wie auch bey ihr geschehn, Wir oft erbärmliche Spectakel bey zärtlichen Gemüthern sehn,
Da
Gedanken uͤber den Tod der Beliſe.
Dieß waren Fruͤchte nun von ihrer zu ſehr geruͤhrten Phan- taſey, So uns wahrhaftig lehren ſollte, die klaͤgliche Melancholey Noch aͤrger, als ein Gift, zu fliehn, noch ſchlimmer, als die Peſt, zu meiden, Weil ſie, auch mitten im Vergnuͤgen, ein ſchwarzes Leid, ein bitter Leiden Uns zu zufuͤgen, ſich bemuͤht. Man kann Beliſen Stand er- meſſen, Und wie ſo groß ihr Gram geweſen, wie unertraͤglich ihre Pein, Durch ihr betruͤbt Geſtaͤndniß ſelbſt: Der Worte werd ich nie vergeſſen: Was ich auf Erden ausgeſtanden, ſprach ſie, das weiſt du, Gott, allein.
A.
Bey dieſem recht betruͤbten Zufall, faͤllt mir von neuen et- was ein, Woruͤber ich mich oft geaͤrgert, daß wir den Tod ſo graͤßlich machen, Jhn, als das allerſchrecklichſte von allem Schrecklichen, be- ſchreiben, Ja nicht einmal bey dieſer Larv, die wir ſelbſt ſcheuslich ma- chen, bleiben. Nein, ſchwarze Teufel noch, mit Hoͤrnern, im angeſchuͤhrten Hoͤllen-Rachen, Den Sterblichen vor Augen malen, wodurch, wie auch bey ihr geſchehn, Wir oft erbaͤrmliche Spectakel bey zaͤrtlichen Gemuͤthern ſehn,
Da
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Gedanken uͤber den Tod der Beliſe.
Dieß waren Fruͤchte nun von ihrer zu ſehr geruͤhrten Phan-
taſey,
So uns wahrhaftig lehren ſollte, die klaͤgliche Melancholey
Noch aͤrger, als ein Gift, zu fliehn, noch ſchlimmer, als die Peſt,
zu meiden,
Weil ſie, auch mitten im Vergnuͤgen, ein ſchwarzes Leid, ein
bitter Leiden
Uns zu zufuͤgen, ſich bemuͤht. Man kann Beliſen Stand er-
meſſen,
Und wie ſo groß ihr Gram geweſen, wie unertraͤglich ihre
Pein,
Durch ihr betruͤbt Geſtaͤndniß ſelbſt: Der Worte werd ich nie
vergeſſen:
Was ich auf Erden ausgeſtanden, ſprach ſie, das
weiſt du, Gott, allein.
A.
Bey dieſem recht betruͤbten Zufall, faͤllt mir von neuen et-
was ein,
Woruͤber ich mich oft geaͤrgert, daß wir den Tod ſo graͤßlich
machen,
Jhn, als das allerſchrecklichſte von allem Schrecklichen, be-
ſchreiben,
Ja nicht einmal bey dieſer Larv, die wir ſelbſt ſcheuslich ma-
chen, bleiben.
Nein, ſchwarze Teufel noch, mit Hoͤrnern, im angeſchuͤhrten
Hoͤllen-Rachen,
Den Sterblichen vor Augen malen, wodurch, wie auch bey
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Wir oft erbaͤrmliche Spectakel bey zaͤrtlichen Gemuͤthern ſehn,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/602>, abgerufen am 22.11.2024.
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