Je klärer werd ich überzeugt, je deutlicher daß ich entdecke, Wie ein recht wunderbar Geheimniß in der Vermehrungs- Ordnung stecke, Wovon ich aber hier annoch, in stiller Ehrfurcht, lieber schweige, Als daß ich sie, vielleicht zum Anstoß verschiedner Schwachen, klärlich zeige.
Wohl aber will ich denen, die in bitter-süsser Ehe leben, Des Standes Bittre zu versüssen, ein Mittel an die Hand zu geben, Aus guter Absicht mich bestreben.
Daß weder Gott, noch der Natur des Ehestandes Bit- terkeit, Womit sich Eheleute quälen, nein, bloß der Unbesonnenheit, Womit sie, sonder Ueberlegung, einander suchen umzutreiben, Zerfoltern und sich recht zerhenkern, sey beyzumessen, zu zu- schreiben, Jst überzeuglich zu erweisen. Jst nicht der Menschen Leib ein Bild, Mit mancherley Vollkommenheit, Kunst, Zier, und Schön- heit angefüllt? Was kann nicht ein verliebter Geist, aus schönen und verlieb- ten Augen, Für einen süssen Lebensbalsam, für süssen Seelen-Nectar saugen! Es scheint ein rein und geistig Feuer fast aus der Seelen selbst zu steigen, Und innige Zufriedenheit, so wohl von ihr, als dir, zu zeigen. Was wird, an wohl formirten Gliedern, an einer zart-und klaren Haut,
Wo-
Die Ehe.
Je klaͤrer werd ich uͤberzeugt, je deutlicher daß ich entdecke, Wie ein recht wunderbar Geheimniß in der Vermehrungs- Ordnung ſtecke, Wovon ich aber hier annoch, in ſtiller Ehrfurcht, lieber ſchweige, Als daß ich ſie, vielleicht zum Anſtoß verſchiedner Schwachen, klaͤrlich zeige.
Wohl aber will ich denen, die in bitter-ſuͤſſer Ehe leben, Des Standes Bittre zu verſuͤſſen, ein Mittel an die Hand zu geben, Aus guter Abſicht mich beſtreben.
Daß weder Gott, noch der Natur des Eheſtandes Bit- terkeit, Womit ſich Eheleute quaͤlen, nein, bloß der Unbeſonnenheit, Womit ſie, ſonder Ueberlegung, einander ſuchen umzutreiben, Zerfoltern und ſich recht zerhenkern, ſey beyzumeſſen, zu zu- ſchreiben, Jſt uͤberzeuglich zu erweiſen. Jſt nicht der Menſchen Leib ein Bild, Mit mancherley Vollkommenheit, Kunſt, Zier, und Schoͤn- heit angefuͤllt? Was kann nicht ein verliebter Geiſt, aus ſchoͤnen und verlieb- ten Augen, Fuͤr einen ſuͤſſen Lebensbalſam, fuͤr ſuͤſſen Seelen-Nectar ſaugen! Es ſcheint ein rein und geiſtig Feuer faſt aus der Seelen ſelbſt zu ſteigen, Und innige Zufriedenheit, ſo wohl von ihr, als dir, zu zeigen. Was wird, an wohl formirten Gliedern, an einer zart-und klaren Haut,
Wo-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="18"><l><pbfacs="#f0590"n="566"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die Ehe.</hi></fw><lb/>
