Es scheint mir, daß, so viel ich immer im Denken, davon fühlen kann, Man treff, in des Gehirnes Grenzen, der Seelen stärkste Werk- statt an; Mich deucht, es sey, vom Hirn und Hirnchen die Haut, als ihre äußern Schranken, Der Bildungsort, der Sammelplatz, und auch die Schran- ken der Gedanken.
So viel, in dieser dunkeln Kammer, wir nun noch ferner merken können, So müssen wir, das, was wir, Willen und gar den frey- en Willen nennen, Auch hier, und nicht im Herzen suchen. So viel ich auch in meinem Sinn, Mein Wollen wohl zu untersuchen, mit Ernst bemüht gewe- sen bin: So deucht mich, daß Verstand und Wille, und andre Kräf- te sich nicht trennen. Daß, da die andern alle droben, und in Gehirn verbun- den seyn, Man einen ganz besondern Sitz, für unsern Willen bloß allein, Mit Unrecht niedriger bestimmet. Da doch, im Willen, bloß die Sünden, Jm Willen auch die Heils-Ergreifung, der Glaube, ja allein zu finden.
Nun wollt und sollt ich billig weiter, um von der Seelen mehr zu fassen, Mich, | in das dunkle Heiligthum, bemühn, mich tiefer ein- zulassen,
Doch
Die Werkſtatt der Seelen.
Es ſcheint mir, daß, ſo viel ich immer im Denken, davon fuͤhlen kann, Man treff, in des Gehirnes Grenzen, der Seelen ſtaͤrkſte Werk- ſtatt an; Mich deucht, es ſey, vom Hirn und Hirnchen die Haut, als ihre aͤußern Schranken, Der Bildungsort, der Sammelplatz, und auch die Schran- ken der Gedanken.
So viel, in dieſer dunkeln Kammer, wir nun noch ferner merken koͤnnen, So muͤſſen wir, das, was wir, Willen und gar den frey- en Willen nennen, Auch hier, und nicht im Herzen ſuchen. So viel ich auch in meinem Sinn, Mein Wollen wohl zu unterſuchen, mit Ernſt bemuͤht gewe- ſen bin: So deucht mich, daß Verſtand und Wille, und andre Kraͤf- te ſich nicht trennen. Daß, da die andern alle droben, und in Gehirn verbun- den ſeyn, Man einen ganz beſondern Sitz, fuͤr unſern Willen bloß allein, Mit Unrecht niedriger beſtimmet. Da doch, im Willen, bloß die Suͤnden, Jm Willen auch die Heils-Ergreifung, der Glaube, ja allein zu finden.
Nun wollt und ſollt ich billig weiter, um von der Seelen mehr zu faſſen, Mich, | in das dunkle Heiligthum, bemuͤhn, mich tiefer ein- zulaſſen,
Doch
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Die Werkſtatt der Seelen.
Es ſcheint mir, daß, ſo viel ich immer im Denken, davon
fuͤhlen kann,
Man treff, in des Gehirnes Grenzen, der Seelen ſtaͤrkſte Werk-
ſtatt an;
Mich deucht, es ſey, vom Hirn und Hirnchen die Haut, als
ihre aͤußern Schranken,
Der Bildungsort, der Sammelplatz, und auch die Schran-
ken der Gedanken.
So viel, in dieſer dunkeln Kammer, wir nun noch ferner
merken koͤnnen,
So muͤſſen wir, das, was wir, Willen und gar den frey-
en Willen nennen,
Auch hier, und nicht im Herzen ſuchen. So viel ich auch
in meinem Sinn,
Mein Wollen wohl zu unterſuchen, mit Ernſt bemuͤht gewe-
ſen bin:
So deucht mich, daß Verſtand und Wille, und andre Kraͤf-
te ſich nicht trennen.
Daß, da die andern alle droben, und in Gehirn verbun-
den ſeyn,
Man einen ganz beſondern Sitz, fuͤr unſern Willen bloß
allein,
Mit Unrecht niedriger beſtimmet. Da doch, im Willen, bloß
die Suͤnden,
Jm Willen auch die Heils-Ergreifung, der Glaube, ja allein
zu finden.
Nun wollt und ſollt ich billig weiter, um von der Seelen
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Mich, | in das dunkle Heiligthum, bemuͤhn, mich tiefer ein-
zulaſſen,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/478>, abgerufen am 22.11.2024.
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