Je klaͤrer werd ich uͤberzeugt, je deutlicher daß ich entdecke,</l><lb/><l>Wie ein recht wunderbar Geheimniß in der Vermehrungs-<lb/><hirendition="#et">Ordnung ſtecke,</hi></l><lb/><l>Wovon ich aber hier annoch, in ſtiller Ehrfurcht, lieber<lb/><hirendition="#et">ſchweige,</hi></l><lb/><l>Als daß ich ſie, vielleicht zum Anſtoß verſchiedner Schwachen,<lb/><hirendition="#et">klaͤrlich zeige.</hi></l></lg><lb/><lgn="19"><l>Wohl aber will ich denen, die in bitter-ſuͤſſer Ehe leben,</l><lb/><l>Des Standes Bittre zu verſuͤſſen, ein Mittel an die Hand<lb/><hirendition="#et">zu geben,</hi></l><lb/><l>Aus guter Abſicht mich beſtreben.</l></lg><lb/><lgn="20"><l>Daß weder Gott, noch der Natur des Eheſtandes Bit-<lb/><hirendition="#et">terkeit,</hi></l><lb/><l>Womit ſich Eheleute quaͤlen, nein, bloß der Unbeſonnenheit,</l><lb/><l>Womit ſie, ſonder Ueberlegung, einander ſuchen umzutreiben,</l><lb/><l>Zerfoltern und ſich recht zerhenkern, ſey beyzumeſſen, zu zu-<lb/><hirendition="#et">ſchreiben,</hi></l><lb/><l>Jſt uͤberzeuglich zu erweiſen. Jſt nicht der Menſchen Leib<lb/><hirendition="#et">ein Bild,</hi></l><lb/><l>Mit mancherley Vollkommenheit, Kunſt, Zier, und Schoͤn-<lb/><hirendition="#et">heit angefuͤllt?</hi></l><lb/><l>Was kann nicht ein verliebter Geiſt, aus ſchoͤnen und verlieb-<lb/><hirendition="#et">ten Augen,</hi></l><lb/><l>Fuͤr einen ſuͤſſen Lebensbalſam, fuͤr ſuͤſſen Seelen-Nectar<lb/><hirendition="#et">ſaugen!</hi></l><lb/><l>Es ſcheint ein rein und geiſtig Feuer faſt aus der Seelen<lb/><hirendition="#et">ſelbſt zu ſteigen,</hi></l><lb/><l>Und innige Zufriedenheit, ſo wohl von ihr, als dir, zu<lb/><hirendition="#et">zeigen.</hi></l><lb/><l>Was wird, an wohl formirten Gliedern, an einer zart-und<lb/><hirendition="#et">klaren Haut,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wo-</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[566/0590]
Die Ehe.
Je klaͤrer werd ich uͤberzeugt, je deutlicher daß ich entdecke,
Wie ein recht wunderbar Geheimniß in der Vermehrungs-
Ordnung ſtecke,
Wovon ich aber hier annoch, in ſtiller Ehrfurcht, lieber
ſchweige,
Als daß ich ſie, vielleicht zum Anſtoß verſchiedner Schwachen,
klaͤrlich zeige.
Wohl aber will ich denen, die in bitter-ſuͤſſer Ehe leben,
Des Standes Bittre zu verſuͤſſen, ein Mittel an die Hand
zu geben,
Aus guter Abſicht mich beſtreben.
Daß weder Gott, noch der Natur des Eheſtandes Bit-
terkeit,
Womit ſich Eheleute quaͤlen, nein, bloß der Unbeſonnenheit,
Womit ſie, ſonder Ueberlegung, einander ſuchen umzutreiben,
Zerfoltern und ſich recht zerhenkern, ſey beyzumeſſen, zu zu-
ſchreiben,
Jſt uͤberzeuglich zu erweiſen. Jſt nicht der Menſchen Leib
ein Bild,
Mit mancherley Vollkommenheit, Kunſt, Zier, und Schoͤn-
heit angefuͤllt?
Was kann nicht ein verliebter Geiſt, aus ſchoͤnen und verlieb-
ten Augen,
Fuͤr einen ſuͤſſen Lebensbalſam, fuͤr ſuͤſſen Seelen-Nectar
ſaugen!
Es ſcheint ein rein und geiſtig Feuer faſt aus der Seelen
ſelbſt zu ſteigen,
Und innige Zufriedenheit, ſo wohl von ihr, als dir, zu
zeigen.
Was wird, an wohl formirten Gliedern, an einer zart-und
klaren Haut,
Wo-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/590>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.